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Chronik und Quellen
1938
Dezember 1938

Lagebericht der SD-Abteilung II/112 für das Jahr 1938

Lagebericht der SD-Abteilung II/112 für das Jahr 1938

Für das Jahr 1938 erstattet die SD-Abteilung II/112 folgenden (undatierten) Lagebericht:

Deutschland

Im Berichtsjahre 1938 fand die Judenfrage in Deutschland, soweit sie auf dem Gesetzes- und Verordnungswege zu regeln ist, ihren Abschluß. Zwei Abschnitte sind deutlich zu erkennen: Während in der Zeit vom 1.1. bis 8.11.1938 versucht wurde, die Judenschaft durch Gesetze und Verordnungen endgültig aus sämtlichen deutschen Lebensgebieten auszuschließen, wurde die völlige Ausschaltung der Juden aus allen Gebieten des öffentlichen und privaten Lebens durch die Aktion vom 9./10.11.1938 praktisch verwirklicht.

Veränderungen erfuhr die Situation durch die Eingliederung der Ostmark und der sudetendeutschen Gebiete, wodurch sich die Zahl der im Reichsgebiet ansässigen Juden um etwa 200000 bis 250000 Juden mosaischen Bekenntnisses erhöhte.

Die Maßnahmen gegen die Juden bewirkten eine weitgehende Umstellung aller jüdischen Organisationen - von einigen Ausnahmen abgesehen — auf die Vorbereitung oder Durchführung der Auswanderung, wobei gleichzeitig die Auflösung jüdischer Mittel- und Kleingemeinden und zahlreichere Organisationen mit rein religiöser oder assimilatorischer Aufgabenstellung erfolgte. Die „Reichsvertretung der Juden in Deutschland“ wurde damit, zusammen mit den weiterbestehenden Institutionen zur Förderung der Auswanderung, zum organisatorischen Mittelpunkt der Judenschaft.

Sowohl der fortschreitende Ausschluß der Juden aus dem Erwerbsleben als auch die Auswanderung früher vermögender Juden bewirkten ein Ansteigen des mittellosen jüdischen Proletariats, das am Schluß des Berichtsjahres bei weitem die Zahl der sich selbst unterhaltenden bzw. der vermögenden Juden übertraf. Die Folge dieser Entwicklung war eine verstärkte Fürsorgetätigkeit der jüdischen Organisationen, die allerdings durch die gleichzeitig fallenden Einnahmen dieser Organisationen wesentlich erschwert wurde. Während im Vorjahr bei einer Gesamtzahl von rund 370000 Juden mosaischen Bekenntnisses (das Statistische Reichsamt schätzt die Zahl zum 1.1.1938 auf 365 000) im alten Reichsgebiet etwa 42 000 Personen als laufende Unterstützungsempfänger gezählt wurden, belief sich die Zahl der ständigen Unterstützungsempfänger im Berichtsjahr - trotz der Abnahme der Gesamtjudenschaft mosaischen Bekenntnisses im Altreich auf etwa 320000 Personen - auf 40000 (12,5% der Gesamtzahl). Von der jüdischen Winterhilfe wurden in den Monaten Oktober bis Dezember 1938 außerdem 73 976 Personen, das sind 23,12% der Gesamtzahl, betreut.

Für den gleichen Zeitabschnitt betrug die Zahl der durch die jüdische Winterhilfe betreuten Juden in der Ostmark etwa 30000, das bedeutet bei der Zugrundelegung einer Gesamtzahl von rund 106 000 Juden mosaischen Bekenntnisses am Ende des Berichtsjahres 28,3%. Die Zahl der angemeldeten ständigen Unterstützungsempfänger wird von der Israelitischen Kultusgemeinde Wien sogar mit mehr als 60 000 Personen angegeben, oder mit 56,6%.

Die Auswanderung der Juden konnte - zumindest im alten Reichsgebiet - nicht in dem Maße gesteigert werden, wie es für die Juden selbst unter dem Druck der Verhältnisse wünschenswert gewesen wäre. So zeigen die von der Reichsvertretung der Juden in Deutschland aufgestellten Statistiken lediglich eine Abwanderung von 46000 Personen = 12,43% gegenüber etwa 25 000 im Vorjahre, wohingegen die Auswanderung der Judenschaft aus der Ostmark durch die Tätigkeit der im August des Berichtsjahres gegründeten „Zentralstelle für jüdische Auswanderung“ einen starken Auftrieb erhielt. So wird die Gesamtzahl der auf legalem und illegalem Wege aus der Ostmark ausgewanderten Juden mosaischen und nicht mosaischen Bekenntnisses mit etwa 79000 Personen = 42,7% angegeben. Dieses Ergebnis ist um so bedeutsamer, als die Judenschaft in der Ostmark unter ungleich ungünstigeren finanziellen und innenpolitischen Verhältnissen zu arbeiten hatte. Der Ausgleich für die fehlenden Geldmittel wurde durch eine verstärkte finanzielle Inanspruchnahme der ausländischen jüdischen Organisationen - insbesondere der „Council for German Jewry“ in London - geschaffen.

