Kölner Synagogengemeinde auf dem Weg zu Gettohäusern
Am 3. Mai 1941 setzt die Synagogengemeinde Köln ihre Mitglieder über die geplante Neuverteilung von Wohnraum für die jüdische Bevölkerung in Kenntnis:
Köln, 3. Mai 1941
Roonstr. 2
Jüdische Kultusvereinigung, »Synagogengemeinde Köln e. V.«
Abteilung Wohnungsberatung
An alle Juden in Köln!
Das Gesetz über Mietverhältnisse mit Juden vom 30. April 1939 bestimmt, dass Juden nur in jüdischen Häusern wohnen dürfen. Ein erheblicher Teil unserer Gemeindemitglieder ist aber noch in arischen Häusern untergebracht. Nunmehr ist jedoch die Anordnung ergangen, dass sämtliche arischen Häuser und ferner eine Anzahl jüdischer Häuser kurzfristig von ihren jüdischen Bewohnern freizustellen sind.
Die uns hiermit gestellte Aufgabe ist bei dem geringen zur Verfügung stehenden Gesamtraum nur dadurch zu lösen, dass jeder Einzelne auf ein Mindestmaß von Raum beschränkt wird. Es wird in Zukunft grundsätzlich nur ein Raum je Familie zur Verfügung stehen, einzelstehende Personen werden sich darauf einrichten müssen, dass mehrere Männer oder Frauen in einem Zimmer untergebracht werden.
Die Hansestadt Köln wird der jüdischen Kultusvereinigung diejenigen Häuser mitteilen, die zunächst zu räumen sind. Der Zeitpunkt wird so gewählt werden, dass den jüdischen Mietern Gelegenheit bleibt, ordnungsgemäß zu kündigen. (Hierbei geht man von der Voraussetzung aus, dass im allgemeinen das Mietverhältnis mit Monatsfrist kündbar ist, in Fällen längerer Kündigungsfrist wird die Stadt durch Verhandlungen mit dem Vermieter eine vorzeitige Auflösung des Vertrags herbeiführen.
Wir bitten diejenigen, die heute noch in arischen Häusern wohnen, mit ihren Freunden und Bekannten in jüdischen Häusern zu überlegen, ob sie dort untergebracht werden können. [...] Unter die Räumungsordnung fallen nicht:
a) Mischehen, in denen der Mann Arier ist
b) Mischehen, aus denen Kinder hervorgegangen sind, die einer christlichen Religionsgemeinschaft angehören
Wir bitten davon Kenntnis zu nehmen, dass uns die Verpflichtung auferlegt ist, Personen, die sich weigern, unseren Anordnungen Folge zu leisten, der Hansestadt Köln zu melden. Wir erwarten, dass es zu solchen Weigerungen nicht kommen wird, sind vielmehr überzeugt, dass sich jeder im wohlverstandenen eigenen und Gemeinschaftsinteresse den Notwendigkeiten mit Verständnis und Disziplin unterwirft. Wir appellieren an die immer erwiesene Einsicht und Vernunft der Beteiligten, dazu beizutragen, dass wir die uns gestellte Aufgabe reibungslos lösen können.
Dr. Albert Israel Kramer Siegfried Israel Bernhard
Vorsitzender Leiter der Wohnungsberatung