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Chronik und Quellen
1936
September 1936

Vermerk des Reichsinnenministeriums

Staatssekretärsbesprechung im Reichsinnenministerium am 29. September 1936 über die weitere Gestaltung der antijüdischen Politik:

Vermerk über die Besprechung am 29. September 1936

An der Besprechung haben teilgenommen:

für das Reichs- und Preussische Ministerium des Innern

Herr Staatssekretär Dr. Stuckart
Herr Ministerialrat Dr. Lösener
Herr Regierungsassessor Dr. Schiedermair

für das Reichswirtschaftsministerium

Herr Staatssekretär Dr. Posse
Herr Ministerialrat Dr. Hoppe
Herr Regierungsassessor Dr. Humbert

Für den Stellvertreter des Führers

Herr Ministerialdirektor Sommer
Herr Reichsamtsleiter Dr. Blome.

Staatssekretär Dr. Stuckart legte einleitend dar, die Besprechung diene der Vorbereitung einer Chefbesprechung über die Judenpolitik. Zur Regelung der wirtschaftlichen Stellung der Juden sei es notwendig, die grundsätzliche Richtung der gesamten Judenpolitik und damit die Einheitlichkeit aller judenpolitischen Massnahmen sicherzustellen. Die wirtschaftliche Stellung der Juden müsse jetzt geklärt werden, um der Gefahr vorzubeugen, dass die Juden in wirtschaftlicher Beziehung in Deutschland neue Positionen gewinnen. Präsident Schacht habe bereits in seinem Schreiben vom 28. Juli 1936 die Fragen formuliert, die als Möglichkeiten für die Judenpolitik in Betracht kommen. Es handle sich also zunächst darum zu erörtern, welcher der dort erörterten Wege beschritten werden soll.

Ministerialdirektor Sommer führte aus: Vom Standpunkt der NSDAP aus könne entsprechend dem Parteiprogramm die Judenfrage erst dann als gelöst angesehen werden, wenn es in Deutschland keinen Juden mehr gibt. Dieses Endziel stehe fest. Die jetzige Lösung könne nur als eine Teillösung zu diesem Ziel angesehen werden. Es könne sich daher nur darum handeln, Mass und Tempo der einzelnen Massnahmen zu bestimmen. Staatssekretär Dr. Posse erklärte, wenn es sich darum handelt, das Parteiprogramm auszuführen, dann müssten auch die wirtschaftlichen Dinge diesem Ziel angepasst werden. Das sei möglich. Die Etappen müssten jedoch festgelegt werden.

Nach dem jetzigen Zustand würde praktisch verschiedenerlei Recht gelten. Der staatliche Grundsatz sei, den Juden freie wirtschaftliche Betätigung zu gewähren. Die Durchführung dieses Grundsatzes sei nicht einheitlich. Der Grundsatz wird besonders in den Verwaltungen nicht durchgeführt, die stärker an die Partei angelehnt seien, wie etwa im Geschäftsbereich des Propagandaministeriums oder des Ernährungsministeriums. Andererseits wurden die Juden dadurch, dass sie von vielen Berufen schlechthin ausgeschlossen sind, zwangsläufig in die wirtschaftliche Betätigung gedrängt. Dem Wirtschaftsministerium komme es darauf an, eine klare Rechtslage zu bekommen. Es müsse daher in erster Linie eine Angleichung der bestehenden verschiedenen Auffassungen erfolgen.

Staatssekretär Dr. Stuckart wies daraufhin, dass über das endgültige Ziel der Judenpolitik keine Meinungsverschiedenheit bestehen könne: es sei restlose Auswanderung, denn für den Staat sei ebenfalls das Parteiprogramm massgebend. Das Ziel könne aber nur in Etappen erreicht werden. Richtlinie und Masstab für das Tempo der Auswanderung müsse der jeweilig grösstmögliche Nutzen für das deutsche Volk sein. Die Auswanderung müsse nach dem jeweils Tragbaren durchgeführt werden. Es sei notwendig, alle Massnahmen auf dieses Ziel auszurichten. Aus dem Ziel selbst ergäbe sich als Grundlinie für alle Massnahmen die Förderung der Auswanderung der Juden. Alle Massnahmen auf dem Gebiet der Judenpolitik müssten sich nach diesem Ziel ausrichten. Wirtschaftliche Betätigung von Juden dürfe nur in dem Rahmen gestattet sein, dass sie ihren Lebensunterhalt selbst verdienten, ohne dass aber durch ihre wirtschaftliche und politische Lage ihr Auswanderungswille verschwände. Letzten Endes müsse in Betracht gezogen werden, die Auswanderung auch zwangsweise durchzuführen.

