Schreiben von „E. Müller“aus Leipzig mit Ausschnitt aus einer unbekannten Zeitung
Ein Leipziger Bürger macht dem Bürgermeister Haake Ende August/Anfang September 1935 Vorschläge zur weiteren Ausgrenzung der Leipziger Juden:
„Bänke für arische Kurgäste“ in Polen
dnb Warschau, 7. Juli. Das erwachende Rassebewußtsein des polnischen Volkes verschafft sich auf allen Gebieten des öffentlichen Lebens Geltung. Nach dem Versuch zahlreicher Vereine und Berufsverbände den Arierparagraphen einzuführen, hat jetzt eine Anordnung der Kurleitung des in Polen sehr bekannten Badeortes Szczewnica in jüdischen Kreisen starke Beunruhigung hervorgerufen. Die Kurdirektion hat im Kurpark eine Reihe von Bänken „nur für arische Kurgäste“ reserviert. Die Juden erblicken in dieser Neueinführung den ersten Schritt zur Einführung „judenfreier“ Erholungsstätten in Polen.
[Sehr geehrter Herr Bürgermeistjer Haake!
Verzeihen Sie, wenn ein Volksgenosse Ihre kostbare Arbeitszeit in Anspruch nimmt, aber da sie als energisch und verständnisvoll und unerschrockener Kämpfer für die Ziele unseres Führers bekannt sind, so wende ich mich im Interesse Aller an Sie persönlich.
Die beigefügte Notiz, die ich einer ostpreussischen Zeitung entnahm, erinnerte mich an das Aergernis, daß die hiesigen Juden im Rosen tal erregen, die immer noch glauben, Sonderrechte beanspruchen zu können. Jeder klagt darüber, dass die grösste Anzahl der Ruhebänke von den Söhnen und Töchtern Israels beschlagnahmt werden, und die auch nicht wanken und weichen, wenn „Arier“ Platz nehmen wollen, so entbrennt immer ein heimlicher Kampf zwischen beiden, mit dem Endeffekt, dass die unverschämten und abgebrühten „Itzigs“ siegen. Zugegeben, dass die Juden auch Steuerzahler sind und es sich beim Rosental um eine öffentliche Anlage handelt, so darf doch die Anmassung nicht soweit gehen, dass die Juden sich dort „zuhause“ fühlen.
Ebenso verhält es sich mit den Sportplätzen, so z. B. in der Anlage des Turn- und Sportplatzes 1867. An schönen Sommertagen sitzen Juden mit ihren Angehörigen im kleinen Garten der Kantinenwirtschaft und „aalen“ sich in der Sonne. Aber wenn ihnen der Zutritt in den städtischen Bädern verboten ist, so müßte es doch unmöglich sein, dass sie sich anderweitig breit machen. Wie überhaupt hier in Leipzig eine noch sehr stark verbreitete Judenfreundlichkeit zu finden ist. So klagen viele Hausfrauen darüber, dass z. B. in verschiedenen Geschäften der Frankfurter- und Waldstraße die Juden weit freundlicher bedient werden. Ich selbst habe schon des öfteren diese Feststellung machen müssen. Wenn ich auch selbst eine „Kampfnatur“ bin und mir Uebergriffe von dieser „Rasse“ in keiner Weise gefallen lasse und diese sofort gebührend zurückweise, so ist doch die Mehrzahl der Volksgenossen leider immer noch nicht derart gewappnet und beklagt sich an ungeeigneter Stelle oder überhaupt nicht. Jedenfalls klagen auch diejenigen, die mit Juden in einem Hause wohnen, über deren impertinentes Betragen. Wäre es nicht möglich, dass man diesen nur bestimmte Häuser zum Wohnen einräumte und dadurch ein Ghetto schüfe, wie es im Mittelalter üblich war, wo sie dann völlig unter sich wären? -Ich bin zwar kein Parteigenosse, zähle mich aber zu denjenigen Volksgenossen, die treu zu unserem Führer stehen, aus diesem Grunde bin ich auch über das „Benehmen“ der Hebräer empört.
Mit Heil Hitler!