März 1937
Das zentrale Ereignis des Monats stellte zweifellos die Enzyklika „Mit brennender Sorge“ dar, die Papst Pius XI. am 14. März in Umlauf brachte. Hierin setzte er sich mit der „Lage der Katholischen Kirche im Deutschen Reich“ auseinander und kritisierte deren Verfolgung scharf. Nachdem das päpstliche Rundschreiben - ohne vorheriges Wissen der Gestapo - eine Woche später von den deutschen Kanzeln verlesen worden war, verbot der deutsche Minister für kirchliche Angelegenheiten, Hanns Kerrl, den Bischöfen am 23. März dessen Druck und weitere Verbreitung.
Pius XI. kritisierte darin Führerkult, Rassenpolitik und die in Deutschland zu beobachtende Entchristlichung hart und offen. In seinem Schreiben hieß es, der „Anschauungsunterricht der vergangenen Jahre“ kläre zugleich die Verantwortlichkeiten, enthülle er doch „Machenschaften, die von Anfang an kein anderes Ziel“ gekannt hätten, „als den Vernichtungskampf“. Und weiter: „Wer die Rasse oder das Volk oder den Staat oder die Staatsform, die Träger der Staatsgewalt oder andere Grundwerte menschlicher Gemeinschaftsgestaltung (…) aus der irdischen Werteskala herauslöst, sie zur höchsten Norm aller, auch religiöser Werte macht und sie mit Götzenkult vergöttert, der verkehrt und fälscht die gottgeschaffene und gottbefohlene Ordnung der Dinge."
Auch kommunalpolitisch fiel eine wichtige Entscheidung: Durch ein von der deutschen Reichsregierung verabschiedetes Gesetz wurde am 9. März die Amtszeit der eigentlich zur Wahl stehenden Gemeindeverwaltungen bis auf weiteres verlängert. Damit wurde die gemeindliche Selbstverwaltung – entgegen ständig wiederholter anderslautender Bekundungen von NS-Seite – weiterhin und dauerhaft durch ein rigoros antidemokratisches Führerprinzip abgelöst, dass der NSDAP in jeder noch so kleinen Gemeinde die Kontrolle über das kommunale Leben sicherte.
Vor Mitgliedern des Reichsnährstandes sprach Hermann Göring am 23. März als Beauftragter für den Vierjahresplan in Berlin über die Steigerung der landwirtschaftlichen Erzeugung und setzte zugleich die „Ernährungsfreiheit“ – also die Unabhängigkeit von Nahrungsimporten - als zentrales Ziel des Reichsnährstandes fest. Dabei kündigte Göring auch die Einführung einer „Hofkarte“ an, die künftig Auskunft über Besitz und Ertrag des einzelnen landwirtschaftlichen Betriebes geben, damit aber insbesondere eine Überwachung und zentrale Lenkung der Landwirtschaft ermöglichen sollte.
Auch im Medienbereich galten alle Maßnahmen der Machtsicherung durch Kontrolle. So betonte der Leiter des Reichsverbandes der deutschen Presse, Wilhelm Weiß, am 15. März in Dessau, wo er über das deutsche „Schriftleitertum unter nationalsozialistischer Herrschaft“ sprach, die NS-Pressepolitik sei lediglich eine Fortsetzung der Staatspolitik auf dem Gebiet der öffentlichen Publizistik. Deutlicher konnte man die Instrumentalisierung der Presse durch den NS-Staat kaum in Worte fassen.
Am 18. März schuf Propagandaminister Goebbels auch im Rundfunkbereich neue Fakten, indem er den bisherigen Intendanten des Reichssenders Köln, Heinrich Glasmeier, als Generaldirektor der Reichsrundfunkgesellschaft (RRG) einsetzte. Zugleich wurde Glasmeier auch Reichsrundfunkintendant, eine von Goebbels neue geschaffene Stellung, die dazu diente, das Führerprinzip auch im Bereich des Rundfunks endgültig und vollständig einzuführen. Das Dreiergremium, das bislang die RRG gemeinsam geleitet hatte, wurde dem neuen Reichsintendanten unterstellt.
Außerdem bemühte man sich um publikumswirksame Kosmetik: Am 30. Januar traf sich Adolf Hitler mit General Erich Ludendorff und erklärte danach die Versöhnung der beiden am Münchener Putschversuch im Jahr 1923 beteiligten Männer. Hitler erhoffte sich durch diesen Akt vom nach wie vor hohen Prestige des Generals, der im Ersten Weltkrieg die Russen besiegt hatte, profitieren zu können.
Nicht alle Personen in hohen Stellungen zeigten sich allerdings bereit, alle Maßnahmen des NS-Regimes widerspruchslos zu akzeptieren. Am 31. März trat beispielsweise Carl Friedrich Goerdeler als Oberbürgermeister von Leipzig zurück. Er gab dieses Amt, das er seit 1930 innegehabt hatte, aus Protest dagegen auf, dass in seiner urlaubsbedingten Abwesenheit ein Denkmal des jüdischen Komponisten Mendelssohn-Bartholdy vor dem Leipziger Gewandhaus entfernt worden war. Für sein Beharren auf den Verbleib des Denkmals war er zuvor von NS-Seite heftig kritisiert worden. In der Presse hatte es beispielsweise geheißen: „Es geht aber wider das gesunde Empfinden des Volkes, wenn aus falsch verstandener Pietät das Denkmal eines Juden stehen bleibt.“