Schreiben des Reichsministeriums des Innern (Pfundtner) an die Adjutantur der Wehrmacht
Das Reichsministerium des Innern informiert die Adjutantur der Wehrmacht beim Führer und Reichskanzler am 3. April 1935 über die geschätzte Zahl der Juden im Deutschen Reich:
Betrifft: Zahl der Voll-, Halb- und Vierteljuden im Deutschen Reich.
Mit hinreichender Genauigkeit kann nur die Zahl der Volljuden ermittelt werden und auch nur solcher, die sich zum mosaischen Glauben bekennen. Zugrunde liegen die Angaben des Statistischen Reichsamts nach der Volkszählung vom 16. Juni 1933, bei der nur die Gliederung des Volkes nach der Religion, nicht aber nach der Rasse ermittelt wurde. Die Zahl betrug 499.682 mosaische Juden (0,77 % der Gesamtbevölkerung).
Dazu kommen jetzt die damals nicht mitgezählten mosaischen Juden des Saargebiets. Hierüber liegt eine Zählung im Saargebiet vom 19. Juli 1927 vor mit 4.038 Köpfen. Im Deutschen Reich einschl. Saargebiet haben demnach Mitte 1933 rund 503.900 Religionsjuden gewohnt. Diese Zahl hat sich seitdem weiter durch Auswanderung um schätzungsweise 30.000 verringert. Die Zahl der heute im Reiche wohnenden Religionsjuden beträgt demnach rund 475.000 Köpfe.
Die Zahl der Volljuden, die nicht jüdischen Glaubens sind (Getaufte und Bekenntnislose), sowie die Zahl der deutsch-jüdischen Mischlinge 1. und 2. Grades (also mit einem jüdischen Elternteil oder mit einem jüdischen Großelternteil) kann mangels jeder Zählung und Zählungsmöglichkeit zur Zeit nur geschätzt werden. Die Schätzung beruht auf den Erfahrungen, die das Reichsministerium des Innern, die Reichsstelle für Sippenforschung und das Rassenpolitische Amt der NSDAP bei ihrer auf die Rassenscheidung gerichteten Tätigkeit gemacht haben. Auch diese Schätzungen, für die nur wenige tatsächliche Anhaltspunkte (Ausgliederung von Nichtariern aus dem öffentlichen Dienst und aus der NSDAP) vorliegen, gehen weit auseinander.
Der Durchschnitt dieser Schätzungen ergibt:
Volljuden nicht jüdischen Glaubens 300.000
(lt. Kartei über die Judentaufen bei der Reichsstelle für Sippenforschung)
Jüdisch-deutsche Mischlinge 1. u. 2. Grades 750.000
Nichtarier insgesamt also:
Volljuden (mosaisch) 475 000
Volljuden (nicht mosaisch) 300.000
Mischlinge 1. und 2. Grades 750.000
1.525.000 =
rd. 1½ Million.
(2,3 % der Gesamtbevölkerung).
Bei der Zählung von 1933 verteilte sich die Zahl der Religionsjuden (499.682) auf
Personen männlichen Geschlechts 238.747 (47,78%)
weiblichen Geschlechts 260.935 (52,22%)
Diese Anteilssätze der Geschlechter können bei der Gesamtzahl der Juden und der Mischlinge nur mit Vorsicht zu Grunde gelegt werden, da es nicht feststeht, ob diese Verteilung der Geschlechter bei der Nachkommenschaft aus Mischehen sich ebenso verhält, wie bei der aus Ehen zwischen Vollblutjuden. Legt man diese zu Grunde, so würden in der ermittelten Gesamtzahl der Nichtarier (rd. 1½ Million) enthalten sein:
728.645 Personen männlichen Geschlechts (also rd. 728.500)
Wie viele von diesen sich im wehrfähigen Alter von 18-45 Jahren befinden, kann nach den statistischen Angaben des Buches „Die Bevölkerungs- und Berufsverhältnisse der Juden im deutschen Reich“ (Akademieverlag Berlin 1930) für Preußen im Jahre 1925 geschätzt werden. Damals standen von der männlichen jüdischen Bevölkerung Preußens 45 v. H. in dem Alter vom vollendeten 18. bis zum vollendeten 45. Lebensjahr.
Die Anwendung dieses Hundertsatzes auf 728.500 Nichtarier männlichen Geschlechts ergibt als heutigen Stand
Juden und Mischlinge im wehrfähigen Alter 327.825 (also rd. 328.000).
Zusammenfassung:
Volljuden mosaischen Glaubens 475.000
Volljuden nicht mosaischen Glaubens 300.000
Mischlinge 1. und 2. Grades 750.000
1.525.000
rund 1½ Million.
Davon männlichen Geschlechts 728.500
Davon Männer zwischen 18 u. 45 Jah. 328.000
Davon abzuziehen rd. 20.000 Ausländer
Verbleiben demnach: 308.000.