Bericht über die Lage der Juden in Berlin
Eine Krankenschwester schildert Lage und Deportation der Berliner Juden bis März 1943:
Das Leben der Juden in Berlin in den Jahren 1940 bis 43.
Allgemeine Bestimmungen der Geheimen Staatspolizei, Abt. zur Lösung der Judenfrage, Berlin, Kurfürstenstraße und Burgstraße. (Leiter dieser Abteilung SS-Führer Günther und Eichmann):
1939
Abgabe aller Goldwaren im jüdischen Besitz. Abholung bezw. Abgabe der Radios (Jom Kippur), Telefone und Fahrräder. Beschlagnahme des jüd. Vermögens, auf Antrag bei der Devisenstelle monatliche Auszahlung eines geringen Betrages. Ausgangszeiten für luden von 6 Uhr morgens bis 8 Uhr abends. Verbot des Besuches staatlicher deutscher Kulturstätten.
Zulegung des jüdischen Zusatznamens, für Frauen Sara, für Männer Israel. K.Z.-Strafe bei Nichtbeachtung dieser Vorschrift, z. B. bei behördlichen Schreiben oder mündlichen amtlichen Fragen. Neugeborene durfte man nur noch mit den behördlich erlaubten Namen benennen: Z.B. konnte man seine Tochter Hindele, Sure, Egele, Bela oder Tan heißen, seinen Sohn Leib, Schmul, Kain, Uri, Dan, Denny.
1940
Schulverbot für jüd. Kinder (Februar 40). Schulen und gleichzeitig mehrere andere jüd Gebäude wurden beschlagnahmt. Schwere Strafen bei Übertritt dieses Verbotes, Kontrollen in den jüd. Kindergärten und Befragen der Kinder selbst.
Zwang zur Fabrikarbeit für Juden bis zu 60 Jahren. Die Juden arbeiteten in den Betrieben getrennt von der arischen Belegschaft, unter Aufsicht eines Ariers, Arbeitszeit bis zu 10 Stunden, Tempo off bis zur Erschöpfung, Verdienst gleich Null. Häufiges Fernbleiben von der Arbeit, sei es durch Krankheit oder durch Familienumstände, entschuldigt oder unentschuldigt, führte unweigerlich zum Abtransport.
Schließung sämtlicher jüd. Geschäfte. Einkaufszeit für Juden in den arischen Geschäften von 4 bis 5 Uhr. Im Westen Berlins gab es Gegenden, die an jedem Geschäft das Schild „An Juden wird nichts verkauft“ hängen hatten. Die jüd. Hausfrauen dieser Gegenden mußten oft erst eine ½ Stunde fahren oder später noch länger laufen, ehe sie zu Läden kamen, die, und sei es auch nur durch die Hintertür, etwas an Juden abgaben. Einführung der „Sprechstunden für Juden“ an allen Behörden und öffentlichen Ämtern. Verbot der Benützung öffentlicher Luftschutzräume, Fahrstühle in behördlichen Gebäuden und Warenhäusern, z.T. auch in Privathäusern. Auf jeden Fall aber durften Juden nicht mit arischen Bewohnern eines Hauses im Luftschutzkeller sein, sondern der Hauswart hatte für Juden einen Teil des Kellers zu separieren.
1941
19. September, der Judenstern. Ein handflächengroßer hellgelbes Magen David mit der Aufschrift „Jude“ in schwarzen, der hebräischen Schrift nachgeahmten Druckbuchstaben. Zum Tragen des Sternes waren sämtliche nicht privilegierten Juden verpflichtet. Privilegiert waren Juden mit arischen Kindern. Andererseits wurden jedoch arische Kinder, die einen jüd. Elternteil hatten, nur in den seltensten Fällen als arisch anerkannt. Man erhielt zunächst einen, später einen zweiten Stern für 20 Pfennige bei der J.K.G. (Jüd. Kultusgemeinde). Der Stern mußte fest und sichtbar in Brusthöhe links auf dem Oberkleid aufgenäht sein. Juden, die in arischen Betrieben arbeiteten, und wir Angestell-(en der J.K.G. hatten den Stern auch auf den Arbeitskleidern zu tragen. Wir Schwestern, die wir manches Mal die Schürze 2 und 3mal am Tage wechseln mußten, mußten also jedesmal den Stern abtrennen und auf die frische Schürze nähen. Wir hatten oft genug Gestapo-Kontrollen und hüteten uns wohl, Gefahr zu laufen, wegen eines schlecht oder schief angenähten Sternes auf Transport geschickt zu werden.
Der Wohnungsstern. Jeder Jude war verpflichtet, sein Namensschild mit einem weißen, etwas kleineren Stern an seiner Wohnungstür anzubringen.
