Runderlass des Reichswirtschaftsministers
Als kommissarischer Reichswirtschaftsminister beschränkt Göring am 15. Dezember 1937 die Devisen- und Rohstoffzuteilungen für jüdische Unternehmen:
Betr.: Devisen- und Rohstoffzuteilungen an jüdische Unternehmen.
Die Zuteilungen von Devisen und Rohstoffen nach Stichzeiten, die vor Beginn oder in den Anfangsjahren der Devisen- bezw. der Rohstoffbewirtschaftung liegen, hat bewirkt, daß jüdische Unternehmen am Handel und an der Gütererzeugung auch heute noch in einem Maße beteiligt sind, das der grundsätzlichen Forderung nach einer Ausschaltung des jüdischen Einflusses in der Wirtschaft nicht genügt und auch der tatsächlichen Entwicklung nicht gerecht wird. Für die Wareneinfuhr bestimmt der Allgemeine vertrauliche Erlaß der Reichsstelle für Devisenbewirtschaftung vom 8. Juni 1936 - 88/36 Ü.St. - bereits, daß Devisengenehmigungen nicht starr nach dem Umfange der Beteiligung an der Einfuhr innerhalb der Vergleichzeit zu bemessen sind. Die Überwachungsstellen haben am 27. November 1937 neue Weisungen für die Zuteilung von Devisen und Rohstoffen an jüdische Unternehmen erhalten. In Ergänzung dieser Anweisungen bestimme ich folgendes:
I. Über die in dem Erlaß vom 27. November 1937 - II R 40181/ 37 vorgesehenen Nachprüfungen hinaus haben die Überwachungsstellen zu prüfen, ob die Beibehaltung der früheren Stichzeiten bei jüdischen Unternehmen noch gerechtfertigt ist. Diese Prüfung ist im Einzelfalle auf das Devisenkontingent und das Rohstoffkontingent zu erstrecken. Der Umfang der Einfuhr bei Beginn oder in den Anfangsjahren der Devisenbewirtschaftung darf künftig in der Regel nicht mehr als Maßstab für die Bemessung des Einfuhrkontingents jüdischer Unternehmen dienen. Das Devisenkontingent ist vielmehr an die Einfuhrbeteiligung späterer Jahre (- etwa 1936/37 -) anzulehnen.
In der gleichen Weise ist künftig bei der Zuteilung von Kontingenten auf dem Gebiete der innerdeutschen Bewirtschaftung (Verarbeitungs-, Einkaufs-, Lagerhaltungs- und Handelskontingente) zu prüfen, ob die Durchführung der vorstehenden Grundsätze die Beibehaltung der meist in den Jahren 1933 und 1934 liegenden Vergleichszeiten für jüdische Unternehmen verträgt. Im allgemeinen wird auch hier für jüdische Unternehmen ein späterer Vergleichszeitraum zu wählen sein. Im übrigen kann die in dem Erlaß vom 27. November 1937 vorgesehene Kontingentskürzung um 10 %, die nur eine Mindestforderung darstellt, in geeigneten Fällen überschritten werden.
II. Nach dem Erlaß vom 27. November 1937 sind die eingesparten Devisen und Rohstoffe vor allem dazu zu verwenden,
1. förderungswerten deutschen Unternehmen Sonderzuteilungen zu gewähren,
2. die Notlage der Grenzgebiete zu mildern,
3. die Neuerrichtung deutscher Unternehmen in stark jüdisch besetzten Wirtschaftszweigen zu unterstützen.
Ich weise in diesem Zusammenhänge besonders auch auf den Erlaß vom 28. Mai 1937 - II R18659/37 - betreffend Sonderregelung für alte Kämpfer der Bewegung hin und ersuche, einen bestimmten Teil der eingesparten Menge für diese Zwecke zur Verfügung zu halten. Der Erlaß vom 28. Mai 1937 greift künftig auch hinsichtlich der Zuteilung von Einfuhrkontingenten Platz.
III. Bestehen Zweifel darüber, ob ein Unternehmen als jüdisches Unternehmen anzusehen ist, so können die Überwachungsstellen ein Gutachten der zuständigen Industrie-und Handelskammer einholen. Die Industrie- und Handelskammern werden von mir nähere Weisung erhalten. In Zweifelsfällen ist mir einstweilen bis zu einer abschliessenden gesetzlichen Regelung zu berichten.
Die etwa notwendige Aufklärung von Zweifelsfällen darf die Durchführung der gebotenen Maßnahmen gegenüber solchen Unternehmen, die als jüdische Unternehmen bekannt sind, nicht verzögern.