Sowohl vom Altreich wie auch von der Ostmark ging der größte Teil der Auswanderer nach außereuropäischen Ländern; den Hauptteil nahm Nordamerika auf, wohingegen Palästina nur in geringem Maße als Zielland insbesondere unbemittelter Juden galt.

Trotz der verhältnismäßig hoch erscheinenden Zahl der Auswanderer muß darauf hingewiesen werden, daß die Auswanderung gegen Ende des Berichtsjahres infolge der Abwehrstellung des Auslandes gegen die Einwanderung der Juden und der nicht ausreichenden Devisenbestände erheblich abgesunken ist und, soweit das alte Reichtsgebiet berührt wurde, fast ins Stocken geriet. Dazu trug außerdem die absolute Resignation der Juden bei, deren Organisationen nur unter dem verschärften Druck der Behörden ihre Aufgabe weiterführten.

Hierin hat die November-Aktion grundlegenden Wandel geschaffen. War schon in der Ostmark der Auswanderungswille der Judenschaft durch die dort nach der Machtübernahme ergriffenen Maßnahmen bis zum Höchstmaß gesteigert, so wirkte sich das radikale Vorgehen gegen die Juden in den Novembertagen in ähnlichem Sinne auch im alten Reichsgebiet aus. Die Verwirklichung dieser Auswanderungsabsichten blieb jedoch aus, weil in der Folge der November-Aktion auch die Tätigkeit der für die Auswanderung arbeitenden jüdischen Organisationen vor allem aber auch durch die erhebliche Veränderung der Finanzlage der Judenschaft (Kontribution und Schadensersatzpflicht) eingeschränkt wurde. Die notwendige Zentralisation des Organisationswesens der Judenschaft, sowie die Bereitwilligkeit der ausländischen Staaten zur Aufnahme größerer Auswanderungsgruppen, die die Voraussetzung für eine Weiterführung der verstärkten Auswanderung aus dem alten Reichsgebiet sind, konnte aber bis zum Abschluß des Berichtsjahres noch nicht herbeigeführt werden.

Neben dieser Entwicklung waren die schon erwähnten organisatorischen Veränderungen innerhalb der Judenschaft von minderer Bedeutung. Während im alten Reichsgebiet infolge der selbständigen Auflösung jüdischer Vereine und Verbände, abgesehen von zeitlich begrenzten Betätigungsverboten, von Staatswegen nur die Auflösung der „Staatszionistischen Vereinigung“ notwendig wurde, erfuhr das Organisationswesen in der Ostmark sofort nach dem Anschluß eine grundlegende Neugestaltung. Dabei ist jedoch hervorzuheben, daß ein Anschluß der jüdischen Organisationen der Ostmark an die im Reichsgebiet bestehenden nicht vorgenommen wurde, um den Wirkungskreis und die Einflußmöglichkeiten des letzteren nicht zu vergrößern.

Sämtliche Organisationen assimilatorischer Prägung wurden aufgelöst und verboten, während die für die Auswanderung brauchbaren Verbände nach vorübergehender Einstellung ihrer Tätigkeit und nach Umgestaltung neu zugelassen wurden. Eine Zentralstellung nimmt in diesem Aufgabenbereich die „Israelitische Kultusgemeinde Wien“ als die größte gemeindliche Organisation des Judentums in der Ostmark ein. Ihr obliegt die Organisierung der Auswanderung, der Fürsorge und des Schulwesens, so daß sie auch für die Beschaffung der zur Erhaltung der mittellosen Juden und der Förderung der Auswanderung notwendigen Devisenbeträge von ausländischen jüdischen Organisationen (Council for German Jewry) verantwortlich ist.

Die bei der Eingliederung der sudetendeutschen Gebiete übernommenen jüdischen Organisationen wurden nicht bestätigt, zumal die Notwendigkeit ihres Weiterbestehens nach Abwanderung der meisten Juden in die CSR nicht mehr gegeben war. Die verbliebenen Juden sollen durch die Organisation des alten Reichsgebietes betreut werden.

Ausland

War die weltpolitische Lage des Judentums im Vorjahre durch die Ergebnisse der von der Peel-Kommission vorgeschlagenen Dreiteilung eines Judenstaates bestimmt, so stand sie im Jahre 1938 im Zeichen der auf Anregung Roosevelts in Evian (6.7. bis 15.7.) einberufe-nen Regierungskonferenz über die Flüchtlingsfragen, des Widerrufs des Peel-Planes durch den Woodhead-Bericht und die MacDonald-Erklärung sowie der Einberufung einer Round-Table-Konferenz der an Palästina interessierten Mächte nach London.