Jüd. Ärzte, die Erlaubnis zur Ausübung ihrer Praxis hatten, hatten sowohl an der Haus- wie auch an der Wohnungstür ein großes gelbes Schild mit blauem Stern anzubringen, auf dem stand: „Dr. .... Israel...., jüd. Behandler, ist zur Behandlung ausschließlich von Juden zugelassen.“ (Der Arzt-Titel war verboten, es durfte nur heißen jüd. Behandler) Die Lebensmittelkarten der Juden wurden mit einem großen J gezeichnet, später, als man die Erfahrung gemacht hatte, daß wir die einzelnen Marken abschnitten und arischen Bekannten mitgaben, um nicht an die unbequemen Einkaufszeiten gebunden zu sein, bekamen die jüd. Karten auf jedem einzelnen Abschnitt ein kleines J. Außerordentliche Erschwerung der Wohnverhältnisse. Die arischen Hausbesitzer hatten das Recht, in vielen Fällen sogar die Pflicht, jüd. Parteien auszuweisen. So waren die Juden auf die wenigen, noch im jüdischen Besitz befindlichen Häuser angewiesen, die natürlich überfüllt waren.
Oktober 41, das Fahrverbot. Es war Juden bei schweren Strafen verboten, sämtliche Verkehrsmittel der B.V.G. (Berliner-Verkehrs-Gesellschaft) zu benützen. Arbeitende Juden, deren Weg zum Arbeitsplatz mehr als 7 km betrug, erhielten einen gelben Fahrtausweis für diese Strecke und zurück. Einzelne Mitglieder der J.K.G. bekamen allgemeine Fahrerlaubnis für sich und eine oder mehrere Begleitpersonen.
Verbot des Bezuges von Zeitungen.
Verbot der Benützung der öffentlichen Fernsprechzellen und der Berliner Taxen. In dringenden Fällen, z. B. Krankheitsfällen, wies das zuständige Polizeirevier ein Taxi zu. Verbot, einzelne Straßen Berlins zu beschreiten (Wilhelmstr., Kurfürstendamm, U. d. Linden, Hitlerplatz u.s.w.). Dort wohnende Juden hatten Erlaubnisscheine zu beantragen.
Abgabe der Photo- und aller sonstigen Apparate, Schreibmaschinen, Grammophone, sämtlicher elektronischen Geräte im Privatbesitz und aller Haustiere.
6 Juden Berlins, und zwar die 6, die mit der Gestapo dienstlich in Berührung kamen, hatten die Erlaubnis, ihr Bügeleisen zu behalten.
Das Krankenhaus und die zugelassenen Behandler hatten für jedes elektrische Gerät und für jeden Apparat einen Erlaubnisschein auf Widerruf.
1942
Enteignung allen jüd. Besitzes. Jeder Löffel war nun Eigentum des Staates und den Juden bis zu ihrer Abwanderung geliehen. Bei Verkauf von Möbelstücken oder bei Umzügen behördliche Genehmigung.
Abgabe sämtlicher Pelz-, Woll- und Stricksachen.
Abgabe eines Teiles sämtlicher Arten von Textilien in jüd. Besitz. Das Krankenhaus hatte so viel Bett- und Leibwäsche abzugeben, daß zur Aufnahme von Kranken die Bedingung gestellt werden mußte, eigenes Bettzeug für die Dauer des Aufenthaltes mitzubringen Entzug der Fleischkarten, Kürzung der Butterrationen für Juden. Hier muß eingeschoben werden, daß die Juden nie Kleider-, Rauch- und Milchkarten hatten und keine Schuhreparaturscheine.
Dauernd gefürchtete Gestapokontrollen auf der Straße und in den Wohnungen, ob alle Befehle und Verbote eingehalten wurden.
Die Juden waren auf diese Art mit Erfolg völlig von der arischen Bevölkerung und untereinander isoliert. Das Leben in Berlin war eine stündliche Qual. Die Nervosität, die Angst vor der nächsten Stunde, vor dem Abtransport, vor den Bombenangriffen, ja um das Leben stieg von Tag zu Tag.
Die Bevölkerung Berlins benahm sich ziemlich feindlich, obwohl es nur einige seltene Male zu Ausschreitungen von ziviler Seite kam.
1942/43 Die Transporte
Erste Transporte aus Deutschland bereits 1940 aus Baden. Dr. Seligsohn vom Hilfsverein, der aus diesem Anlaß einen allgemeinen Fasttag einführen wollte, kam ins K.Z., der Fasttag wurde natürlich streng untersagt. Februar 1940 Transport aus Stettin.
Oktober 1941 Erster Berliner Transport. In der Folge laufende Transporte in Abständen von 3 bis 6 Wochen zu je 1.000 bis 1.500 Mann. Sammellager Synagoge Levetzowstr., strenge Schweigepflicht des jüd. Hilfspersonals. Transporteinberufung ca. 1 Woche vor dem Stellungstermin im Lager. Abgang des Transportes nach wenigen Tagen, wenn keine Waggons zur Verfügung standen, nach Wochen.
