Umgang mit jüdischem Umzugsgut in Antwerpen
Der Oberfinanzpräsident Köln schlägt am 9. Juni 1942 vor, die Opfer von Bombenangriffen mit dem Umzugsgut jüdischer Auswanderer zu versorgen:
Betrifft: Jüdisches Umzugsgut in Antwerpen
Vorgang: Erlaß vom 4. Juni 1942 o 5210-1925 VIII. Ang.5
Berichterstatter: Regierungsrat Dr. Hertel
1.) In meinem Bericht vom 5. Juni 1942 Z 2056-198-82 habe ich über den Umfang der Fliegerschäden in Köln und die Notwendigkeit der Versorgung der Fliegergeschädigten kurz berichtet. Inzwischen habe ich für die Unterbringung der Lifts Vorsorge getroffen. Hallen, die soviel Lifts fassen, sind hier in den Rheinhäfen nicht vorhanden. Die Lifts haben teilweise den Umfang eines kleineren oder größeren Möbelwagens ohne Räder. Es ist deshalb auch zweifelhaft, ob es gelingt, wenigstens einige dieser Lifts in der von mir in Aussicht genommenen Zollniederlage in Koblenz und in den Zollhallen 1 und 2 beim Zollamt Moselwerft in Koblenz unterzubringen.
Nach langem Suchen und Verhandlungen habe ich dann in den Rheinorten Andernach, Neuwied und Bendorf feste Lagerplätze, unmittelbar am Rhein, ausfindig gemacht, auf denen die Lifts im Freien untergebracht werden. In Bendorf ist auch eine Halle, in der wahrscheinlich 10 bis 20 Lifts untergestellt werden können. Kräne mit der nötigen Tragfähigkeit sind an diesen Orten vorhanden. Ich werde das Befrachtungs- und Speditionskontor Heinrich Aviszius K.G. in Neuwied am Rhein beauftragen, für die Entladung und Unterbringung der Lifts Sorge zu tragen.
Der Militärbefehlshaber in Brüssel10 hat mir mit Fernschreiben vom 6. Juni 1942 mitgeteilt, daß die angekündigten Liftvantransporte teils auf dem Schienenweg und teils auf dem Wasserweg in der jetzt laufenden Woche unter tunlichster Beschleunigung in Marsch gesetzt würden. Die Liftvans enthielten außer Mobiliar und Kleidungsstücken teilweise auch Kunstgegenstände und andere zur Ausgabe nicht geeignete Objekte. Mit der Feldkommandantur in Antwerpen habe ich vereinbart, daß möglichst alle Liftvans auf dem Wasserwege nach Andernach, Neuwied und Bendorf befördert werden. Eine Anzahl dieser Lifts ist jedoch nach Mitteilung der Feldkommandantur durch Bombenangriffe und ähnliche Einflüsse mehr oder weniger stark beschädigt. Ich habe gebeten, diese schätzungsweise 25 bis 30 beschädigten Lifts mit der Eisenbahn zum Bahnhof Gereon in Köln zu schaffen. Da für die Sicherheit der beschädigten Lifts keine geeignete Vorsorge getroffen werden kann, halte ich es für notwendig, diese Gegenstände sofort zu sichten und zu verwerten.
2.) Die Sichtung der 1.000 Lifts kann nicht vorweggenommen werden. Ich habe dieserhalb die Feldkommandantur gebeten, dafür zu sorgen, daß die Frachtpapiere, die wahrscheinlich auch für die Zollbehandlung bei dem beabsichtigten Einfuhrlande ein Inhaltsverzeichnis enthalten, mir zugeleitet werden. Außerdem befinden sich in der Regel bei den Dienststellen der Zollverwaltung, die die Abfertigung der Lifts zur Ausfuhr vorgenom-men haben, noch die Inhaltsverzeichnisse seit 1935. Schließlich haben die Devisenstellen auch sämtliche Inhaltsverzeichnisse des aus ihrem Bezirk ausgeführten Judenvermögens in ihren Akten. Wenn die Herkunft der Lifts festgestellt worden ist, werde ich diese Inhaltsverzeichnisse, soweit sie nicht bei den Frachtpapieren vorhanden sein sollten, von den Zollstellen oder Devisenstellen heranzuholen versuchen. Auf Grund dieser Papiere kann jedenfalls schon eine Vorsichtung vorgenommen werden. Dagegen ist es unmöglich, die Lifts an der Lagerungsstelle auszupacken, ihren Inhalt zu sichten und dann wieder einzupacken. Die Aussonderung der hier nicht zu verwertenden Gegenstände könnte daher nur nach Ankunft der einzelnen Lifts in Köln vorgenommen werden.