Auf der Evian-Konferenz, deren einzig positives Ergebnis die Errichtung eines ständigen Büros in London war mit der Aufgabe, die Förderung der jüdischen Auswanderung aus Deutschland zu betreiben, wurde aller Welt vor Augen geführt, daß das Judenproblem keineswegs nur eine von Deutschland provozierte Streitfrage, sondern daß es ein Problem von aktuellster weltpolitischer Bedeutung ist. Trotz der übereinstimmenden Ablehnung der Behandlung der Judenfrage in Deutschland durch die Evian-Staaten hat sich mit Ausnahme von Amerika grundsätzlich kein Land bereiterklärt, bedingungslos eine beliebige Anzahl von Juden aufzunehmen. Bemerkenswert war, daß der australische Vertreter sogar von einer Gefährdung der eigenen Rasse durch die jüdische Einwanderung sprach.

Die Wiedereingliederung der Ostmark und der sudetendeutschen Gebiete, durch die auch hier die Juden vor die Frage der Auswanderung gestellt wurden, hat den Protest des „jüdischen Weltkongresses“ (Stephen Wise) hervorgerufen. Eine noch größere Aktivität gegen Deutschland aber entwickelte die internationale Judenschaft aus Anlaß der Aktion vom 9./10.11.1938. Als positive Auswirkung kann die Verstärkung der Hilfstätigkeit der jüdischen Organisationen im Auslande angesehen werden, deren Ergebnis im wesentlichen vorläufig aber nur in einem Auftrieb der Kinderverschickung bestand. Das Evian-Büro forderte eine Ausweitung der Transfermöglichkeiten für das jüdische Kapital aus Deutschland.

Am Ende des Jahres 1938 wurde mit der offiziellen Aufnahme der Verhandlungen zwischen der Reichsregierung und dem Leiter des Evian-Büros, Rublee, begonnen, der zu diesem Zwecke in die Reichshauptstadt eingeladen wurde.

Altes Reichsgebiet

Lage und Veränderungen im jüdischen Organisationswesen

Einleitend wurde bereits darauf hingewiesen, daß das jüdische Organisationswesen im alten Reichsgebiet durch die laufende Verringerung der jüdischen Gemeinden, das Absinken des Lebensstandards und die damit verbundene Abnahme der Erträgnisse aus den Kultursteuern usw. erheblich beeinflußt wurde. Auflösungen, insbesondere im orthodoxen Bereich und zum Teil auch bei den ehemaligen Assimilanten, bestimmten das Bild. Um so einschneidender war deshalb die Wirkung des Gesetzes vom 25.3.1938 zur Änderung der Rechtsverhältnisse der jüdischen Kultusgemeinden, das ihnen die Rechte einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft nahm und sie rückwirkend vom 1.1.1938 zu Vereinen machte. Die steuerliche Mehrbelastung bewirkte eine Erhöhung der Haushalte, die sich bei der Gemeinde Berlin beispielsweise auf etwa 1,5 Millionen belief. Diese Beträge wurden andererseits der Finanzierung der Auswanderung und der Fürsorge entzogen.

Die Reichsvertretung der Juden in Deutschland versuchte sich dem hierdurch geschaffenen Rechtszustand anzupassen, indem sie die Gründung eines „Reichsverbandes der Juden in Deutschland“ vorschlug, in dem unter Ausschaltung der bisherigen jüdischen Landesverbände (Zentralorgane der in den Ländern bestehenden jüdischen Gemeinden) das gesamte jüdische Gemeindewesen zentralisiert werden sollte. Gleichzeitig sollte damit die Zusammenfassung aller Finanzmittel erreicht werden, um eine Verteilung von zentralen Stellen auf die Gemeinden zu betreiben, die zumeist nicht mehr in der Lage waren, ihre Ausgaben aus eigenen Einnahmen zu bestreiten. Zur Bestätigung des „Reichsverbandes“ ist es nicht gekommen, weil die aus der November-Aktion gezogenen Folgerungen andere Maßnahmen, wie sie bereits gekennzeichnet wurden, notwendig machten. Aus dem gleichen Grunde kam die Umgestaltung der der „Reichsvertretung“ angeschlossenen übrigen Reichsverbände zu keinem Abschluß. Sie bestanden unter Beschränkung ihrer Tätigkeit auf die Auswanderung und Fürsorge in der alten Form weiter.

Die politischen und religiösen Organisationen

Im Aufbau der jüdischen Organisationen aller Richtungen hat sich grundsätzlich seit dem Jahre 1937 nichts verändert, wenn man von der Einstellung ihrer Tätigkeit nach der November-Aktion absieht. Ihre Zahl und ihr Mitgliederbestand verringerten sich jedoch infolge der Abwanderung der Juden laufend. Die Versammlungstätigkeit ließ mit Ausnahme der großstädtischen Verbände erheblich nach und beschränkte sich im wesentlichen auf die vorbereitende Tätigkeit zur Auswanderung (Umschulungskurse, Sprachunterricht usw.) und die Kulturpflege (Kulturbund).

Nur in einigen Gebieten des Reiches versuchte der „Jüdische Centralverein e.V.“ durch seine Rechts- und Wirtschaftsberatung Juden aus allen Organisationen gegen die Auswirkung der Judengesetze zu schützen und somit indirekt ihrer Auswanderung entgegenzuwirken. Aber auch diese Tätigkeit wurde endgültig durch die November-Aktion unterbunden.