50 kg Gepäck pro Mann, das je nach Laune der Gestapo mitkam oder zurückblieb. Der Abtransport erfolgte von irgendeinem kleinen Nebenbahnhof Berlins aus, unter Hilfeleistung einiger Juden, unter strengster Aufsicht der Gestapo u. SS, Peitschenhiebe, Ohrfeigen» Fußtritte waren an der Tagesordnung.
Transporte in Viehwaggons, versiegelt, ohne Abtrittsmöglichkeit, ohne Reiseproviant und Wasser. Ziel immer unbekannt, Nachrichten von den Transportteilnehmern kamen nie nach Berlin.
Bei Abtransport hatte man alles Schriftliche, sei es nun der Geburtsschein oder der gelbe Fahrtausweis, abzugeben.
Der Abwandernde hatte eine eidesstattliche Erklärung abzulegen, daß sein Vermögen und sein Besitz dem Staat gehöre. Bei Abwanderung wurde die Wohnung versiegelt.
Wie gesagt, erfolgte ca. 1 Woche vor dem Sammeltermin die schriftliche Einberufung. Es war ein schreckliches und erschütterndes Bild, an Sammeltagen die Juden familienweise, vom Vater bis zum Jüngsten mit Rucksäcken, Decken und Säcken beladen, zur Sammelstelle laufen oder fahren zu sehen, begleitet von den weinenden Freunden und Verwandten. Andererseits war aber auch genügend Zeit, sobald man die Einberufung erhielt, zu türmen oder zu tauchen (d. h. illegal über eine Grenze zu gehen oder mit falschen Papieren bei Ariern außerhalb Berlins Unterkunft zu suchen, oder eben in Berlin selbst sich bei Ariern versteckt zu halten) oder Selbstmord zu begehen. Wir hatten im Krankenhaus zu Transportzeiten meist solch einen Überbelag an Selbstmördern, daß wir oft lange Bettreihen auf den Korridoren aufstellen mußten. In einer Nacht hatten wir bis zu 30 Einlieferungen.
Die Leute, die wir ins Leben zurückrufen konnten, hatten wir nach ihrer Genesung oder auch schon vorher direkt ins Sammellager zu überstellen.
Nach kurzer Zeit wurden die Teilnehmer 1 Tag vor dem Sammeltermin verständigt, und als auch da noch Hunderte von Personen einfach nicht erschienen, so daß man im letzten Moment einfach in die umliegenden Wohnungen ging und die fehlende Anzahl mit völlig unvorbereiteten, zufällig in der Nähe wohnenden Juden oder solchen, die man von der Straße nahm, ersetzen mußte, ging man dazu über, durch eine feststehende jüd. Ordnergruppe, durch Polizei, SS und Gestapo die Leute in den Abendstunden aus den Wohnungen holen zu lassen. Sie hatten Pack- und Vorbereitungszeit von ½ Stunde, noch immer Zeit genug, in der Toilette Blausäure zu nehmen oder sich aus dem Fenster zu stürzen. Viele Juden versuchten, ihren Begleitpersonen auf dem Weg von der Wohnung ins Lager zu entwischen, wehe aber, wenn sie gefangen wurden. Man schoß erbarmungslos auf sie während der Jagd und prügelte sie blau, wenn man sie einholte. Entwischte aber einem Ordner ein zur Abwanderung bestimmter Jude, so mußte der Ordner für diesen in den Transport eintreten.
Es wurden bald die gröbsten Familienzerreißungen vorgenommen, da manche Fabriken die jüd. Arbeiter nicht Freigaben.
Oft genug erlebten wir auch, daß am Bahnhof plötzlich einem SS-Mann einfiel, ein paar der Ordner, die da in ihren Arbeitskleidern Hilfsdienst machten, so wie sie da am Zug arbeiteten, mit in ein Abteil zu stecken und mit wegzuschicken.
Oder wehe dem Ordner, der sich erwischen ließ, wenn er harmlose Abschiedsbriefchen, ein letztes Butterbrot oder ein paar warme Strümpfe in das Lager schmuggelte. Er wanderte, so wie er dastand, nach gehörigen Prügeleien in den Arrest, und bei Abgang des Zuges in ein besonders verriegeltes Abteil. Nach den ersten derartigen Ereignissen hatte jeder Ordner an einer versteckten Stelle im Sammellager seinen gepackten Rucksack stehen. Die Familie zitterte, bis er wieder nach dem Dienst ungeschlagen und ohne blaue Flecke zu Hause war.