Weisungsgemäß unterbleibt zunächst eine Verwertung der Lifts, die ohne Gefahr des Diebstahls oder der Beschädigung durch Witterungseinflüsse usw. verwahrt werden können. Soweit es sich um Kunstgegenstände handelt, werde ich bei Beginn der Verwertung diese dem Museumsdirektor Vosse von der Dresdener Galerie zunächst anbieten.
Da es sich voraussichtlich um Einrichtungsgegenstände von vermögenden Juden handeln wird, die in der Lage waren, den teuren Versand übersee durchzuführen, werden die Lifts unter den Einrichtungsgegenständen auch echte Teppiche enthalten Soweit Fliegergeschädigte ihre Teppiche verloren haben, werden diese auch zweckmäßigerweise an solche Fliegergeschädigten veräußert.
Sobald die Weisung zur Verwertung ergangen ist, werde ich mit der Stadt Köln, ggf. mit der NSV, in Verbindung treten, ob sie bereit sind, die veräußerlichten Einrichtungsgegenstände in Bausch und Bogen zu übernehmen und von sich aus die Verteilung an die Fliegergeschädigten durchzuführen. Soweit das nicht möglich sein sollte, lasse ich die Einrichtungsgegenstände durch mein Liegenschaftssachgebiet in der gleichen Weise an Fliegergeschädigte versteigern, wie auch bisher das hier noch angetroffene Judengut versteigert worden ist.
Bei Übernahme dieser Gegenstände durch die Stadt Köln bezw. durch die NSV wird eine Anrechnung des Wertes auf die Zahlung der Kriegsschädenmittel, die vom Reich zugewiesen werden, in Erwägung gezogen werden müssen.
Wie aus dem Schlußabsatz der Ziffer II meines Berichts vom 5. Juni 1942 Z 2056-198-82 zu entnehmen ist, rechnet die Stadt Köln damit, daß ihr diese Wohnungseinrichtungen der Juden, die zunächst für den Osten bestimmt waren, zur Verfügung gestellt werden. Ich nehme auch an, daß die Stadt Köln durch den Militärbefehlshaber in Brüssel davon Nachricht erhält, daß 1.000 dieser Lifts an mich zum Versand gebracht worden sind. Sofern die Stadt Köln dieserhalb an mich herantreten sollte, werde ich sofort berichten.
3. Diese Wohnungseinrichtungen sind durch den Versand ins Ausland Auslandsware geworden und bei ihrer Wiedereinfuhr als Zollgut zu betrachten. Ich bitte wegen der Regelung der Abgabenerhebung um Weisung. Die Einzeltarifierung würde auf unüberwindliche Schwierigkeiten stoßen. Ich schlage vor, einen bestimmten Prozentsatz des Erlöses als Eingangsabgabe zu vereinnahmen und im übrigen die Abgaben aus Billigkeitsgründen zu erlassen.
Ich bitte,
1. sich mit der Unterbringung der Lifts in der vorgeschlagenen Art und Weise einverstanden zu erklären,
2. die sofortige Verwertung der beschädigten Lifts zu genehmigen,
3. über die Zollbehandlung der Lifts eine Zollentscheidung herbeizuführen,
4. mir für die weitere Verwertung der Lifts Anweisung zu erteilen.