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Chronik und Quellen
1936
Mai 1936

Schlachthofdirektor kündigt Geschäftsbeziehung

Schlachthofdirektor Karl Boerner kündigt Gustav Schroeder in Waren (Müritz) am 30. Mai 1936 die geschäftlichen Beziehungen auf:

Sie haben mich in die ausserordentlich peinliche Lage versetzt, trotzdem Sie mir persönlich nichts getan haben, Ihnen die bisherigen Beziehungen zu mir und meiner Familie aufsagen zu müssen. Parteiseits ist amtlich durchgegeben worden, dass Sie mit dem Juden Leopold geschäftliche Beziehungen unterhalten, ja dass Sie dessen Waren vertreiben. Es wird sogar angenommen, dass die Drahtbürsten für Schlachthof und Wasserwerk aus diesen jüdischen Händen stammen.

Als Städtischer Schlachthofdirektor ist es ganz unmöglich, dass ich oder jemand aus meiner Familie Beziehungen irgendwelcher Art zu Ihnen unterhalten kann. Sie wissen, dass parteiseits derartige Beziehungen zu Juden als Volksverrat und Judenknechtschaft angesehen w[erden]. Ich muss sogar die gekauften Bürsten Ihnen zur Verfügung stellen, da Judenware natürlich nicht stadtseits gekauft werden kann. Ihre Ursprungsangabe, dass diese Bürsten aus Röbel stammen, wird nicht geglaubt.

Es ist mir ausserordentlich peinlich, Ihnen solche Mitteilung machen zu müssen. Aber ich tue dies ja nicht aus persönlichen Motiven. Jedoch die sachlichen Motive sind sehr schwerwiegend und in meinem Angestelltenverhältnis absolut zwingend, solange Sie nicht den gegen Sie bestehenden Vorwurf parteiamtlich entkräften können. Persönlich kann ich nur dazu sagen, dass mir jedes Verständnis fehlt, sollten Sie tatsächlich derartige Beziehungen unterhalten. Solche sind doch einfach nicht zu verbergen. Es gibt keine Vorteile, die die Nachteile solcher Beziehungen aufwiegen können.

Ich darf wohl annehmen, dass Sie wohl die Peinlichkeit wie die zwingende Notwendigkeit meiner Mitteilung einsehen werden.

Mit den besten Wünschen für Ihre Zukunft

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