Brief von Staatssekretär Pfundtner an den bayerischen Ministerpräsidenten
Staatssekretär Pfundtner beschwert sich beim bayerischen Ministerpräsidenten am 30. August 1936 über jüdische Kurgäste in Bad Kissingen:
Sehr verehrter Herr Ministerpräsident!
Mit verbindlichem Dank für Ihr freundliches Schreiben vom 21. d. M. darf ich Ihnen mitteilen, daß ich seit 4 Tagen hier im staatl. Kurhaushotel wohne und mich in Kissingen wieder ganz wohl fühle. Zwei Dinge sind allerdings geeignet, den hiesigen Aufenthalt etwas zu beeinträchtigen. Das eine ist der gerade um das Kurhaushotel besonders starke Auto- und Motorradverkehr, namentlich der Laster, der mit Maschinengewehrgeknatter oft bis in die späte Nacht und wieder an den Morgen währt. Ich glaube, man wird für diesen Verkehr doch einmal an eine Umgehungsstraße denken müssen, damit wenigstens der eigentliche Kurhaus- und Kurgartenkomplex einigermaßen lärmfrei wird. Schon jetzt könnte m. E. mit Polizeiverordnung oder Polizeivorschrift gesorgt werden, daß der übermäßige Lärm durch Knattern oder Hupen, namentlich in der Nacht, eingeschränkt wird.
Das zweite sind die vielen Juden! Ich habe in den [letzten] Jahren nirgends so viel Juden beisammen gesehen, wie jetzt hier in Kissingen. An manchen Orten, wie z. B. an der Saline, sind sie direkt „massiert“. Ich glaube, daß Stadt- und Badverwaltung hiergegen doch etwas tun müssen, zumal ja die Olympiade jetzt vorbei ist. Bei aller Duldsamkeit gegenüber einzelnen Schwerkranken braucht Kissingen doch wohl kein Judenbad zu werden!
Für Ihre mir wieder zu teil gewordenen Freundlichkeiten, insbesondere auf jagdlichem Gebiet, herzlichen Dank! Am Parteitag werde ich voraussichtlich nur teilweise anwesend sein! Danach will ich mit meiner Frau im Auto nach Oberbayern (Garmisch). Beim Passieren von München möchte ich mir u. a. auch die Nymphenburger Porzellanfabrik ansehen! Hoffentlich dann auf Wiedersehen!
Mit den besten Grüßen und Empfehlungen von Jahr zu Jahr und Heil Hitler,
Ihr sehr ergebener