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Chronik und Quellen
1937
Oktober 1937

Rundschreiben der Reichsstelle für Devisenbewirtschaftung

Die Reichsstelle für Devisenbewirtschaftung informiert am 26. Oktober 1937 über Änderungen in der Finanzierung der jüdischen Massenemigration:

Um im Rahmen der bisher bereits für Auswanderungszwecke eingesetzten Mittel die Auswanderung minderbemittelter und vermögensloser Juden in erweitertem Umfang zu ermöglichen, habe ich das bisher durch die Runderlasse Nr. 153/36 D.St.-Ue.St und 73/37 D.St.-Ue.St. geregelte Einwanderer- und Auswanderer-Clearing hinsichtlich der zugelassenen Vermögenswerte der jüdischen Auswanderer erweitert. An dem Verfahren sollen in Zukunft Antragsteller teilnehmen, deren Vermögen bei der

Auswanderung von 3 und mehr Personen                     RM 50 000,-
bei der Auswanderung von 2 Personen                       RM 40 000,-
bei der Auswanderung von 1 Person                             RM 30 000,-

nicht übersteigt.

Der Transfersatz bemißt sich nach der Höhe des zu transferierenden Kapitalbetrages und der Zahl der auswandernden Personen. Eine nach diesen Richtlinien aufgestellte, in der Anlage beigefügte Transfertabelle sieht Transfersätze im niedrigsten Falle von 27 %, im höchsten Falle von 50 % vor. Die „Altreu“ wird die Überschüsse, die sie dadurch erzielt, daß sie die Einwandererdevisen von der deutschen Golddiskontbank mit einem Aufschlag von 100 % erwirbt und gemäß der Transfertabelle mit höherem Aufschläge an die jüdischen Auswanderer abgibt, der Reichsvertretung der Juden zur Bildung eines besonderen Fonds überweisen. Dieser Fonds wird ausschließlich zur Förderung der Auswanderung von bedürftigen Juden aus Deutschland verwendet. Bedürftigen Personen wird ein Höchstbetrag von RM 1800,- pro Kopf im Durchschnitt darlehnsweise zur Verfügung gestellt und von der „Altreu“ mit 50 % in Devisen umgewandelt werden. Der Devisenbetrag, der zu Lasten des Einwanderer- und Auswanderer-Clearings an diese „Subventionskategorie“ pro Kopf im Durchschnitt entfallen darf, beträgt also höchstens RM 900,- Devisenkurswert. Durch die Verkoppelung von vermögenslosen Auswanderern mit Auswanderern, die Vermögen bis zu RM 50 000,- besitzen, wird erreicht, daß der Devisenbetrag, der im Gesamtdurchschnitt (beide Kategorien zusammengenommen) auf einen Auswanderer entfällt, voraussichtlich RM 1700,- keinesfalls aber mehr als RM 1800,-beträgt. Durch das neue Verfahren wird erreicht,

1) daß die Auswanderung von Juden mit kleineren bis mittleren Vermögen (bis RM 50 000,-) wesentlich höher wird;

2) daß durch Bildung des Subventions-Fonds auch mittellose Juden zur Auswanderung kommen, die bisher überhaupt nicht auswandern konnten;

3) daß der Devisenbetrag, der im Durchschnitt pro Kopf auf einen Auswanderer entfällt, auf höchstens RM 1800,- ermäßigt wird;

4) daß viele kleine Auswandererguthaben nicht mehr zur Entstehung kommen.

Die Einzelheiten des neuen Verfahrens sind aus dem als Anlage beigefügten Allgemeinen vertraulichen Erlaß Nr. 131/37 D.St.-Ue.St. nebst Anlagen zu ersehen. Durch diese Regelung werden nicht mehr Einwanderungsdevisen zur Verfügung gestellt, als nach dem bisherigen Verfahren gemäß RE 153/36 D.St.-Ue.St. und 73/37 D.St.-Ue.St. Es wird lediglich eine andere Verteilung vorgenommen, um die Auswanderung einer größeren Zahl von Juden zu erreichen. Unabhängig von dem jetzt abgeänderten Auswanderungsverfahren beabsichtige ich, in nächster Zeit eine grundsätzliche Entscheidung der beteiligten Stellen darüber herbeizuführen, inwieweit in Zukunft noch Devisen zu Auswanderungszwecken bereitgestellt werden können, und ob insbesondere fernerhin Einwandererdevisen in dem bisherigen Rahmen für die Auswanderung der Juden verwandt werden sollen.

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