Danach sei die Tatsache in Rechnung zu stellen, dass es bis auf weiteres in Deutschland noch Juden gibt. In diesem Zusammenhang müsse daher die Frage geklärt werden, ob und in welchem Umfang die Juden vom deutschen Volke abgesondert und ihnen eine Art Selbstverwaltung zuerkannt werden soll. Für die kulturelle und religiöse Betätigung sei diese Frage bereits bejaht worden. Die Einrichtung eines eigenen jüdischen Schulwesens sei in Vorbereitung. Über diesen Kreis sollte man jedoch nicht hinausgehen, insbesondere den Juden auf sozialpolitischem Gebiet keine Selbstverwaltung einräumen. Denn dadurch würden die Geschlossenheit und der Zusammenhalt des Judentums gefördert. Das könne, innerpolitisch gesehen, nur unerwünscht sein und würde vor allem bei den Juden den Wunsch, auszuwandern, in den Hintergrund treten lassen.

Staatssekretär Dr. Posse erklärte, man solle den Juden bis zur Ermöglichung der Auswanderung eine Betätigungsmöglichkeit in Deutschland lassen und nicht den Weg beschrei ten, die Juden der Armenunterstützung zuzuweisen. Englische Banken hätten am 24. August 1936 dem Wirtschaftsministerium einen Plan unterbreitet, der darauf hingeht, mit Hilfe ausländischen Kapitals den Juden die Auswanderung aus Deutschland zu ermöglichen. Im Zusammenhang mit diesem Plan könne es notwendig werden, den Juden auch auf wirtschaftlichem Gebiet eine gewisse Selbständigkeit einzuräumen, denn nur diejenigen deutschen Juden könnten damit rechnen, von einem anderen Lande aufgenommen zu werden, die entweder Kapital oder irgendeine Vorbildung besitzen. Man werde also den Juden mindestens gestatten müssen, die notwendigen Schulen einzurichten. Ministerialdirektor Sommer wies daraufhin, dass reiche Juden im allgemeinen nicht gern auswandern werden. Man dürfe also den Juden nicht allzu grosse Möglichkeiten zur wirtschaftlichen Betätigung offen lassen. Andererseits solle aber auch die Bildung eines jüdischen Proletariats verhindert werden. Man werde nicht darum herumkommen, den Juden auch, abgesehen von der kulturellen und religiösen Betätigung und dem Schulwesen, einige Selbstverwaltungseinrichtungen zu gestatten, wie z. B. den jüdischen Frontkämpferbund, jüdische Blindenvereine, Einrichtungen der jüdischen sozialen Fürsorge u. ä.

Es sei notwendig, den Juden auch die Möglichkeit zu einer Ausbildung in der Landwirtschaft zu geben. Der Ernährungsminister müsste wohl seinen bisher in dieser Frage eingenommenen ablehnenden Standpunkt aufgeben. Im übrigen würden auch gegen Schulen zur gewerblichen Ausbildung keine Bedenken bestehen. Staatssekretär Dr. Posse stimmte dem zu.

Staatssekretär Dr. Stuckart stellte zusammenfassend fest: Schulen und sonstige Einrichtungen, die der Vorbereitung der jüdischen Auswanderung dienen, sollen geduldet werden. Jedoch muss sichergestellt werden, dass die Auswanderung auch tatsächlich erfolgt. Diese Sicherstellung sei besonders für das Gebiet der gewerblichen Wirtschaft notwendig. Auf dem Gebiete der Landwirtschaft sei eine gewisse Gewähr für die Auswanderung gegeben, da in Deutschland für einen Juden kaum die Möglichkeit bestehen dürfte, sich dauernd in der Landwirtschaft zu betätigen.

Staatssekretär Dr. Stuckart schnitt dann die Frage des Ziellandes der jüdischen Auswanderung an. Es müsse geklärt werden, wohin der Strom der jüdischen Auswanderung gelenkt werden soll. Dabei sei zu bedenken, dass die deutschen Juden im allgemeinen den Einwohnern des Ziellandes überlegen sein werden; so besonders in den südamerikanischen Staaten. Es könne daher nicht ausbleiben, dass die Juden dort bald zu Einfluss kommen werden und dort eine deutschfeindliche Wirtschaftsschicht bilden würden. Aus diesem Grunde sei bisher in erster Linie die Auswanderung der Juden nach Palästina gefördert worden. Reichsamtsleiter Dr. Blome vertrat die Auffassung, erster Grundsatz müsse sein, Auswan derung der Juden unter allen Umständen. Man solle keine nur auf Palästina eingestellte Auswanderungspolitik treiben.