Es war bekannt, daß die Abwanderungslisten von den Leitern der J.K.G. und dem Leiter des Krankenhauses, Dr. Lustig, zusammengestellt wurden. Ebenso bekannt war es, daß man durch persönliche Beziehungen oder durch Bestechung verhüten konnte, in die Liste zu kommen. Man brauchte z. B. nur einem kleinen Angestellten der Personalkartei einen Geldbetrag, oder noch besser, ein gewisses Quantum an Lebensmitteln anzubieten, der Angestellte ließ die Karte seines Geldgebers verschwinden und dieser galt als bereits abgewandert. Hier muß ich einfügen, daß Lebensmittel im Schleichhandel schwindelnde Preise hatten. Offiziell waren sie für Arier schwer, für Juden überhaupt nicht zu bekommen. Punktfreie Ware und Mangelware (Mangelware ist in Deutschland alles) durften an Juden nicht abgegeben werden. Allerdings blühte der Schwarzhandel gerade unter den Juden. Im Jahre 1942 bezahlte man für 2 kg Brot bis zu 20 Reichsmark und für 1 Pfund Fleisch bis zu 100.- Für eine Zigarette gab man 1.- Reichsmark und für eine Tafel Schokolade 50.-
Unser Chef, der Leiter des Krankenhauses, Dr. Lustig, ließ sich in der Aufstellung der Transportlisten seines Personals und seiner Patienten von seinen derzeitigen Freundinnen beraten. Es wanderten also nicht nur die Schwestern und Ärzte ab, die schlecht arbeiteten, sondern vor allem erst einmal die, die der Freundin nicht sympathisch waren. Hier galt es also, sich bei der derzeitigen Dame beliebt zu machen. Dr. Lustig und seine Günstlinge sind noch heute in Berlin, das Krankenhaus besteht noch, wenn auch verkleinert und zum Teil bombenbeschädigt.
Die Theresienstadt-Transporte
Ab Anfang 1942 wöchentlicher Abgang eines Transportes nach Theresienstadt zu je 100 oder 500 Mann. Sammellager ehemaliges Altersheim „Große Hamburger Str.“ Für Theresienstadt wurden nur Leute über 65, Schwerkriegsbeschädigte und arisch Versippte eingeteilt. Ab 1943 dann auch Angestellte der J.K.G. Theresienstadt galt von Anfang an als bevorzugtes Ghetto, obwohl man sich absolut nichts unter diesem Wort vorstellen konnte. Die ersten Nachrichten von dort kamen erst Anfang 43 nach Berlin.
Später war die Große Hamburger Str. Sammellager für die Osttransporte, und für die Theresienstadt-Transporte wurde es das ehemalige Altersheim Gerlachstr.
Einzelne besonders hervorzuhebende Aktionen der Gestapo:
Zunächst einmal der Anschlag auf die Sowjetausstellung im Lustgarten Berlin, im Mai 42, der - natürlich - den Juden zur Last gelegt wurde.
Ich fuhr damals am Spätnachmittag von der Arbeit nach Hause und sah von der Straßenbahn aus an verschiedenen Ecken und Plätzen Berlins folgendes Bild: Links ein Polizist, rechts ein Zivilist, den man unschwer als Gestapist erkannte, zwischen sich einen Juden mit dem Stern in Straßen- oder Arbeitskleidung, einige Schritte entfernt weinende jüd. Frauen mit Kindern, alte jüd. Väter und Mütter, Arier, die auf die Gruppe deuteten und Bemerkungen machten.
Wir waren bis spät abends völlig ahnungslos, was das nun wieder zu bedeuten habe, saßen in einer Ecke des Zimmers zusammen und fuhren bei jedem Klingelzeichen hoch. Endlich sickerte durch, daß man als Rache für das Attentat der Juden im Lustgarten 500 jüd. Männer, zum Teil von der Straße weg, z. T. aus den Wohnungen verhaftet hatte. Zwei Tage später teilte uns Dr. Lustig im Auftrag der Gestapo mit, daß von diesen 500 Männern 250 bereits erschossen worden seien, die anderen 250 in einem K.Z. wären, als Strafe für unser!!! Attentat auf die Sowjetausstellung.
August 1942
Wir erhielten um 8 abends den Befehl, uns sofort im Gemeindegebäude Oranienburger Str. einzufinden. Dort angekommen, teilt uns die Gestapo mit, daß ein Transport von Waisenkindern gehen soll, und da die erforderliche Anzahl nicht allein aus den Heimen gedeckt werden kann, haben wir jetzt sofort noch die Waisenkinder abzuholen, die sich in Privatpflege befinden, und sie im Sammellager einzuliefern. Wir! Wir jüdischen jungen Mädels sollten jüdische Kinder abholen. Ich weiß heute noch nicht, wo wir die Kraft und Energie dazu hergenommen haben. Ich war damals 20 Jahre alt. Wir bekamen also einen allgemeinen Fahrtausweis mit Begleitpersonen und eine Liste mit 4 bis 5 Adressen und die Frist, die Kinder bis zum nächsten Morgen um 4 Uhr abgeliefert zu haben.