Besonders zu erwähnen ist in diesem Rahmen lediglich die Auflösung der „Staatszionistischen Vereinigung“, die nach Feststellung der staatsfeindlichen Verbindung ihrer Berliner Gruppe, der jüdisch-nationalen Jugend „Herzlia“, zur „Neuzionistischen Weltorganisation“ (Jabotynski) am 31.8.1938 erfolgen mußte. Nennenswerte Vermögensbestände konnten infolge der geringen Verbreitung der Organisation (etwa 1000 Mitglieder) nicht sichergestellt werden. Der im Vorjahre in Angriff genommene Ausschluß von Juden ausländischer Organisationen konnte im Berichtsjahr endgültig zum Abschluß gebracht werden. In Berlin wurden durch diese Aktion allein 189 Personen betroffen, die zum Teil in maßgeblicher Stellung tätig waren.

In der Zeit vom 1.1. bis zum 8.1.19381 erfolgte durch Gesetze bzw. Verordnungen der Ausschluß der Juden aus folgenden Berufen:

Versteigerungsgewerbe,
Bewachungsgewerbe,
gewerbliche Auskunftserteilung über Vermögensverhältnisse oder persönliche Angelegenheiten,
Handel mit Grundstücken,
gewerbsmäßige Vermittlung für Immobilienverträge und Darlehen, gewerbsmäßige Heiratsvermittlung und Fremdenführergewerbe,
Wandergewerbe,
Ärzteberuf, berufsmäßige Ausübung der Krankenpflege,
Betätigung als Rechtsanwalt, Patentanwalt, Notar.

Hervorzuheben ist darüber hinaus die Verordnung gegen die Unterstützung zur Tarnung jüdischer Gewerbebetriebe vom 22.4.1938, die der Beseitigung der Mißstände in der Vertretung jüdischer Firmen durch Arier diente. Die Verordnung über die Anmeldung des Vermögens von Juden vom 26.4.1938 sicherte die Feststellung des jüdischen Kapitals. Um eine Tarnung jüdischer Personen durch Annahme nichtjüdischer Namen zu verhindern, wurde am 5.1.1938 das Gesetz über die Änderung von Familiennamen und Vornamen erlassen. Eine Ergänzung erfuhr diese Regelung durch einen Erlaß des Reichsministeriums des Innern, der bestimmt, daß Juden mit Wirkung vom 1.1.1938 die zusätzlichen Vornamen Israel bzw. Sarah zu führen haben, vorausgesetzt, daß sie nicht bereits einen rein jüdischen Vornamen tragen.

Durch Paßerlaß vom 7.10.1938 schließlich wurde den Juden der Inlandpaß entzogen. Gleichzeitig wurde ihnen auferlegt, bis zum 31.12.1938 bei der zuständigen Polizeibehörde die Ausstellung einer Kennkarte zu beantragen, die als amtlicher Inlandsausweis gilt. Die aufgrund der Bestimmungen vom 16.9.1937 erteilten Auslandspässe werden durch ein „J“ gekennzeichnet, eine Maßnahme, mit welcher den Einsprüchen auswärtiger Staaten wegen der durch das Reich angeblich stillschweigend geduldeten illegalen Judenauswanderung entgegengekommen wurde.

Die Aktion gegen die Juden am 9.HO. 11. 1938

Die Grundlagen des jüdischen Lebens und seiner Organisation wurden durch das im Anschluß an die Ermordung des Legationsrates vom Rath in Paris durch den Juden polnischer Staatsangehörigkeit, Feibel [sic] Grynszpan, im gesamten Reichsgebiet erfolgte Vorgehen gegen die Judenschaft völlig geändert.

Die Aktion äußerte sich im allgemeinen in der Zerstörung oder Niederbrennung der Synagogen und in der Demolierung fast aller jüdischen Geschäfte, die hierdurch gezwungen wurden, den Verkauf einzustellen. Zum Teil wurden auch die Wohnungen von Juden durch die Aktionen betroffen. Wertvolle Archivstücke und Kunstschätze wurden infolge Unbedachtsamkeit oder Unwissenheit der Beteiligten vernichtet. Bei der Gegenwehr wurde eine Anzahl von Juden getötet oder verletzt. Um den Zwang zur Auswanderung zu verstärken, wurden gleichzeitig etwa 25 000 männliche Juden, z. T. vorübergehend, in die Konzentrationslager überführt.

Nach Abschluß der Aktion erfolgte eine Regelung gegen die Judenschaft auf dem Gesetzes- und Verordnungswege. Dabei wurde insbesondere der Grundsatz herausgestellt, daß der Jude in keinem Falle mehr leitend, sondern nur noch als Untergebener tätig sein und daß er am Gemeinschaftsleben des Volkes nicht mehr teilhaben dürfe. Diesem Zweck diente insbesondere die Verordnung des Beauftragten für den Vier jahresplan, Generalfeldmarschall Göring, vom 12.11.1938, durch die den Juden mit Wirkung vom 1.1.1939 der Betrieb von Einzelverkaufstellen, Versandgeschäften oder Bestellkontoren sowie der selbständige Betrieb eines Handwerks untersagt wurde. Ein Jude darf weiterhin nicht als Betriebsführer oder leitender Angestellter tätig werden.

