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Chronik und Quellen
1938
November 1938

Erinnerungen an das Pogrom in Köln

Der 1911 geborene R.B. berichtete 1983:

„Ab 1937 war ich für verschiedene Kölner Firmen im Außendienst tätig, u.a. auch für die jüdische Firma Fürst & Schönholz, die Damenhüte billiger Art und Kamevalskopfbe-deckungen herstellte, als sog. „Schabbesgoj". Darunter verstand man normalerweise einen Nichtjuden, der in einem jüdischen Betrieb oder Geschäft die Umgehung des Sabbat-Arbeitsverbotes ermöglichte. Ob dies der alleinige Grund war, weshalb ich von der Firma Fürst & Schönholz eingestellt worden war, weiß ich nicht. Es ist natürlich auch möglich, daß Herr Schönholz keinen Handelsvertreterausweis mehr besaß und deshalb auf meine Mitarbeit angewiesen war. Möglich ist auch, daß er sich aus Vorsicht (zur Tarnung gegenüber seinen Kunden) mit einem „Schabbesgoj" umgab, zumal mit einem wie ich, der aussah wie ein „Edelgermane".

1938, im November, war ich mit Herrn Schönholz im Ruhrgebiet, in Essen, unterwegs; wir hatten dort übernachtet. Als wir wach wurden, roch es sehr nach Brand. Als wir aus dem Fenster guckten, sahen wir Rauch aufsteigen. Bei weiterem Nachforschen erfuhren wir, daß es die Synagoge war, die man während der Nacht in Brand gesetzt hatte.

Wir sind dann sofort nach Köln zurückgefahren, zum Mauritiussteinweg 81, wo sich die Firma befand. Als wir in das Haus gehen wollten, kamen uns SA-Leute entgegen. Die hatten dort „ein bißchen aufgeräumt". Sie hatten keinem der Anwesenden etwas angetan, nur, wie gesagt, in der Wohnung und im Betrieb „ein bißchen aufgeräumt". Anschließend bin ich dann in der Stadt gewesen, auf der Schildergasse. Dort habe ich dann mit eigenen Augen gesehen, daß an vielen Geschäften die Scheiben eingeschlagen worden waren und Gegenstände auf der Straße lagen; zu Plünderungen war es auch gekommen.

Dann erinnere ich mich noch an eine ganz bestimmte Situation: Ein Trupp Männer kam die Schildergasse herauf, vom Neumarkt her; alle trugen Zivil, und ich weiß nicht, wer es mir gesagt hat, wahrscheinlich war es einer der Umstehenden: „Och, dat sin die ja aus Euskirchen!"

Polizei gab es ja nicht an diesem Tag. Die hatte Hausarrest, oder hieß es Ausgehverbot? Das Polizeipräsidium befand sich damals in der Krebsgasse/Ecke Schildergasse, aber weit und breit war kein Polizist zu sehen.

An der Spitze des Trupps marschierte ein Einzelner, wahrscheinlich der Anführer. Der Trupp marschierte mit wachen Augen, um ja nicht ein einziges jüdisches Geschäft zu übersehen, dessen Schaufenster noch nicht kaputt waren.

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