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Chronik und Quellen
1936
März 1936

Deutscher Gemeindetag an Stuttgarter Oberbürgermeister

Der Deutsche Gemeindetag stellt dem Oberbürgermeister von Stuttgart am 3. März 1936 frei, Beschränkungen für Juden in städtischen Bädern einzuführen:

Betr.: Juden in städt. Bädern

Zum Schreiben vom 21.2.1936 - 7-E/941/22

Wegen der Benutzung der städtischen Bäder durch Juden hat der Deutsche Gemeindetag eine Eingabe an den Herrn Reichs- und Preussischen Minister des Innern gerichtet. Der Bescheid auf diese Eingabe steht noch aus. Die Stellungnahme des Deutschen Gemeindetages ersehen Sie aus dem in der Anlage beigefügten Auszug der Eingabe. Bekanntlich haben die zuständigen Reichsstellen ein Verbot aller Einzelaktionen in der Judenfrage ausgesprochen. Im Zusammenhang hiermit hat der Reichs- und Preussische Wirtschaftsminister unter dem 12.12.1935 mitgeteilt, dass sowohl der Stellvertreter des Führers als auch der Reichs- und Preussische Minister des Innern seiner Auffassung zugestimmt hätten, wonach unter Einzelaktion alle gegen Juden gerichteten Massnahmen zu verstehen seien, die nicht auf einer ausdrücklichen Anordnung der Reichsregierung oder der Reichsleitung der NSDAP beruhen.

Der Deutsche Gemeindetag ist jedoch der Auffassung, dass durch dieses Verbot der Einzelaktionen die einzelnen Gemeinden nicht gehindert sind, die Benutzung von Bädern durch Juden besonders zu regeln. Diese Auffassung wird auch von den Sachbearbeitern im Reichsund Preuss. Ministerium des Innern geteilt. Die räumliche und zeitliche Beschränkung der Benutzung für Juden gründet sich auf eine reichsgesetzliche Bestimmung (§ 17 DGO) sowie auf die Ausführungsanweisung zu § 17 Ziffer 2. Hiernach können die Gemeinden die Voraussetzungen, Bedingungen und die Art und Weise der Benutzung näher regeln. Die zeitliche und räumliche Absonderung der Juden bei der Benutzung von Badeanstalten der Gemeinde ist also keine Massnahme, die einer ausdrücklichen Anordnung der Reichsregierung entbehrt. Eine solche Handhabung bedeutet auch nicht schlechthin die Aus Schliessung der Juden von der Benutzung. Welche Regelung die grösseren Städte im einzelnen getroffen haben, darüber liegt dem Deutschen Gemeindetag leider erschöpfendes Material nicht vor. Ich werde jedoch in Erwägung ziehen, zumal die Stellungnahme des Herrn Reichs- und Preuss. Ministers des Innern auf meine Eingabe noch immer aussteht, eine Rundfrage zu veranstalten. Soweit hier aus den Akten bekannt ist, beabsichtigt z. B. Frankfurt a. M. den Nichtariern ein besonderes städtisches Strandbad für die Sommermonate zur Verfügung zu stellen und sie von den sonstigen städtischen Strandbädern auszuschliessen. Ebenso hat Stettin die Benutzung bestimmter städtischer Schwimmbäder den Juden überhaupt verboten und im übrigen die Benutzung eines Bades den Juden nur an einem bestimmten Tage jeder Woche freigegeben.

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