März 1943
Der März war vom Beginn der „Battle oft he Ruhr“ mit ihren massiven Luftangriffen bestimmt. Nachdem sie in der Nacht zum 2. März bereits einen schweren Angriff auf Berlin geflogen hatte, bei dem mehr als 700 Menschen ums Leben gekommen waren, eröffnete die Royal Air Force in der Nacht zum 6. März eine Großoffensive gegen das Ruhrgebiet. Als erste Stadt war Essen und damit das größte und wichtigste Industriezentrum des Ruhrgebiets betroffen. In der Nacht zum 9. März war Nürnberg, drei Tage später dann Stuttgart das Ziel schwerer Bombardements. In der Nacht zum 13. März wurde dann wiederum das Ruhrgebiet mit Essen, Bottrop und Duisburg als Hauptzielen angegriffen, wie überhaupt das Industriegebiet an der Ruhr mit seiner Zusammenballung von Rüstungsbetrieben das Hauptziel der alliierten Luftverbände blieb.
An der Ostfront bleiben die erhofften Erfolge der Wehrmacht trotz aller Bemühungen aus. Am 6. März traten deutsche Truppen im Raum westlich von Charkow zwar zu einem Gegenangriff gegen die Rote Armee an und brachten deren Offensive vorübergehend zum Stehen. Am 14. des Monats wurde auch Charkow, das erst am 16. Februar von der Roten Armee besetzt worden war, durch SS-Truppen wieder eingenommen, am 21. auch Belgorod. Damit klangen die offensiven Aktivitäten der deutschen Seite aber bereits ohne nachhaltige Erfolge wieder ab. Bereits am 12. März hatte die Wehrmacht die Stadt Wjasma räumen müssen, die daraufhin von der Roten Armee besetzt worden war.
Auf dem afrikanischen Kriegsschauplatz gestaltete sich die Situation ähnlich. Ebenfalls am 6. März startete die deutsch-italienische Heeresgruppe Afrika in Tunesien eine letzte und zugleich vergebliche Offensive gegen die britische Armee. Daraufhin wurde Generalfeldmarschall Rommel des Oberbefehls entbunden, worüber die deutsche Öffentlichkeit aber zunächst nicht informiert wurde.
Verdrängung und Vernichtung der jüdischen Bevölkerung
Anfang März wurden die ihm Rahmen der „Fabrik-Aktion“ in Stuttgart, Düsseldorf, Dortmund, Hannover, Erfurt, Dresden und Breslau festgenommenen Jüdinnen und Juden mit drei Transporten nach Auschwitz deportiert. Auch jüdische Zuchthaus- und Gefängnishäftlinge sollten laut Anweisung des Reichssicherheitshauptamtes vom 11. März nun von den Deportationen erfasst werden. Sie waren nach Verbüßung ihrer Strafe umgehend „auf Lebenszeit“ nach Auschwitz oder Majdanek zu überstellen. Addiert man alle Transporte aus deutschen Städten des Deutschen Reichs, so wurden im März 1943 rund 12.500 Männer, Frauen und Kinder aus dem Reichsgebiet nach Auschwitz verschleppt - eine der höchsten monatlichen Transportraten seit Beginn der Deportationen aus Deutschland.
Am 12. März wandte sich der evangelische Landesbischofs von Württemberg, Theophil Wurm, mit einem Protestbrief an das Reichsministerium für kirchliche Angelegenheiten, um als anerkannter Sprecher der „Bekennenden Kirche“ die Deportation vor allem der in „Mischehen“ lebenden Jüdinnen und Juden zu verurteilt. Er forderte deren Entlassung aus der Gestapohaft und zudem eine gesetzliche Grundlage, um solche Deportationen künftig auszuschließen. Erfolg hatte diese Initiative der Kirchenführung jedoch nicht.
Insgesamt aber spielte die Verfolgung und Ermordung der jüdischen Bevölkerung im Bewusstsein der Deutschen in dieser sich nach Stalingrad krisenhaft zuspitzenden Situation eine eher untergeordnete Rolle. Während die Gestapo in diesen Monaten die meisten der noch verbliebenen Jüdinnen und Juden Reich deportierte, intensivierte das NS-Regime nochmals seine antijüdische Propaganda, um die Bevölkerung für den nun anstehenden „Endkampf“ zu aktivieren.
Für die in „Mischehe“ lebenden Paare und deren Kinder brachte Frühjahr 1943 bedeutende Veränderung mit sich. Parallel zur Deportation der sogenannten „Rüstungsjuden“ ordnete das Reichssicherheitshauptamt nämlich auch den Zwangseinsatz der „nicht evakuierungs-umsiedlungsfähigen Juden“, also der in „Mischehen“ Lebenden, neu. Auch sie sollten künftig nicht länger in der Rüstungsindustrie arbeiten, sondern in den „geschlossenen Arbeitseinsatz“ in Lagern überführt werden.
Ab Frühjahr 1943 erfolgten die Deportationen aus den einzelnen besetzten westeuropäischen Ländern in unterschiedlichem Tempo. In den Niederlanden sammelten die deutschen Behörden die erfassten Jüdinnen und Juden weiterhin im Durchgangslager Westerbork und brachten sie von dort nach Auschwitz. Bis dahin war bereits ein Drittel der einstmals 140.000 niederländischen Juden deportiert worden; zwischen März und August wurden weitere 31.300 von ihnen deportiert und fast alle in Sobibor ermordet.
In Polen lebten Anfang 1943 von den dort vor 1939 wohnenden drei Millionen Jüdinnen und Juden nur noch rund 500 000, die für kriegswichtige Arbeiten zurückgestellt worden waren. Im März löste die SS dann das Krakauer Getto auf und deportierte dessen Bewohner nach Auschwitz oder zur Zwangsarbeit in das Konzentrationslager Plaszow.