Wir machten uns nun immer zu zweien auf diesen schweren Weg und suchten zunächst einmal im Dunkeln die Häuser ab (es war unterdessen 9 Uhr geworden). Da die Berliner Häuser um 9 Uhr geschlossen werden, mußten wir erst den Hauswirt wecken, unsere Ausweise vorzeigen und konnten dann in die jüdischen Wohnungen. Die Wohnungstüren der Juden wurden uns erst nach wiederholtem Klingeln und Klopfen geöffnet, denn es war die berüchtigte Stunde der Abholungen, wo die Familie bei jedem Klingeln blaß wird, und, während der Mann öffnet, die Frau schon die Rucksäcke hervorholt.
Wenn man uns nun mit dem Stern vor der Tür stehen sah, atmete man auf. Aber welch schreckliche Szenen erlebten wir, wenn wir den Grund unseres Kommens gesagt hatten. Ich werde nie vergessen, mit welchem unbeschreiblichen Ausdruck ein kleiner Junge fragte: „Seid Ihr denn nicht meine richtigen Eltern?“ und in einem anderen Fall, wie herzzerbrechend ein altes Ehepaar weinte, als es das 16jährige Mädel hergeben sollte, das von Geburt an bei ihnen war und Glück und Freude ins Haus gebracht hatte.
Gerade bei diesem Transport hatte ich auch noch Schwesterndienst im Lager. Ich glaube, ich brauche nichts darüber [zu] schreiben, wie schrecklich es ist, wenn Juden ihren Glaubensgenossen die letzten Hilfsdienste erweisen sollen, sie an den Güterzug bringen müssen und tatenlos Zusehen, wie sie vielleicht noch von der SS mißhandelt werden.
September 1942 bis Februar 43, SS-Obersturmführer Brunner aus Wien - Die drei Wiener Juden.
Das war die schrecklichste Zeit, die ich je erlebt habe. Brunner, ein Wiener SS-Mann kam mit 3 Wiener Juden der J.K.G., um, wie er sich ausdrückte, „dene Saupreißen zu zeigen, wie man dö Schweinehunde, dö Juden behandelt.“
Seine Einführungstat war folgende: Er bestellte sich für einen Morgen um 6 Uhr sämtliche Angestellte der J.K.G. in den großen Sitzungssaal in die Oranienburger Str. In den Kindergärten und im Krankenhaus blieben ein paar Mann Notpersonal, alle anderen es dürften 500 Leute gewesen sein damals, traten an. (Ich hatte Notdienst im Kindergarten und ließ mir die Vorgänge später berichten.) Brunner, Eichmann und Günther erschienen lächelnd, rauchend und lächerlich jung gegen Mittag, nachdem die Juden da 6 Stunden angstbebend, ohne abtreten zu dürfen, ohne Verbindung mit ihren Angehörigen, ohne Essen und Trinken in Reih und Glied gestanden hatten, die schlimmsten Befürchtungen hegend. Die 3 nahmen zunächst überhaupt keine Notiz von der wartenden Menge, setzten sich und unterhielten sich lachend noch eine Weile, bis die Totenstille bei den Juden durch eine in Ohnmacht fallende Frau unterbrochen wurde. Da endlich ließ sich Brunner zunächst von den Leitern der J.K.G., den Herren Hentschel, Kozower und Kraindl, die Listen des in den Betrieben verbliebenen Notpersonals geben. Dann verlangte er, jeder Abteilungsleiter solle alle nur irgend entbehrlichen Personen zum Abtransport auswählen. Natürlich ging ihm das zu langsam, und er griff selbst wahllos in die Menge mit der Bemerkung, daß er „Vetternwirtschaft“ nicht dulden werde. Die Ausgewählten, es waren aus den einzelnen Abteilungen 30 bis 50, hatten sich 3 Tage später im Sammellager einzufinden. Es türmten tatsächlich einige. Die Folge davon war: Erneute Zusammenrufung am 27. Oktober, nachmittags um 3 Uhr, von den Arbeitsplätzen weg. So, wie wir da arbeiteten, hatten wir uns um halb 4 Uhr im selben Saal einzufinden, die Betriebe waren sofort zu schließen. Wer nicht erschien, hatte mit den schlimmsten Strafen an seinen Angehörigen zu rechnen. Diesmal hatte sich Herr Brunner ein neues, grausameres System ausgedacht: Zunächst rief er den Leiter der J.K.G., Herrn Kraindl, der als Sprecher zwischen den Juden und der SS stand, auf. Herr Kraindl traf in diesem Moment ein Herzschlag, und er fiel tot vor Brunner nieder. Mit einer Handbewegung und der Bemerkung: „Schafft’s den Juden da weg, damit er net so kalt liegt“, überging Brunner den tragischen Zwischenfall. Dann rief er alphabetisch jeden einzelnen auf, wir traten vor, er fragte wohl auch in einigen Fällen irgendetwas und ließ uns dann entweder links oder rechts abtreten, ganz nach Laune, mit spöttischen und gemeinen Zwischenbemerkungen. Dies dauerte ca. 4 Stunden. Dann, als wir alle in die 2 Gruppen eingeteilt waren, ließ er den Leiter, Herrn Kozower, vortreten und sagte ihm Wort für Wort einer Rede an uns vor, die Herr Kozower wiederholen mußte. Der Sinn dieser Rede war folgender:
Die linke Gruppe hat sofort an die Arbeit zurückzugehen (es war abends 8 Uhr), die rechte Gruppe ist zum Osttransport bestimmt. Diese Leute können bis Mittwoch (es war an einem Montag) nach Hause gehen und sich vorbereiten. Für jeden, der am Mittwoch nicht im Sammellager erscheint, wird ein hoher Funktionär der Gemeinde oder Reichsvereinigung erschossen.