Die Verordnung über den Einsatz des jüdischen Vermögens vom 3.12.1938 bestimmte darüber hinaus, daß dem Inhaber eines jüdischen Gewerbe-, land- oder forstwirtschaftlichen Betriebes aufgegeben werden kann, den Betrieb binnen einer bestimmten Frist zu veräußern oder abzuwickeln. Juden dürfen Grundstücke oder Rechte an diesen nicht erwerben. Binnen einer Woche nach Inkrafttreten dieser Verordnung haben die Juden ihre gesamten Aktien, Kuxe, festverzinslichen Werte und ähnliche Wertpapiere in ein Depot bei einer Devisenbank einzulegen. Verfügungen über eingelegte Wertpapiere sowie Auslieferungen von Wertpapieren aus solchen Depots bedürfen der Genehmigung des Reichswirtschaftsministers. Den Juden ist weiterhin verboten, Gegenstände aus Gold, Silber oder Platin sowie Edelsteine zu erwerben oder freihändig zu veräußern.

Durch sonstige Bestimmungen erfolgte das Verbot des Waffenbesitzes für Juden, der endgültige Ausschluß von der Teilnahme am deutschen Kulturleben und an der Erziehung. Darüber hinaus wurde die Judenschaft zur Wiedergutmachung der bei der Aktion entstandenen Schäden zur Zahlung einer Kontribution von 1 Milliarde Reichsmark veranlagt, die in einer 20%-Abgabe von Juden mit einem Vermögen über 5000 RM erhoben wird.

Zusammenfassend kann festgestellt werden, daß die Judenschaft - soweit es sich um deutsche Staatsangehörige und Staatenlose handelt - damit endgültig aus allen Teilen des deutschen Gemeinschaftslebens ausgeschlossen ist, so daß den Juden zur Sicherung der Existenz nur die Auswanderung bleibt.

Statistik

Die nachfolgenden statistische Angaben dienen zur Erläuterung der unter I. wiedergegebenen Übersicht über die allgemeine Lage der Judenschaft im Reichsgebiet. Der Errechnung der Werte (Schätzungswert!) wurden folgende Angaben über die Gesamtzahl der Juden zugrundegelegt (offizielle Statistiken liegen nicht vor):

a) Jüdische Bevölkerung

         altes Reichsgebiet:                                                                     Ostmark:

Juden mos. Bekenntnisses am                                              Juden mos. Bekenntnisses am
1.1.1938 - 370000                                                                     11.3.1938 – 185000
Juden mos. Bekenntnisses am                                                 (laut Statist. Jahrbuch 1938 am
31.12.1938 - 320000                                                                 1.1.1938 - 191000)
(unter Zugrundelegung einer                                                   Juden mos. Bekenntnisses am
Sterbezahl von 4000)                                                              31.12.1938 - 106000

b) Vermögensaufstellung (einschl. Ostmark)

Zum 26.4.1938 wurden folgende Zahlen für das Vermögen inländischer und staatenloser Juden festgestellt:

Brutto-Vermögen                                                  8531 Millionen

davon:

land- und forstwirtschaftl. Vermögen                 112 Millionen
Grundvermögen                                                     2343 Millionen
Betriebsvermögen (abzügl. der Schulden)         1195 Millionen
Schulden und Lasten                                           1408 Millionen
Netto-Vermögen                                                     7123 Millionen
davon liquides Vermögen                                   4881 Millionen

c) Jüdische Fürsorge

altes Reichsgebiet:                                                               Ostmark:

Ständige Unterstützungsempfängern
40000 = 12,5%                                                               rd. 60000 (registriert) = 56,6%
von der Winterhilfe betreute Juden
73976 = 23,12%                                                             rd. 30000 = 28,3%

d) Altersgliederung

Nach Angaben der „Reichsvertretung der Juden in Deutschland“ ergibt sich am 31.12.1938 folgendes Bild über den Altersaufbau der Juden im alten Reichsgebiet:

Jahre               männlich         weiblich               absolut               Prozent

- 6

3 500

3 000

7000

2,19

6-14

10000

10500

20500

6,41

14-20

11500

12500

24000

7,50

20-35

18000

20000

38000

11,87

35-45

20000

25 000

45000

14,06

45-50

15 000

16000

31000

9,69

50-65

38000

41500

79500

24,84

65 und mehr

34000

41000

75 000

23,44

 

150000

170000

320000

100,00

 

Für eine Auswanderung auf direktem Wege kommen demnach 57,97% der Juden im allgemeinen nicht mehr in Frage, da die Altersgrenze hierfür in den meisten Ländern bei 45 Jahren liegt.

