Durchführung der Verordnung über die öffentliche Fürsorge für Juden
Der Reichsinnenminister und der Reichsarbeitsminister regeln am 25. Mai 1939 per Verordnung die Zahlung von Fürsorgeleistungen an Juden, die mit Nichtjuden Zusammenleben:
RdErl. d. RAM. u. d. RMdJ. vom 25.5.1939
betreffend
Durchführung der Verordnung über die öffentliche Fürsorge für Juden.
Die am 1.1.1939 in Kraft getretene VO. über die öffentliche Fürsorge für Juden v. 19.11.1938 (RGBl. I S. 1649) enthält keine besonderen Vorschriften darüber, ob und unter welchen Voraussetzungen bei der Durchführung dieser VO. Hilfsbedürftigen, die nicht Juden sind und mit Juden in Familiengemeinschaft (Haushaltsgemeinschaft) zusammenleben, Leistungen der gehobenen Fürsorge oder der Kleinrentnerhilfe zu gewähren sind. Wir ersuchen, nach folgenden Grundsätzen zu verfahren:
1. (1) Lebt ein Jude, dem ohne die VO. gehobene Fürsorge oder Kleinrentnerhilfe zu gewähren wäre, als Haushaltungsvorstand mit einem Ehegatten oder mit Abkömmlingen in Familiengemeinschaft zusammen, die nicht Juden sind, so sind für diese Familienmitglieder die richtsatzmäßigen Familienzuschläge der gehobenen Fürsorge oder der Kleinrentnerhilfe zu gewähren, auch wenn sie für ihre Person die Voraussetzungen der gehobenen Fürsorge oder der Kleinrentnerhilfe nicht erfüllen. Der Jude selbst ist nach der VO. zu unterstützen.
(2) Lebt ein Jude, der ohne die VO. als Kleinrentner zu unterstützen wäre, als Haushaltungsvorstand mit einem oder mehreren Empfängern öffentlicher Fürsorge oder von Arbeitslosenunterstützung, die nicht Juden sind, in Familiengemeinschaft zusammen, so ist als Reichszuschuß der Unterschiedsbetrag zwischen dem in Nr. 5 Abs. 2 und dem in Nr. 5 Abs. 1 des Erlasses v. 25.3.1938 - II b 3800/38¹) über Reichszuschüsse für Kleinrentner vorgeschriebenen Satz zu zahlen.
2. (1) Lebt ein Haushaltsvorstand, der nicht Jude ist und die Voraussetzungen der gehobenen Fürsorge oder der Kleinrentnerhilfe erfüllt, mit Juden in Familiengemeinschaft zusammen, so ist er nach dem für den Haushaltungsvorstand geltenden Richtsatz zu unterstützen; die jüdischen Familienmitglieder sind nach der VO. zu unterstützen.
(2) Der Haushaltsvorstand erhält als Kleinrentner den einfachen Reichszuschuß nach Nr. 5 Abs. 1 des Erl. v. 25.3.1938. Lebt der Haushaltsvorstand außer mit jüdischen Familienmitgliedern auch mit einem oder mehreren Empfängern öffentlicher Fürsorge oder von Arbeitslosenunterstützung, die nicht Juden sind, in Familiengemeinschaft zusammen, so ist der erhöhte Reichszuschuß nach Nr. 5 Abs. 2 des Erl. v. 25.3.1938 zu zahlen.
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¹) Vgl. RGBl. 1938 S. I 104.