Staatssekretär Dr. Posse wies darauf hin, dass dann, wenn die Auswanderung der Juden mit Hilfe ausländischen Geldes ermöglicht werde, eine Einflussnahme auf die Wahl des Ziellandes nicht gegeben sein wird.

Staatssekretär Dr. Stuckart erklärte abschliessend, dass selbstverständlich die Auswanderung der Juden ohne Rücksicht auf das Zielland gefördert werden müsse, dass aber deutsche Mittel in erster Linie für Palästina angesetzt werden könnten. Auf die Frage, ob nicht auf die Presse eingewirkt werden soll, dass nicht durch besonders betonte Berichte über judenfeindliche Vorgänge im Ausland, wie etwa in Palästina, den Juden die Lust an der Auswanderung genommen wird, erklärte Min.Dir. Sommer, man könne es anderen Völkern nicht übel nehmen, wenn sie sich gegen die Juden wehren. Eine Einwirkung auf die Presse erscheine nicht angebracht.

Die Erörterung der Frage der Behandlung der jüdischen Mischlinge und jüdisch versippten Personen in der Wirtschaft ergab Übereinstimmung dahin, dass alle Massnahmen auf Juden (§ 5 der Ersten Verordnung zum Reichsbürgergesetz) beschränkt bleiben sollen. Die jüdischen Mischlinge und jüdisch versippten Personen sollen in wirtschaftlicher Beziehung den Deutschblütigen gleichgestellt sein.

Die Erörterung der in dem Schreiben des RMdl vom 3. Juni 1936 enthaltenen Fragen ergab folgendes:

1.) Aus dem Auskunfteiwesen, dem Bewachungsgewerbe, der Ehevermittlung (mit Ausnahme der Vermittlung jüdischer Ehen), dem Waffenhandel und dem Wandergewerbe sollen die Juden ausgeschlossen werden.

Ministerialdirektor Sommer regte an, auch keine jüdischen Reisebüros mehr zu dulden. Denn diese Büros gingen darauf aus, den Reisestrom in Länder zu lenken, in denen auf die deutschen Reisenden in deutschfeindlichem Sinne eingewirkt würde. Staatssekretär Posse sagte zu, eine Prüfung der Frage zu veranlassen.

Die Entscheidung über diese Frage wurde der Chefbesprechung Vorbehalten.

2.) Zur Frage des Ausschlusses der Juden vom Grundstückshandel wies Staatssekretär Dr. Posse darauf hin, dass sich dieser Gewerbezweig weitgehend noch in jüdischen Händen befinde, in Berlin etwa zu 90 %. Der völlige Ausschluss der Juden müsse daher zwangsläufig zu einer Erschütterung des Grundstückshandels führen.

Es wurde Übereinstimmung erzielt, dass diejenigen Juden, die jetzt den Grundstückshandel betreiben, bis auf weiteres belassen werden sollen. Dabei sei jedoch die Frage zu prüfen, welche Möglichkeiten bestehen, um jüdische Maklerfirmen, die in Form einer Gesellschaft geführt werden, ebenfalls mit der Zeit zum Verschwinden zu bringen. (In Betracht kommt die Einführung des Erlaubniszwanges für neue Gesellschafter oder für die Gesellschaft bei einer Änderung in der Zusammensetzung des Vorstandes oder des Aufsichtsrates.) Für die Zukunft sollen jedoch jüdische Grundstücksmakler nicht mehr zugelassen werden (Konzessionspflicht).

3.) Zur Frage der Waffenherstellung erklärte Min. Dir. Sommer, es sei nicht tragbar, dass jüdische Firmen Waffen hersteilen und damit an der deutschen Aufrüstung verdienen. Den Juden sei daher die Waffenherstellung zu verbieten. Dieses Ziel könne erreicht werden durch folgende Massnahmen:

a) Ausschluss der Juden aus dem Vorstand und Aufsichtsrat aller Firmen, die sich mit der Waffenherstellung befassen,

b) zwangsweise Umbildung der jüdischen Kapitalbeteiligung an diesen Firmen in Obligationen mit einer Verzinsung von höchstens 4 %.