e) Schulpflichtige Kinder

altes Reichsgebiet:                             Ostmark:
Gesamtzahl (12.11.1938)
rd. 20000                                                   rd. 6 622
(80% hiervon besuchen Volksschulen)

f) Zugelassene jüdische Krankenbehandler

altes Reichsgebiet:                             Ostmark:
insges. 589                                         insges. 288
                                                            davon: 137 allgemeine
                                                                          80 Spezialärzte
                                                                          71 Zahnärzte

g) Zugelassene jüdische Rechtskonsulenten

altes Reichsgebiet                                      Ostmark:
von Justizminister zugelassen:
172                                                         Angaben liegen nicht vor

Die Zahl kann im Bedarfsfall von den Oberlandesgerichten erweitert werden. Tatsächlich tätige Konsulenten = 240.

Entwicklung der Auswanderung

Die Entwicklung der Auswanderung der Juden aus dem alten Reichsgebiet und der Ost­mark gestaltete sich völlig verschieden. Im alten Reichsgebiet lag sie unter Mitwirkung der Mehrzahl der politischen und religiösen Organisationen der Judenschaft in den Hän­den der „Reichsvertretung“ und des ihr eingegliederten „Hilfsvereins der Juden in Deutschland“, die auch für die Beschaffung der für die Abwanderung notwendigen Devisen aus dem Ausland sorgten. Für die Beschaffung der Auswanderungspapiere (politisches Führungszeugnis, steuerliche Unbedenklichkeitserklärung, Paß usw.) hatte jedoch der Auswanderer selbst - abgesehen von Gruppentransporten - zu sorgen. Die hierdurch bewirkte Überlastung der Behörden hatte ein Stocken in der Durchführung der Auswan­derung zur Folge. Es zeigte sich, daß ein solches Verfahren einer Massenauswanderung nicht gewachsen war.

Diesen im alten Reichsgebiet aufgetretenen Mißständen wurde in der Ostmark durch eine Konzentration des gesamten Organisationswesens auf die Auswanderung und die Er­richtung einer unter Leitung des Inspekteurs der Sicherheitspolizei stehenden „Zentral­stelle für die jüdische Auswanderung“ (26.8.1938) gesteuert. Diese „Zentralstelle“ verei­nigt in sich alle bei der Auswanderung der Juden mitwirkenden Behörden; so daß es im allgemeinen möglich ist, auswanderungswillige Juden in einem Zeitraum von 8 bis 14 Ta­gen mit allen, für die Auswanderung notwendigen, Papieren auszustatten. Darüber hin­aus bestimmt die Zentralstelle zusammen mit der Devisenstelle Wien und der „Israeliti­schen Kultusgemeinde“ über die Verteilung der von den ausländischen jüdischen Organi­sationen zur Verfügung gestellten Devisenwerte, wodurch erst in großem Umfange und in planmäßiger Art und Weise die Auswanderung minder- oder unbemittelter auf Kosten vermögender Juden möglich wurde.

Die nachstehend gegenübergestellten Auswanderungszahlen (Schätzungen) für das alte Reichsgebiet und die Ostmark erbringen den eindeutigen Beweis für den Vorteil des in der Ostmark angewendeten Verfahrens, dessen Einführung auf veränderter Grundlage nunmehr auch für das Altreich vorgesehen ist.

Altes Reichsgebiet:

Ostmark:

Gesamtauswanderung:

 

v. 1.1.-31.12.1938

v. 11.3.-31.12.1938

46000= 12,43%

79000 = 42,10%

(einschl. der nach Polen

(einschl. der Juden nicht

abgeschobenen Juden polni­

mos. Bekenntnisses)

scher Staatsangehörigkeit)

 

Von den mit Hilfe der

Von den aus der Ostmark legal

Reichsvertretung ausgewan-

ausgewanderten 66 848 Juden

derten 12248 Juden

 

entfallen auf:

entfallen auf:

Nord- und Mittel­

Nordamerika 14787

amerika 2926

Zentralamerika 1 660

Südamerika 2937

Südamerika 4 844

Asien 593

Asien 8 771

Palästina 2413

(davon China und

 

Mandschukuo 8.009)

Afrika 156

Palästina 4 095

 

Afrika 2 432

Australien 313

Australien 999

Europa 2754

Europa 29260

 

England 8 113; Frankreich 3 002; Schweiz 3 100; CSR 3 556; Italien 1 801; Finnland 1 627; Griechenland 1111; Rumänien 993; Luxemburg 950; Ungarn 949; Holland 945; Portugal 736; Belgien 695; Polen 626; Lettland 462. Der Rest übriges Europa und nichterfaßte illegale Auswanderer ca. 12 000.