Bedauerlicherweise erschienen wirklich 20 Personen nicht, und Brunner machte seine fürchterliche Drohung wahr. 20 hohe Funktionäre der J.K.G. kamen noch am selben Tag in ein Konzentrationslager, einige Tage später erhielten die Angehörigen von 8 davon die Urnen. Unter den 8 Erschossenen fanden sich: Dr. Lamm, Dr. Blumenthal, Dr. Goldstein, Herr Selbiger, Herr Looser.
Und noch hatte Brunner nicht genug. Ende November wurden wir wieder in den Sitzungssaal gerufen, und von unserem kläglichen Rest wurden nochmal ca. 30 % ausgewählt, die diesmal nicht mehr nach Hause durften, sondern von dort aus gleich auf SS-Autos ins Sammellager gebracht wurden. Zum Glück war es uns erlaubt, ihnen noch ihr Gepäck, das ja in den meisten Fällen fertig zu Hause stand, nachzubringen, und ihre Angehörigen konnten sich zu dem Transport melden.
Ich glaube, in Berlin gab [es] zu dieser Zeit keinen Juden mehr, der nicht seinen Rucksack fertig gepackt hatte. Es fuhren in den Abendstunden SS-Autos und von der SS gemietete Möbelwagen durch die Stadt, die sowohl jeden mit Stern gehenden Juden von der Straße aufgriffen, als auch in den von Juden bewohnten Vierteln, die so sehr gefürchteten, brutalen Haussuchungen durchführten.
Sah man irgendwo die bekannten Autos stehen oder fahren, so lief man so schnell und unauffällig man nur konnte, weg, oder, wenn es dazu zu spät war, verdeckte man so gut es ging den Stern oder riß ihn ab. In dieser Zeit war es weit ungefährlicher, ohne Stern zu gehen, so streng es auch verboten war, aber die Chance, nicht aufgegriffen zu werden, war geringer, wenn man schnell ohne Stern seine dringendsten Wege erledigte, als mit Stern zu gehen und der sicheren Gefahr zu laufen, ohne Gepäck und Familie, durch den Stern verraten, aufgehalten, in das SS-Auto genommen und auf Transport geschickt zu werden.
Wir Gemeindeangestellten hatten einen weißen Ausweis mit einem Gestapostempel, den die Straßenfänger eine Zeitlang anerkannten, später nahmen sie aber gar keine Notiz mehr von den Ausweisen, die man vorzeigte, und da gingen auch wir ohne Stern, obwohl es gerade uns besonders streng verboten war. Aber der Endeffekt war ja doch der gleiche.
Viel gefürchteter noch waren die Häuserrazzien: Sobald das Auto hielt, umstellten SS-Männer den ganzen Block, so daß es unmöglich war, zu entkommen. (Während der Razzia durfte auch kein Arier in oder aus dem Hause.) Immer zwei SS-Männer in voller Ausrüstung mit den Pistolen gingen in die durch den Stern an der Tür nur zu deutlich gekennzeichneten Wohnungen und nahmen nach wüsten Durchsuchungen mit, was sie fanden, sowohl an Personen als auch an Lebensmitteln, Geld und Wertgegenständen. Was sie nicht einstecken konnten, zerstörten sie, schlugen alles kurz und klein, obwohl es doch alles deutsches Staatseigentum war! Die Wohnungen wurden dann versiegelt, Personen in das Möbelauto verladen und die Fahrt ging zum nächsten [...]block. Wenn dann das Auto so voll war, daß selbst ein SS-Mann keinen Juden mehr hineinstopfen konnte, wurden die Leute im Sammellager abgeladen und die Razzia ging weiter. So fuhren an manchen Tagen bis zu 30 Wagen durch Berlin, und wir, die wir im Lager Dienst hatten, hatten einen traurigen Hochbetrieb und wußten nicht, wem von den Armen wir zuerst helfen sollten und was wir ihnen als kleinen Trost sagen sollten, wenn sie um ihre Männer und Söhne weinten, die noch in der Fabrik waren während der Razzia, und die nun zu Hause vor der verriegelten Wohnung stehen werden. Besonders fürchteten wir Brunners Visiten in den Gemeindebetrieben. Wehe, wenn er in einem Raum eine Spur von gerauchten Zigaretten fand oder einen schlecht angenähten Stern. Oder wenn gar ein Jude nicht schnell genug von seinem Sitz in die Höhe fuhr bei seinem Eintritt, um die Habt-Acht-Stellung einzunehmen, bis er den Raum wieder verlassen hatte. Er scheute sich dann nicht, weißhaarige Männer zu ohrfeigen und Frauen auf das Gemeinste zu beschimpfen.