Die Entscheidung über diese Frage wurde der Chefbesprechung Vorbehalten.

Es solle jedoch zunächst durch das Wirtschaftsministerium geprüft werden, welche Firmen in Betracht kommen.

4.) Es wurde Übereinstimmung dahin erzielt, dass es zwar notwendig ist, ausser den Juden auch die jüdischen Mischlinge von dem Kultur schaffen auszuschliessen, dass es aber nicht gerechtfertigt erscheint, die jüdischen Mischlinge auch von der Betätigung in den kultur wirtschaftlichen Betrieben auszuschliessen, wie das zur Zeit durch das Propagandaministerium geschieht. Es werde daher an dieses Ministerium herangetreten werden müssen, um eine Änderung der bisherigen Praxis zu erreichen.

5.) Min.Rat Dr. Hoppe wies daraufhin, dass es nicht angehen werde, dem einzelnen Geschäftsmann als Parteigenossen zu verbieten, mit Juden geschäftliche Beziehungen zu unterhalten, denn es gäbe noch gewisse Gewerbezweige, die sich ganz oder fast ganz in jüdischen Händen befinden. Es sei daher praktisch nicht möglich, den Bedarf bei nichtjüdischen Firmen zu decken. Auch müsse ein solches Verbot zu schweren Schädigungen des deutschen Aussenhandels führen, ganz abgesehen davon, dass sich bei ausländischen Firmen in der Regel nicht feststellen lässt, ob es sich um eine jüdische oder nichtjüdische Firma handelt.

 

Nach eingehender Erörterung dieser Frage wurde Übereinstimmung erzielt, dass Beschränkungen für Parteigenossen und Beamte im geschäftlichen Verkehr mit Juden und jüdischen Firmen nur für die Verbraucher gelten sollen, nicht aber für den internen geschäftlichen Verkehr und nicht für das gesamte Gebiet der Aus- und Einfuhr.

Der Verkauf an Juden solle schlechthin zulässig sein.

6.) Was den Kreis der Personen anlangt, die Beschränkungen unterworfen werden sollen, so bestand Übereinstimmung, dass erfasst werden sollen die Mitglieder der NSDAP., der Gliederungen, der Wehrmacht und des Arbeitsdienstes, nicht aber auch die Mitglieder der angeschlossenen Verbände.

Zur Frage der Ausdehnung des Verbots auf Beamte teilte Min.Rat Dr. Hoppe mit, dass Herr Präsident Schacht voraussichtlich einem solchen Verbot für seinen Geschäftsbereich widersprechen werde.

Staatssekretär Dr. Stuckart erklärte dazu, dass für das Verbot in erster Linie beamtenpolitische Gründe sprechen. Der Beamte gelte als Repräsentant des Staates. Es könne daher nicht angehen, dass es ihm gestattet sei, in jüdischen Geschäften zu kaufen.

Staatssekretär Dr. Posse machte den Vorschlag, den Beamtenbegriff hier zu differenzieren. Als gangbar wurde der Weg angesehen, das Verbot zu beschränken auf Beamte im Sinne des staatsrechtlichen Beamtenbegriffs und es insbesondere nicht auszudehnen auf Angestellte und Arbeiter im öffentlichen Dienste.

7.) Staatssekretär Dr. Posse schnitt die Frage an, ob es beanstandet werden solle, wenn für eine deutsche Firma im Ausland jüdische Vertreter tätig sind. Solche Fälle würden in der Regel durch die Auslandsorganisation der NSDAP, aufgerollt, die von den Firmen die Entlassung der jüdischen Vertreter verlange. Aus der Praxis ergäbe sich jedoch, dass die Entlassung der jüdischen Vertreter meist erhebliche Störungen des deutschen Aussen-handels und damit des Devisenaufkommens nach sich ziehe.

Die Erörterung dieser Frage ergab, dass in der Regel nicht zu beanstanden sein wird, wenn ein jüdischer Vertreter für eine deutsche Firma im Ausland tätig ist.

Die Regelung von Einzelfällen soll dem Wirtschaftsministerium Vorbehalten bleiben. In Österreich sollen jedoch - wo möglich - keine jüdischen Vertreter für deutsche Firmen auftreten.