Ostmark

Bei der Eingliederung der Ostmark in das Reichsgebiet waren die rund 200 000 Juden mosaischen Bekenntnisses in 34 Kultusgemeinden, 79 Bethausvereinen und 357 politischen Verbänden organisiert. Während die Führung der gemeindlichen Organisationen bei der Israelitischen Kultusgemeinde Wien lag, stand die Durchführung der politischen Aufgabe, d. h. die Sicherung der Gleichberechtigung der Judenschaft, bei der „Union österreichischer Juden“ und den ihr gleichgerichteten Verbänden. Die zionistischen Organisationen waren von sehr geringer Bedeutung.

Das bei der Schließung der jüdischen Organisationen beschlagnahmte Material brachte den Beweis dafür, daß fast sämtliche jüdischen Organisationen Beziehungen zur Harand-Bewegung, zur Pan-Europa-Bewegung und in einigen Fällen auch zu den Legitimisten unterhielten.

Das politische Interesse an der Haltung der Schuschnigg-Regierung geht am deutlichsten daraus hervor, daß die Israelitische Kultusgemeinde Wien über ihren Präsidenten, Staatsrat Dr. Desider Friedmann, laut Anforderung der Vaterländischen Front die geplante Wahl mit einem Betrag von 820 000 Schillingen unterstützte.

Der Anteil der Juden am Gemeinschaftsleben in Österreich war sehr groß im Bankwesen, der Textil- und Holzwirtschaft, sowie in den akademischen Berufen. So standen beispielsweise allein in Wien 1750 jüdische Anwälte 1450 deutschblütigen gegenüber. Der Anteil an der Holzwirtschaft wurde mit über 90% angegeben. Presse und Film befanden sich bis zu 90% in jüdischen Händen.

Mit der Machtübernahme wurde sämtlichen jüdischen Organisationen ein Betätigungsverbot auferlegt. Nach der organisatorischen Umgestaltung wurden mit Wirkung vom 2.5. bzw 3.5. und 10.5. die auswanderungsfördernden zionistischen Organisationen wieder eröffnet und die Tätigkeit der Kultusgemeinden wieder erlaubt. Danach bestehen in Österreich folgende Organisationen: „Zionistische Vereinigung für das Land Österreich“ mit dem „Misrachi“ und dem „Makkabi-Sportverband“, die religiös-orthodoxe Vereinigung „Agudas Jisroel“ und das der „Jewish Agency“ angeschlossene „Palästina-Amt“ mit dem „Keren Kajemeth Lejisroel“ und dem „Keren Hajesod“. Diese Organisationen übernahmen die Aufgabe der propagandistischen Vorbereitung der Auswanderung. Zu diesem Zwecke wurde dem „Zionistischen Landesverband“ die Herausgabe der unter Vorzensur stehenden „Zionistischen Rundschau“ gestattet, die bis zum 10.11.1938 bestand.

Die Zentrale für die Organisierung und Durchführung der jüdischen Auswanderung, einschließlich der Geldbeschaffung, übernahm zusammen mit der später gegründeten Zentralstelle für jüdische Auswanderung die Israelitische Kultusgemeinde in Wien. Daneben betreut sie die fürsorgebedürftigen Juden sowie das jüdische Schulwesen.

Ihr Haushalt, der monatweise angesetzt wird, betrug beispielsweise für Oktober 1938 1 Million Reichsmark, davon konnten 25 000 RM durch eigene Einnahmen gedeckt werden, während der Fehlbetrag durch Auslandsspenden ausgeglichen werden mußte. Für Monat Dezember erhöhte sich das Budget auf 1519000 RM, von denen lediglich 308000 RM durch das Inlandaufkommen gedeckt werden konnten. Im Rahmen der Fürsorgeunterstützung werden täglich bis zu 20-35 000 Juden ausgespeist.

Die in der Provinz bestehenden jüdischen Organisationen haben bis auf diejenigen von Graz, Leoben, Linz, Klagenfurt und St. Pölten infolge der Abwanderung ihrer Gemeindemitglieder ins Ausland oder nach Wien ihre Tätigkeit eingestellt.

Mit Ausnahme des gegen den zionistischen Sportverband „Makkabi“ ausgesprochenen Betätigungsverbots und des Verbots der „Zionistischen Rundschau“ sind im Vereinswesen aufgrund der November-Aktion keine Veränderungen eingetreten.

Die rechtliche Stellung der Judenschaft in Österreich wurde durch die mit wenigen Ausnahmen eingeführten Gesetze und Verordnungen dem Zustand im alten Reichsgebiet angeglichen. Nicht übertragen wurde beispielsweise das Gesetz zur Veränderung der Rechtsstellung der israelitischen Kultusgemeinden, so daß die wenigen noch bestehenden jüdischen Gemeinden in Österreich heute noch die Vorteile der Stellung einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft genießen, was sich weniger zum Nachteil der Steuereinnahmen als zum Vorteil in der Bewerkstelligung der jüdischen Auswanderung aus der Ostmark ausgewirkt hat. Gewisse Ausnahmen wurden auch bei der Regelung des Anwalts- und Arztewesens gemacht sowie bei der Pensionierung von nichtdeutschblütigen Beamten.

