Runderlass der Gestapo an alle Staatspolizeistellen und Politische Polizeien
Die Politischen Polizeien der Länder werden am 11. September 1935 aufgefordert, Juden rechtzeitig vor deren Emigration für eine Kontrolle beim Landesfinanzamt zu melden:
Betr: Die Zentrale Nachrichtenstelle beim Landesfinanzamt Berlin.
Der Präsident des Landesfinanzamts Berlin weist erneut darauf hin, dass bei seiner Behörde eine Zentrale Nachrichtenstelle errichtet ist, die sich insbesondere mit Massnahmen gegen alle Arten von Steuerhinterziehungen, Kapitalflucht, Vermögensschiebungen und dergl. befasst.
Im Hinblick darauf, dass in letzter Zeit Juden, deren Ausreise dem Landesfinanzamt verspätet zur Kenntnis kam, durch Steuerhinterziehung pp. eine finanzielle Schädigung des Reichs herbeigeführt haben, bittet der Präsident des Landesfinanzamts, alle bekannt werdenden Fälle, in denen Juden und insbesondere jüdische Geschäftsleute die Ausreise vor bereiten, der Zentralen Nachrichtenstelle zugleich unter Angabe der genauen Personalien und der Wohnung des Verdächtigen Nachricht zukommen zu lassen.
Die Zentrale Nachrichtenstelle hat die ihr zugehenden Unterlagen den zuständigen Landesfinanzämtern zugänglich zu machen und sie auf Grund ihres sonstigen, über den Einzelfall hinausreichenden Materials bei der Bearbeitung nach Möglichkeit zu unterstützen. Wenn sich das anfallende Material über mehrere Landesfinanzämter erstreckt, hat die Zentrale Nachrichtenstelle die erforderlichen Zusammenhänge und Verbindungen herzustellen und für die notwendige Zusammenarbeit zu sorgen.
Die Geschäftsräume der Zentralen Nachrichtenstelle befinden sich im Landesfinanzamt Berlin NW 40, Alt-Moabit 144. In besonders eiligen Fällen genügt der fernmündliche Anruf unter C 5 6601.