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Chronik und Quellen
1935
April 1935

Die Gestapo Trier berichtet

Die Gestapo Trier berichtete über den Monat April 1935:

„Die Juden verhalten sich nach wie vor äusserst ruhig und zurückgezogen. Die Versammlungstätigkeit der jüdischen Verbände war äusserst gering. In wirtschaftlicher Beziehung verstehen es die Juden fein, sich auf allen Gebieten des Wirtschaftslebens durchzusetzen und zu behaupten. Von Angehörigen der Bewegung ist versucht worden, die jüdischen Geschäftsleute zu boykottieren. Im Berichtsmonat wurden Schaufenster und Türen einer Reihe jüdischer Geschäfte sowie die Bürgersteige vor denselben mit Aufschriften in Ölfarbe „Juden“ usw. bemalt. Diese Art der Propaganda ist äussert unwirksam. Der grösste Teil des Publikums beachtet sie kaum. Zu besonderer Misstimmung gibt immer wieder Anlass, dass christliche Angestellte dieser jüdischen Geschäfte derartige Malereien entfernen müssen. Auch wirtschaftlich haben diese Massnahmen nur geringen Erfolg. Die Mehrheit der Volksgenossen, insbesondere Frauen, zum Teil auch Angehörige nationalsozialistischer Organisationen, können von ihrer alten Gewohnheit, beim Juden, besonders aber in jüdischen Kaufhäusern „billig zu kaufen“ nicht lassen.

Fast der gesamte Viehhandel in der Eifel und auf dem Hunsrück wird von Juden beherrscht. Von Seiten der nationalsozialistischen Organisationen ist wiederholt versucht worden, die Juden von diesen Märkten zu verdrängen. Es wurden Plakate zum Aushang gebracht, die sich gegen die Juden richteten. Hierdurch ist erreicht worden, dass einzelne jüdische Händler sich zwar von den Märkten abhalten lassen, sich dafür aber auf den Stallhandel verlegen. Für die in Frage kommenden Marktplätze, die nunmehr nicht mehr so stark beschickt werden, ist ein wirtschaftlicher Rückgang verbunden. Der Stallhandel wiederum ermöglicht es den Juden, die Preise selbst zu machen, da Angebot und Nachfrage, wie dies auf einem Markt ist, fehlen. Am Endergebnis treffen also Boykottmassnahmen dieser Art nicht das Judentum sondern die Volksgenossen selbst.

Verschiedentlich kam es im Berichtsmonat auch wiederholt zu Zusammenstössen mit besonders unbeliebten Juden. So wurden in Lösnich, Amt Zeltingen und Gerolstein Juden die Fensterscheiben eingeworfen und beleidigende Worte zugerufen. In der Nähe von Zeltingen wurde ein aus Bernkastel-Cues stammender Viehhändler im Walde überfallen und verprügelt. Einem jüdischen Religionslehrer aus Bernkastel-Cues wurde wiederholt Fenster- und Haustüre mit Menschenkot beschmiert. Auf den gleichen Religionslehrer wurde von Seiten eines SA-Sturmführers ein tätlicher Angriff unternommen, weswegen derselbe gegen den SA-Sturmführer Anzeige wegen Körperverletzung erstattet hat.“

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