Verfügung des Magistrats-Personaldezernenten der Stadt Frankfurt a. M.
Die Stadtverwaltung Frankfurt a. M. verfügt am 28. März 1933 die Entlassung ihrer jüdischen Bediensteten:
Betr.: Entlassung bzw. Beurlaubung von städtischen Beamten und Angestellten jüdischen Bekenntnisses.
I. Der Herr beauftragte Oberbürgermeister3 hat folgendes verfügt:
„Als Abwehrmaßnahme gegen die von zumeist aus Deutschland ausgewanderten Juden im Ausland betriebene, dem deutschen Ansehen und der deutschen Wirtschaft schädliche Greuelpropaganda wird angeordnet:
1.) Zum Zweck der unumgänglichen Ersparnis an Personalausgaben wird gemäß Viertem Teil, Kapitel I § 1 Abs. 2, der Preuß. Sparverordnung vom 12.9.1931 sämtlichen jüdischen Angestellten der Stadtverwaltung sowie der städtischen Gesellschaften mit städtischer Kapitalmehrheit das Dienstverhältnis zum gesetzlich zulässigen nächsten Termin unter Vorbehalt der fristlosen Kündigung im Falle entsprechender gesetzlicher Ermächtigung gekündigt.
2.) Ferner werden alle jüdischen Beamten mit sofortiger Wirkung bis auf weiteres beurlaubt. Sie haben sich demgemäß aller weiteren Amtshandlungen zu enthalten. Ausnahmen sind nur da zulässig, wo nach pflichtmäßiger, sorgfältigster Prüfung durch den Dienststellenleiter bei Durchführung der angeordneten Maßnahme Allgemeininter-essen oder lebenswichtige Belange von Privatpersonen gefährdet würden und nicht rechtzeitig Ersatzpersonen zugezogen werden können.
Soweit Ersatz erforderlich, dürfen nur ehrenamtliche Kräfte als Beamte oder Angestellte mit gleicher Vorbildung unter Mitwirkung der Leitung der entsprechenden nationalsozialistischen Organisationen (N.S. Lehrer, N.S. Ärzte, N.S. Juristen und N.S. Beamtenabteilung, N.S.B.O.) verwandt werden.
3.) Der Einkauf in jüdischen Geschäften aller Art wird sämtlichen Dienststellen auf das strengste untersagt. Zuwiderhandlungen werden unnachsichtlich verfolgt.
4.) Alle laufenden Verträge mit jüdischen Firmen sind sofort zum nächsten gesetzlich zulässigen Termin unter Vorbehalt fristloser Kündigung bei entsprechender gesetzlicher Ermächtigung zu kündigen.“
II. a) In Ausführung der Ziffern 1.) und 2.) vorstehender Anordnung werden die städtischen Amts- und Dienststellen ersucht, spätestens im Laufe des morgigen Tages (29.3.33) ein Verzeichnis aller im städtischen Dienst beschäftigten jüdischen Beamten und Angestellten unter Angabe von Vor- und Zuname, Dienststellung sowie des Eintrittstages in den städtischen Dienst hierher zu übermitteln. Das Verzeichnis ist nach Dienststellen getrennt aufzustellen. Innerhalb der einzelnen Dienststellen ist zu unterscheiden nach
aa) Gemeindebeamten auf Lebenszeit,
bb) Gemeindebeamten auf Kündigung,
cc) außerplanmäßigen Beamten (Beamte zur Vorbereitung) und Anwärtern,
dd) planmäßig vertraglich Angestellten,
ee) außerplanmäßigen Angestellten mit den Vergünstigungen des § 7 des Nicht-Beamtenregulativs,
ff) außerplanmäßigen Angestellten ohne die Vergünstigungen des §7 des Nicht-Beamtenregulativs,
gg) Tarifangestellten,
hh) Sondervertragsangestellten.
Gleichzeitig sind die Personalakten der betreffenden Bediensteten beizufügen,
b) Weiterhin wird gebeten anzugeben, bei welchen lebenslänglich angestellten Gemeindebeamten (siehe aa vorstehend) eine sofortige Beurlaubung bezw. Dienstenthebung aus den unter Ziffer 2, Absatz 2, der Anordnung des Herrn beauftragten Oberbürgermeisters angeführten Gründen nicht möglich ist.
c) Soweit Ersatzkräfte erforderlich sind, bitten wir uns diese Fälle ebenfalls im Laufe des morgigen Tages (29.3.1933) mitzuteilen, um entsprechende ehrenamtliche Kräfte im Benehmen mit den in Betracht kommenden nationalsozialistischen Organisationen alsbald zur Verfügung stellen zu können.
III. Bezüglich des im städtischen Dienst stehenden jüdischen Lehrpersonais werden die Schulbehörden beauftragt, das Erforderliche unmittelbar von sich aus in gleicher Weise zu veranlassen und uns das Ergebnis umgehend mitzuteilen.
IV. Für die fristgemäße und vollständige Durchführung vorstehender Anordnung werden die Dienststellenleiter verantwortlich gemacht.
V. Hinsichtlich der bei den städtischen Gesellschaften mit städtischer Kapitalmehrheit beschäftigten jüdischen Angestellten werden die Herren Aufsichtsratsvorsitzenden ersucht, das Erforderliche in gleicher Weise unverzüglich zu veranlassen und uns das Ergebnis umgehend hierher mitzuteilen.
VI. Zweifelsfragen bitten wir im Benehmen mit der Magistrats-Personalabteilung (Automat 1568) zu klären.
VII. Bezüglich der Ziffern 3) und 4) der Anordnung des Herrn beauftragten Oberbürgermeisters wird auftragsgemäß ersucht, nach den gegebenen Weisungen strikte zu verfahren bezw. das Erforderliche unverzüglich zu veranlassen.