Brunners letzte Schreckenstat:
Brunner verließ Berlin Ende Februar 43. Die 3 Wiener Juden und die übrige Wiener Gestapo, die mit Brunner gekommen waren, hatten Berlin schon einige Wochen vorher verlassen. Die Wiener Juden hatten die Zeit über im Sammellager gewohnt und sind dort ausgezeichnet verpflegt worden und hatten offiziell die Leitung des Lagers, praktisch waren sie, soweit ich das beurteilen kann, ohne Bedeutung. Sie hießen Gerrö, Lindenbaum und Gerstmann (oder Bergmann.)
Am 27. Februar versetzte Brunner Berlin nochmal einen entsetzlichen, den entsetzlichsten Schlag.
Wir saßen, es war Freitagabend, im Schwesternheim bei Tisch, als der Befehl kam, 16 Schwestern hätten sich am nächsten Morgen um 7 Uhr in Tracht im Sitzungssaal zu melden. Leider wurde ich mit bestimmt. Was sollte nun wieder kommen? Wir saßen also um Punkt 7 Uhr in völliger Ungewißheit bis ca. 12 Uhr mittags. Niemand wußte etwas Bestimmtes. Endlich sickerte durch, daß die berüchtigten Autos aus allen Fabriken Berlins die dort arbeitenden Juden abholten und sie in 8 von der Gestapo in aller Schnelle leergemachte Lager (Kasernensäle, Pferdeställe, ein ehem. Kino) brachten. Gegen 2 Uhr wurden wir zu Hilfsdiensten auf die verschiedenen Lager eingeteilt. Wir bekamen unsere Fahrtausweise und rote Armbinden, die uns vor dem Aufgegriffenwerden schüfen sollten, und fuhren immer zu zweien los. Klara und ich waren für die Rathenower Str. (Pferdestall der Kaserne) eingeteilt. Als wir ankamen, waren vielleicht schon 800 Menschen da, völlig verstört, frierend in ihren dünnen Arbeitskitteln, hungrig von der Arbeit (sie waren ja direkt aus der Fabrik geholt worden), die schlimmsten Gerüchte schwirrten herum, und das Schrecklichste, die Mütter schrien nach ihren Kindern, die zu Hause auf sie warteten, die Männer bangten um ihre Frauen, die [in] anderen Fabriken arbeiteten, die jungen Menschen weinten und klagten um die alten Eltern, die hilfsbedürftig und ohne Hilfe zu Hause saßen. Es herrschte eine unbeschreibliche Aufregung, eine Panikstimmung, die Menschen waren vor Angst um ihre Angehörigen halb wahnsinnig, man schrie nach einem Abtritt, nach einem Schluck heißen Kaffee, nach einem bißchen Stroh, um sich hinzusetzen, denn es war ja der schmutzige, rohe, feuchte Lehmboden eines Pferdestalles unter unseren Füßen.
Mit uns zusammen waren 10 Ordner gekommen, die als erstes eine Abtrittgrube im Hof schaufelten, da die Juden ja nicht die Toiletten der Kaserne benützen durften. Dann schafften sie Stroh herbei, beruhigten die Menschen, so gut es ging, wiesen ihnen Plätze zu. Unterdessen war es unsere und des jüd. Arztes Aufgabe, die immer neu ankommenden SS-Autos abzuladen, die angstbebenden Menschen in den Stall zu führen, während die SS mit aufgepflanzten Gewehren uns zusah und photographierte. Ohne Unterbrechung liefen die SS-Wagen mit immer neuen Leuten ein, und ich werde nie das entsetzliche Bild vergessen, das sich uns bot, als wir den Verschlag eines dieser Autos öffneten: eine ältere Frau fiel uns blutüberströmt, ohnmächtig in die Arme. Hinter ihr taumelte ein vielleicht 17jähriges Mädel vom Wagen, das Blut lief ihr über das Gesicht, daneben ein Mann, der aus einer Beinwunde blutete, seine Frau haltend, deren Kleider zerfetzt waren. Es waren Menschen, die sich „zur Wehr gesetzt hatten“, wie die SS lachend erklärte. Ein junger Bengel, kaum älter als ich, stand lachend da und photographierte.
Zunächst war es uns nicht erlaubt, diese vier Menschen ins Krankenhaus zu überstellen, wir mußten sie dort im Stall verbinden, so gut [es] eben ging. Ebenso war es bei Strafe nicht erlaubt, den Leuten Gepäck oder Briefe zu bringen. Das erste Essen, das man ihnen geben konnte, war heißer Kaffee am Montag früh, also nach 2 Tagen, da die jüd. Gemeinde ja völlig unvorbereitet war, und wo sollte man plötzlich ohne Geld und Marken im Jahre 43 in Berlin Verpflegung für Tausende von Juden herbekommen?