8.) Die Besprechung der Frage, inwieweit es der öffentlichen Hand gestattet sein soll, mit Juden in geschäftliche Beziehungen zu treten, insbesondere öffentliche Aufträge an Juden zu erteilen, ergab, dass sich ein striktes Verbot zur Zeit nicht durchführen lassen wird. Die Regelung müsse wohl auf der Linie erfolgen, dass an jüdische Firmen nur notfalls öffentliche Aufträge vergeben werden dürfen. Bereits dieser Grundsatz würde eine erhebliche Verschärfung der bisher geltenden Richtlinien bedeuten.

Die Grundsätze, nach denen die NSDAP, bei ihren Aufträgen verfährt, müssen ihr überlassen bleiben, jedoch muss der Begriff des jüdischen Geschäfts für Partei und Staat der gleiche sein.

9.) Es bestand Übereinstimmung, dass jüdischen Firmen das Hissen der Reichs- und Nationalflagge zu verbieten ist. Zwar müsse anerkannt werden, dass die deutsche Gefolgschaft eines jüdischen Betriebes meist ein Interesse und auch ein gewisses Recht auf die Beflaggung ihres Betriebes haben wird. Die Berücksichtigung der Gefolgschaft müsse aber nicht im Zusammenhang mit der Flaggenfrage, sondern bei der Aufstellung des Begriffs des jüdischen Geschäfts erfolgen.

10.) Übereinstimmend wurde anerkannt, dass ein dringendes Bedürfnis besteht zu klären, welche Betriebe als jüdische Betriebe anzusehen sind. Dabei ergaben sich in erster Linie drei Fragen:

a) Welche materiellen Bestimmungen sollen zur Anwendung kommen? - Als Grundlage wird der vom RMdl vorgelegte Entwurf dienen können. Bedenken grundsätzlicher Art wurden gegen diesen Entwurf nicht geäussert.

b) Welche Stellen sollen zur Entscheidung berufen sein? Auch hier soll von der im Entwurf des RMdl vorgesehenen Regelung ausgegangen werden. An der Entscheidung wird eine Parteidienststelle zu beteiligen sein. Es solle geprüft werden, ob nicht für diese Entscheidung in jedem Gau ein Sonderbeauftragter aufgestellt werden kann.

c) In welcher Form sollen die Vorschriften ergehen? Eine Verordnung zum Reichsbürgergesetz würde zweifellos grosses Aufsehen erregen. Es sei daher daran zu denken, die Bestimmungen lediglich in die Form eines Erlasses zu kleiden. Dieser würde zwar keine gesetzliche Kraft haben. Wenn jedoch unter den beteiligten Ressorts volle Übereinstimmung bestehe und die Vorschriften einheitlich von den staatlichen Stellen und den Parteidienststellen angewendet werden, dann könnte dadurch doch praktisch derselbe Erfolg erreicht werden wie durch eine Verordnung. Es komme in erster Linie darauf an, die Unruhe, die im Wirtschaftsleben hinsichtlich der Unklarheit über den Begriff des jüdischen Geschäfts besteht, zu beseitigen. Diesem Zwecke könnte auch ein Erlass dienen.

Die Entscheidung über diese Frage wurde der Chefbesprechung Vorbehalten, n. Die Kennzeichnung der jüdischen Geschäfte ist auf Anordnung des Führers bisher unterblieben. Es müsse daher in Erwägung gezogen werden, eine einheitiiche Kennzeichnung aller nichtjüdischen Geschäfte einzuführen. Evtl. solle für diesen Zweck ein besonderes Zeichen geschaffen werden, das auch von den jüdischen Mischlingen und insbesondere auch von den Ausländern geführt werden darf. Das Zeichen könne etwa da angebracht werden, wo nach den Vorschriften der Gewerbeordnung der Name des Geschäftsinhabers anzubringen ist. Um jede Art von Kennzeichnung werde man nicht herumkommen, denn wenn gewissen Personenkreisen der Einkauf in jüdischen Geschäften verboten wird, dann müssen diese Personen auch die Möglichkeit haben, festzustellen, ob im Einzelfall ein Geschäft jüdisch ist oder nicht.

Diese Art der Kennzeichnung sei naturgemäss beschränkt auf die offenen Ladengeschäfte. Für die übrigen jüdischen Unternehmungen wird man den Plan der Anlegung eines besonderen Verzeichnisses weiterverfolgen müssen. Denn insbesondere bei der Frage der Vergebung öffentlicher Aufträge und bei der Durchführung des Flaggenverbots bestehe ein Bedürfnis, sich schnell und zuverlässig über die einzelnen Betriebe zu unterrichten. Die Einzelheiten werden noch festzulegen sein.

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