Dezember 1933
Durch das „Gesetz zur Sicherung der Einheit von Partei und Staat“ wurde die NSDAP am 1. Dezember zur Körperschaft öffentlich Rechts erklärt, wodurch deren Mitgliedern zugleich ein erhöhter Rechtsstatus eingeräumt wurde. Im einleitenden Passus des Gesetz heißt es: „Nach dem Sieg der nationalsozialistischen Revolution ist die Nationalsozialistische Arbeiterpartei die Trägerin des deutschen Staatsgedankens und mit dem Staat unlöslich verbunden.“ Aufgrund dieser „Staatswerdung“ einer Partei wurden deren stellvertretender Führer Rudolf Heß und SA-Stabschef Ernst Röhm als Minister ohne Geschäftsbereich zugleich zu Mitgliedern der Reichsregierung. So sollte die „engste Zusammenarbeit“ von NSDAP und SA mit den staatlichen Behörden sichergestellt werden. Dass der Reichstag keinerlei Rolle mehr spielen würde, verdeutlichte dessen konstituierender Sitzung in der Kroll-Oper am 12. Dezember, wo sich die 661 Abgeordneten der NSDAP zu einer ganze sieben Minuten dauernden Sitzung zusammenfanden. Künftig sollte der Reichstag nur noch zu besonderen innen- oder außenpolitischen Anlässen zusammenkommen.
Die Auseinandersetzungen in der Evangelischen Kirche fanden ihre Fortsetzung. Nachdem sich Joachim Hossfelder bereits zuvor als Führer der Deutschen Christen zurückgezogen hatte – in dieser Funktion folgte ihm am 21. Dezember der Jurist Christian Kinder – trat er am 23. Dezember auch als evangelischer Bischof von Brandenburg zurück. Grund hierfür war das Auftreten jener radikalen Gruppierung innerhalb der Deutschen Christen, die sich als „SA Jesu Christi“ verstand und mit ihren – u.a. am 13. November im Berliner Sportpalast geäußerten – Thesen viele evangelische Christen zur Abkehr bewegte. Den Deutschen Christen liefen die Anhänger nun massenweise davon, während der Pfarrernotbund von 1.300 Mitgliedern Ende September auf mehr als 7.000 zum Jahresende zulegte. Selbst Reichsbischof Müller distanzierte sich von den Sportpalast-Thesen und legte am 4. Dezember die Schirmherrschaft über die Deutschen Christen nieder.
Am Tag vor Heiligabend verurteilte das Leipziger Reichsgericht im Übrigen den Niederländer Marinus van der Lubbe wegen Brandstiftung am Reichstag zum Tode, musste die übrigen vier Angeklagten aber freisprechen. Insofern stellte der Prozessausgang für das NS-Regime eine heftige moralische Niederlage dar.
Das dürfte so unmittelbar vor Weihnachten aber eher wenige Menschen interessiert haben. An Heiligabend ließen sich jedenfalls erste Anzeichen einer konjunkturellen Verbesserung ablesen: Waren ein Jahr zuvor Tausende von Christbäumen unverkauft bei den Händlern liegen geblieben, wurden die Bestände 1933 nahezu komplett ausverkauft. Für den „Normalbürger“ schien langsam schrittweise wieder „Normalität“ einzukehren, für die man die – in aller Regel ja andere betreffende – Brutalität des NS-Regimes billigend in Kauf nahm.
Verdrängung und Vernichtung der jüdischen Bevölkerung
Ab dem 19. Dezember mussten auch die Interessenten für eine Aufnahme in die Hochschulen für Lehrerbildung einen Nachweis ihrer „arischen“ Abstammung erbringen.