Vermerk des Reichserziehungsministeriums (Ministerialdirektor Kunisch?)
Ein leitender Beamter des Reichserziehungsministeriums berichtet über die Chefbesprechung am 12. Dezember 1935 zur Fortführung der antijüdischen Politik:
1) Vermerk:
An der heutigen Chefbesprechung über die Judenfrage habe ich teilgenommen. Sie war sehr zahlreich von sämtlichen Ministern bezw. deren Stellvertretern besucht.
Zu den uns berührenden Fragen wurde von Herrn Reichsminister Frick und Herrn Staatssekretär Stuckart folgendes erklärt: Die Juden (hier und im folgenden sind immer die Juden nach den Nürnberger Gesetzen also Voll- und Dreivierteljuden gemeint) müssen aus den Volksschulen heraus und in eigene öffentliche Schulen gebracht werden. Die Mischlinge müssen in den normalen öffentlichen Schulen, also nicht in den Judenschulen, untergebracht werden, da sie ja wie Deutsche zu behandeln seien.
Auch aus den höheren Schulen seien die Juden zu entfernen. Es sei den Juden zu überlassen, sich selbst private höhere Schulen zu schaffen. Von den bestehenden Gesetzen wurde nur erklärt, sie müßten auf den neuen Judenbegriff abgestimmt werden.
Bezüglich der Hochschulen wurde erklärt, die Mischlinge müssen unbeschränkt auf die Hochschulen gelassen werden. Der als Vertreter des Stellvertreters des Führers anwesende Reichsärzteführer Wagner brachte die Sprache auf die Reichsschaft der deutschen Studierenden und verlangte, daß diese ebenfalls die Mischlinge aufnehmen müsse. Die Auslese sei lediglich Sache des NS-Studentenbundes, dem ja die politische Erziehung der Studenten von unserem Minister übertragen sei.
Ich habe dagegen entschieden und mit längerer Begründung protestiert. Herr Minister Frick stellte sich jedoch auf denselben Standpunkt.
Ich erklärte, daß wir für die Reichsschaff der Studierenden einen Antrag auf Beibehaltung der Parteibestimmungen bereits in Arbeit hätten. Die Nichtzugehörigkeit zur Deutschen Studentenschaft hindere ja niemanden zu studieren.
Bezüglich der Hochschulen für Lehrerbildung und ähnlichen Anstalten, die ausschließlich die Ausbildung späterer Lehrer oder Beamten zum Ziel haben, wurde trotz der Tatsache, daß Mischlinge als Lehrer und Beamte nicht angestellt werden könnten, ihre Aufnahme verlangt.
Bezüglich des Landjahres herrschte Übereinstimmung, daß die Zugehörigkeit des einzelnen Landjahrpflichtigen und Landjahrführers zur Hitlerjugend die Anwendung der Parteigrundsätze notwendig mache.