Oktober 1937
In seiner Außenpolitik zeigt das NS-Regime zwei Gesichter: Während Adolf Hitler in einer Rede im Rahmen der zentralen Erntedankfeier auf dem Bückeberg am 3. Oktober Kolonien für das Deutsche Reich forderte, sicherte Außenminister Konstantin Freiherr von Neurath zehn Tage später seinem Nachbarn Belgien die Unverletzlichkeit seiner Grenzen zu und betonte so zum wiederholten Male seinen angeblich unbedingten Willen zum Frieden.
Auch innenpolitisch setzt die NSDAP weiterhin auf eine Mischung von Verboten und gleichzeitigen Angeboten zur Partizipation. Nachdem beispielsweise der Reichsführer-SS und Chef der deutschen Polizei, Heinrich Himmler, am 2. Oktober per Erlass die Auflösung aller Ersatzhochschulen, Arbeitsgemeinschaften sowie Lehr-Studenten- und Prüfungsämter der Bekennenden Kirche verfügt hatte, um auch mit diesem Schritt den Widerstand der evangelischen Kirche gegen das NS-Regime zu brechen, weihte Propagandaminister Joseph Goebbels am 10. des Monats die „Nordmark-Feierstätte“ in Bad Segeberg ein, die nach seinen Worten künftig „eine politische Kirche des Nationalsozialismus“ darstellen sollte.
Ansonsten geben sich Partei und Regime weiterhin betont jugendorientiert und dynamisch. Das geht auch aus den neuen „Richtlinien für die Leibeserziehung an Jungenschulen“ hervor, die am 9. Oktober 1937 vom Reichserziehungsministerium herausgegeben wurden. Durch diese neuen Vorgaben sollte die Heranbildung von „leistungsfähigen bewegungsgewandten und einsatzbereiten deutschen Jungen“ gewährleistet werden.
Es wird auch weiter an der Ausgestaltung eines neuen Deutschland gearbeitet, das allein durch seine Gestaltung und sein äußeres Erscheinungsbild Größe und Machtwillen zum Ausdruck bringen sollte. In diesem Kontext erließ die Reichsregierung am 4. Oktober ein „Gesetz über die Neugestaltung deutscher Städte“. Dieses sicherte den Behörden künftig weitgehende Vollmachten zur Lenkung entsprechender Bautätigkeiten zu. Vorrangig sollte die „Ausgestaltung” Berlins, Münchens, Nürnbergs und Hamburgs betrieben werden, aber auch andere „Gauhauptstädte“ wie etwa Köln sollten grundlegend und stets im großen Stil zu „NS-Städten“ umgestaltet werden, wobei große Aufmarschflächen zum festen Bauprogramm zählten.
Am 5. Oktober eröffnete Hitler in der Berliner Deutschlandhalle das jährliche Winterhilfswerk (WHW). Wie wenig freiwillig die angebliche Beteiligung an den diversen Sammelaktionen tatsächlich war, zeigte sich wenige Tage später, als das Arbeitsgericht Düsseldorf die Klage eines Arbeiters abwies, der von seinem Betrieb wegen Nichtbeteiligung an einer WHW-Sammlung entlassen worden war.
Die Sicherung von Rohstoffen wurde auch im Oktober fortgesetzt. Am 22. Oktober etwa erschien n der deutschen Presse ein Aufruf, der die Bevölkerung zum Sammeln von Altpapier aufforderte. Durch dessen Wiederverwendung sollte Holz eingespart werden, das als hauptsächlicher Rohstoff für die Papierherstellung verwandt wurde.
Verdrängung und Vernichtung der jüdischen Bevölkerung
Am 21. Oktober ordnet der Reichsführers SS und Chef der deutschen Polizei an, dass Emigranten bei einer etwaigen Rückkehr ins Reichsgebiet umgehend zu verhaften und in „Schulungslager“ - sprich in Konzentrationslager - einzuweisen seien. In diese Gruppen werden alle Personen subsumiert, die das Deutsche Reich nach dem 30. Januar 1933 verlassen hatten, wobei Jüdinnen und Juden als die in dieser Hinsicht besonders zu überwachenden Personen unter den Auswanderern gelten.
Zugleich wird ihnen kurz darauf am 26. Oktober per Runderlass der Reichsstelle für Devisenbewirtschaftung ein Verlassen Deutschlands noch dadurch weiter erschwert, dass ihnen ein Erwerb von Devisen noch weiter beschränkt wird. Damit wird ein etwaiger Neuanfang in einem fremden Land erheblich erschwert.