Danzig

Im Anfang des Berichtsjahres stand die etwa 12000 Köpfe umfassende Judenschaft in Danzig unter Leitung der Synagogengemeinde, deren Mitglieder (Akademiker, Kaufleute usw.) bis gegen Ende des Jahres nicht von ihrer assimilatorischen Stellung ab wichen. Vielmehr versuchten sie, ihren Einfluß auf die Gestaltung des jüdischen Lebens durch die Bildung einer Kommission für Wirtschaftshilfe (Februar 1938), die einer finanziellen Unterstützung der jüdischen Gewerbetreibenden und des Kleinhandels diente, sowie durch die Errichtung eines Schiedsgerichts bei der Synagogengemeinde (Mai 1938) zu verstärken.

Daß diese Absicht trotz des Einsatzes ausländischer Finanzmittel und der Ermöglichung der Auswanderung von Ostjuden fehlschlug, lag weniger in der Entwicklung in Danzig selbst, als vielmehr in der vom Reichsgebiet herkommenden Umgestaltung der Gesamtfrage. Die November-Aktion, die sich in unplanmäßiger Weise in Danzig am 14.11. fortsetzte, brachte die Einführung der Nürnberger Gesetze (23.11.) mit sich. Schon vor deren Einführung hatte sich die Auflösung des assimilatorischen Judentums angekündigt, als sich deren gesellschaftliche Mittelpunkte, der Jüdische Geselligkeitsverein, Zoppot, und die Borussia-Loge des U. O. B. B., im Juli bzw. November selbständig auflösten. Diese organisatorische Umgestaltung setzte sich fort in der Auswanderung der reichsten und einflußreichsten Juden der Assimilation.

Nunmehr wurde die Führung der Judenschaft von den Zionisten bzw. den Staatszionisten übernommen, die in einer am 17.12. stattgefundenen Massenkundgebung beschlossen haben, auf dem schnellsten Wege geschlossen abzuwandern.

Soweit sich für die sehr unsicheren Verhältnisse innerhalb der Judenschaft in Danzig statistische Angaben geben lassen, ergibt sich für die Auswanderung folgendes Bild:

Die Gesamtzahl der am 1.1.1938 in Danzig ansässigen Juden hatte bis zum Ende des Jahres eine absolute Verminderung von etwa 2-3000 Juden erfahren, so daß sich für den 31.12.1938 eine Gesamtzahl von etwa 9700 Juden ergibt. Davon sind 5700 ausländische Staatsangehörige.

Das Weltjudentum

Das Hauptproblem, daß die Organisationen des Weltjudentums beschäftigte, war - wie schon kurz ausgeführt - die Diskussion um die Bildung des Judenstaates. Alle Maßnahmen, Demonstrationen und Proteste waren hierdurch und durch die andererseits steigende antijüdische Abwehrstellung bestimmt. Hatte die Judenheit zu Beginn des Jahres noch an die Verwirklichung des Peel-Planes geglaubt, zumal England mit der Wehr- und Nachrichtenorganisation des Judentums in Palästina, der Hagana, ein Abkommen über ihren Einsatz im militärischen Interesse Englands getroffen hatte, so hat sie sich durch den Verlauf der Evian-Konferenz und durch die aufgrund des Woodhead-Berichtes gefaßten Entschließungen eines anderen belehren lassen müssen.

Der einstweiligen Absetzung des Planes zur Errichtung eines Judenstaates wurde durch Gründung eines „Notausschusses für Palästina“ in den USA und durch die Gründung einer neuen Finanzzentrale für die jüdische Emigration (International Jewish Colonisation Society, Den Haag) unter Leitung des als Waffenschieber bekannten Daniel Wolf in Holland begegnet. Über den „Notausschuß“ versuchte das internationale Judentum, Roosevelt zur Intervention bei der englischen Regierung zugunsten der Bildung des Palästina-Staates zu veranlassen, wobei der „Notausschuß“ durch die Tätigkeit der Exekutive des Jüdischen Weltkongresses (Stephen Wise) unterstützt wurde. Das Ergebnis war die Entschließung MacDonalds zur Einberufung einer Round-Table-Konferenz zur Lösung des Judenstaatsproblems, an der sowohl Araber als auch Juden teilnehmen sollen. Mit der Gründung des neuen Finanzfonds sollte der zunehmende Auswandererstrom planmäßig gelenkt werden, der sich im Berichtsjahr durch die Auswanderer aus Italien, Ungarn, der Tschechei und der Slowakei verstärkt hat.

Alle sonst beobachteten Erscheinungen, wie die Proteste der Exekutive des Jüdischen Weltkongresses bei der Danziger Regierung anläßlich der Aktionen gegen die Judenschaft und der Einführung der Nürnberger Gesetze, sind nur Einzelaktionen in dem gekennzeichneten Gesamtrahmen. Im Jahre 1938 wurde noch klarer als in den früheren Jahren, daß das Weltjudentum an der Gründung des Judenstaates in Palästina zur Stützung der in der übrigen Welt lebenden Judenschaft mit allen Mitteln festhalten wird.

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