Urteile wegen Einkaufs in jüdischen Geschäften
Am 16. März 1937 berichtet die „Jüdische Rundschau“ über zwei Gerichtsurteile zum Einkauf in jüdischen Geschäften:
Aus der Rechtsprechung - Kauf im jüdischen Geschäft als Eheverfehlung
In der „Hanseatischen Rechts- und Gerichts-Zeitschrift“ vom 27. Februar/6. März wird ein Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts vom 19. Januar 1937 bekanntgegeben, das den Kauf eines Mantels im jüdischen Geschäft als Eheverfehlung betrachtet hat.
Die Ehe der betreffenden Parteien, die noch sehr jung sind und nur ein halbes Jahr zusammengelebt haben, wurde durch beiderseitige Schuld als zerrüttet angesehen und aus § 1568 BGB. geschieden. Das Gericht bemerkt u. a., daß die grundsätzlich falsche Einstellung der - erst 17 Jahre alten - Beklagten zum Kläger sich in dem Kaufeines Mantels im jüdischen Geschäft offenbare. In diesem Zusammenhang heißt es in den Entscheidungsgründen des angeführten Urteils u. a.:
„Eine schwere eheliche Verfehlung liegt aber darin, daß sie in einem jüdischen Geschäft kaufte, obwohl sie wußte, daß der Kläger als Parteigenosse und Politischer Leiter damit nicht einverstanden war. Die Beklagte hätte der politischen Tätigkeit des Klägers Interesse entgegenbringen müssen. Zum mindesten konnte der Kläger verlangen, daß seine Ehefrau Rücksicht auf seine Stellung in der Partei nahm und ihm nicht durch Kauf in jüdischen Geschäften Schwierigkeiten verursachte.“ Käufe der Ehefrau eines Nationalsozialisten bei Juden
Das Amtsgericht Remscheid hat in einem Urteil, über das in der „Deutschen Justiz“ berichtet wird, entschieden, daß Käufe, die die Ehefrau eines Nationalsozialisten bei Juden vornimmt, den Ehemann nicht verpflichten könnten, da sie nicht im Rahmen der Schlüsselgewalt (§ 1357 des Bürgerlichen Gesetzbuches) lägen. In den Entscheidungsgründen heißt es:
„Nach § 4357 Abs. 1 BGB. ist die Frau berechtigt, innerhalb des häuslichen Wirkungskreises den Mann zu vertreten, und nach Zusatz 2 dieser Bestimmung gelten die in diesem Rahmen getätigten Rechtsgeschäfte als im Namen des Mannes vorgenommen. Diese Regel entfällt aber nach der erwähnten Vorschrift dann, wenn sich aus den Umständen ein anderes ergibt. Letztere Voraussetzung ist hier gegeben. Ende 1934 und Anfang 1935, als die Ehefrau des Beklagten die Waren kaufte, hatte sich allgemein bereits die Erkenntnis durchgesetzt, daß es sich für einen deutschen Volksgenossen nicht geziemt, bei Juden zu kaufen. Derartige Käufe waren damals schon durchaus Ausnahme geworden. Eine Bindung des deutschen Ehemannes an einen solchen Vertrag muß auch regelmäßig für ihn als unzumutbar angesehen werden. Diese Umstände ergeben, daß die von der Ehefrau mit einem Juden getätigten Kaufverträge gegenüber dem deutschblütigen Ehemann keine Rechtswirkung im Rahmen des § 3357 BGB. haben sollen. Vielmehr schließt die Person des Vertragsgegners hier im Regelfall diese weitgehende Bindung aus. Umstände, die ausnahmsweise eine andere Beurteilung rechtfertigen könnten, sind nicht dargetan. Zur Darlegung solcher Umstände ist die Klägerin um so weniger in der Lage, als der Beklagte am 28. Oktober 1934 bereits der NSDAP beigetreten war. Die Klage war daher abzuweisen, ohne daß es eines Eingehens auf das weitere Vorbringen der Parteien bedurfte.“
Dieses weitere Vorbringen der Parteien erstreckte sich unter anderem darauf, daß der Ehemann behauptete, er habe zur Zeit der Käufe getrennt von seiner Ehefrau gelebt, was diese bestritt.