Klara und ich wurden nach 24stündigem Dienst abgelöst, und wir machten [uns] auf den Weg, die Wohnungen aufzusuchen, die man auf kleinen Zetteln aufgeschrieben hatte, um die Kinder in die Gemeinde zu bringen und die Alten ins Krankenhaus.
Wieder 24 Stunden später hatten wir beide wieder unseren Dienst dort anzutreten. Ich weiß nicht, wie wir es fertigbrachten, nochmal in diesen Stall zu gehen, der unterdessen mit 2.000 Menschen angestopft war, genug, ca. 6 Tage später wurden aus diesen 8 Lagern alle Juden auf einem Nebenbahnhof Berlins versammelt, in die bereitstehenden Viehwaggons gebracht und so, wie sie aus der Fabrik geholt worden waren, deportiert. Obwohl wir schon damals die schlimmsten Befürchtungen über die Osttransporte im allgemeinen und diesen Fabriktransport im besonderen hegten, haben wir erst hier in der Schweiz erfahren, daß diese Leute wirklich alle in den Tod gefahren sind.
Eine nachfolgende Zählung ergab, daß am 3. März 12.000 Juden mit diesem Fabriktransport Berlin verlassen hatten.
2 Monate später kam auch zu mir im Rahmen einer Abholung von Gemeindeangestellten ein Gestapist, er wartete genau 20 Minuten, dann hatte ich fertig zu sein und stieg in das unten wartende Auto.
Nun muß ich noch einige Einzelheiten schreiben, die mir erst während des Niederschreibens wieder eingefallen sind.
Ein beliebter Grund zur Festnahme von Juden auf der Straße war eine Zeitlang das schräge Überqueren der Fahrstraße oder das Sprechen mit Ariern auf der Straße.
Im Jahre 39 gab es in allen Parks und Grünanlagen Bänke mit der Aufschrift „Nur für Juden“, während auf allen anderen stand: „Für Juden verboten“. Später war den Juden das Betreten jeder grünen Anlage sowie das Verlassen des Bannkreises der Stadt Berlin verboten. Ging man z. B„ durch das Fahrverbot gezwungen, von einem Bekannten zum anderen und es lag ein Park zwischen den beiden Häusern, und war er noch so groß, man mußte ihn umgehen.
An sämtlichen Kinos, Theatern, Kaffees, Wartesälen, Museen, einfach an allen, wie die Deutschen es genannt haben, deutschen Kulturstätten stand das bekannte Schild „Für Juden verboten“. Manchesmal konnte man da auch lesen „Für Juden und Zigeuner ...“. Sehr viele Bestimmungen und Schikanen habe ich schon vergessen, weil sie uns bald alle so selbstverständlich wurden.
Nun möchte ich nur noch eine wichtige Einrichtung der Gestapo erwähnen, die jüd. Abholertruppe und die jüd. Spitzel. Während die ersteren in die Wohnungen verschickt wurden, um die Leute zum Sammellager zu holen und sich dabei nicht wie Glaubensgenossen, sondern eher wie Gestapoagenten benahmen, waren die letzteren eine von der Gestapo ausgesuchte und bezahlte, feststehende Gruppe, deren Aufgabe es war, die Verstecke der Juden bei den Ariern zu finden, die Juden ins Lager zu bringen und die Namen und Adressen der Arier der Gestapo zu melden. Diese Verräter leben jetzt noch in Berlin, geben sich ganz wie Gestapisten, da sie die Erlaubnis haben, ohne Stern zu gehen, und genießen alle Vorzüge der Arier. Einige Namen, Nathan, Abrahamsohn, Dr. Jakob, Stargatter, Jakobsohn.
Die Leiter der Gemeinde, die Herren Kozower und Henschel, kamen im Jahre 42 mit ihren Familien und vollständigem Gepäck als Prominente nach Theresienstadt.
Der Leiter der Reichsvereinigung, Dr. Paul Eppstein, kam im Jahre 42 ebenfalls nach Theresienstadt, als Judenältester. (Die Reichsvereinigung wurde bald darauf aufgelöst.) Er leitete das Theresienstädter Ghetto 2 Jahre lang. Leider ist er bes. von den tschechischen Juden dort sehr verkannt worden. Er ist eine hervorragende Persönlichkeit und leitete das Ghetto so lange, bis der Kommandant seine Hilfe und Mitarbeit zu den gro ßen September- [und] Oktobertransporten verlangte. Er kam von dieser Sitzung damals nicht zurück. Später hörte man, daß er auf Grund seiner Weigerung sofort in ein K.Z. überführt wurde. Dr. Murmelstein, sein Nachfolger, zögerte nicht, seine Hand zur Vernichtung von 20.000 Juden aus Theresienstadt zu geben.