Schreiben von Werner Siemroth (Hamburg) an den SA-Sturm 14/45
Der SA-Mann Werner Siemroth denunziert seinen Hamburger Arbeitgeber am 29. Oktober 1934 wegen der Beschäftigung von Juden:
Der Endesunterzeichnete, SA-Mann Siemroth, Werner, Sturm 14/45, SA seit 1.11.33, meldet dem Sturm 14/45 zur Weitergabe an die zuständige Dienststelle Folgendes:
Ich bin seit 1929 bei der Fa. Nebel & Sander, Wagnerstr. 2, als Verkäufer angestellt. Im Mai ds. Js. wurde die Firma von einem Herrn Hagenow übernommen von dem bisherigen Inhaber Krug (Jude) und heisst jetzt „Joachim Hagenow“. Nach dieser Übernahme waren in den Schaufenstern Plakate „Jetzt rein deutsches Unternehmen“. Dadurch konnte Hagenow Bedarfsdeckungsscheine für Ehestandsdarlehen usw. in Zahlung nehmen. Allem Anschein nach ist die Firma aber kein „rein deutsches Unternehmen“, denn von den 15 Angestellten im Geschäft sind 5 Judenl (darunter 2 Lehrlinge). Hagenow ist in der Motor-SA und in dem Geschäft anscheinend nur Strohmann, denn in allen geschäftlichen Angelegenheiten richtet Hagenow sich nach den „Vorschlägen“ des Krug. Jüdische Geschäfts-Vertreter werden stets von Krug besonders berücksichtigt, welcher Geschäftsführer ist.
Mir hat Hagenow gesagt: „Sie kommen ins 10. Berufsjahr und würden dann RM 166 verdienen, die kann ich Ihnen nicht bezahlen. Unter Kollegen rate ich Ihnen, sehen Sie sich schon nach einer anderen Stellung um“. Mir als SA-Mann kann er die RM 166 - nicht bezahlen und bei 2 jüdischen Angestellten, die auch im 10. Berufsjahr sind, geht es! - Zum 1.11.34 fange ich bei einer Firma in Wandsbek an.
Bei besonderen Anlässen wird stets Hakenkreuz geflaggt, aber das Geschäftsgebaren des SA-Sturmmannes Hagenow spricht allen nationalsozialistischen Grundsätzen Hohn und muss unbedingt nachgeprüft werden.
Heil Hitler!