Erinnerungen an das Pogrom in Köln
Elias Bogen berichtete 1988 über seine Erlebnisse in der Pogromnacht:
„Ich wohnte seit dem Jahre 1905 in Köln und am 10. November 1938 im Zentrum der Altstadt, in der Straße Perlenpfuhl, Ecke Hohe Straße. An diesem Morgen wollte ich geschäftlich in die Umgebung von Köln fahren, wurde aber plötzlich durch Schreien und Toben auf der Straße erschreckt und konnte durch das Fenster zur Straße beobachten, wie eine Horde von Nazis mit dicken Knüppeln und Stangen bewaffnet, schrie „Juda verrecke" und „Tod den Juden." Sofort bat ich meine Frau, sich anzuziehen und auch die beiden Kinder von 3 Jahren und 6 Monaten alt. Wir verließen sofort die Wohnung und sahen zu unserem größten Erstaunen, wie jüdische Geschäfte zertrümmert waren und die Schaufensterscheiben eingeschlagen, wie die weit über 100 Jahre alte Synagoge in der Glockengasse vom Feuer total zerstört und das sich gegenüber befindliche Restaurant „Silberbach" von Nazis zertrümmert wurde und die Tische und Stühle mit Äxten zerhackt waren. Ein Bild des Grauens bot sich uns beim Rundgang durch die Straßen, man sah, wie aus jüdischen Wohnungen die Möbeln durch die Fenster auf die Straße geworfen wurden, um sie auf diese Weise zu zerstören. Auch die neue Synagoge in der Roonstraße war durch Feuer vernichtet, auch die Synagoge der orthodoxen Gemeinde in der St. Apernstraße. An allen Geschäften klebten Schilder „Deutsches Geschäft. Eintritt für jeden Juden verboten." Verboten war auch der Besuch von Cafes, Restaurants und Theatern, selbst auf den Bänken in den öffentlichen Anlagen durfte man sich nicht mehr hinsetzen. Mir wurde plötzlich klar, daß ein weiteres Verbleiben in Deutschland mit Lebensgefahr verbunden ist, und beschloß, das Land für immer mit Frau und Kindern zu verlassen. Ich erinnerte mich an den Rat, den mir bereits im Jahre 1935 ein Angehöriger der SS von der Nazipartei gab, Deutschland zu verlassen, aber nicht in Europa zu bleiben, sondern nach Übersee auszuwandern, denn es wird Krieg geben und man wird alle Juden, gleich welcher Nationalität, umbringen. Diesen Rat befolgte ich sofort, eine Woche nach der sogenannten Reichskristallnacht.“