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Chronik und Quellen
1934
Juli 1934

Die Gestapo Düsseldorf berichtet

Die Gestapo Düsseldorf berichtete über den Monat Juli 1934:

„Bereits im vorigen Lagebericht war aufgeführt worden, dass, während ein Teil der jüdischen Bevölkerung durchaus zurückhaltend lebt, ein anderer Teil wieder ein ziemlich herausforderndes Gebaren an den Tag legt. Dafür, dass die Judenschaft teilweise wieder Hoffnungen auf einen Umschwung zu ihren Gunsten hegt, spricht der Umstand, dass neuerdings des öfteren Briefe, die aus dem Auslande an hiesige Juden gerichtet sind, Bemerkungen enthalten, wie „Haltet durch, es kommt bald anders in Deutschland! Wir wissen hier mehr als dort“, oder „Seid ruhig, es wird bald ein Ende haben; es dauert nicht mehr solange wie es schon gedauert hat!"

Die jüdischen Vereinigungen entwickelten, ebenso wie in den Vormonaten, eine rege Tätigkeit. Ihre Veranstaltungen halten sich jedoch im Rahmen von Vorträgen und Theateraufführungen, die stets rechtzeitig angemeldet wurden und nicht zu beanstanden waren.

An besonders bemerkenswerten Veranstaltungen sind für Düsseldorf zu erwähnen:

1. Gedenkfeier der Synagogengemeinde aus Anlass des 30. Todestages für Theodor Herzl; die Gedenkrede hielt Rabbiner Dr. Eschelbacher.

2. Mitgliederversammlung der Synagogengemeinde mit dem Thema: „Gründung einer jüdischen Volksschule“.

3. Kameradschaftsabende jüdischer Frontsoldaten.

4. Mitgliederversammlungen der zionistischen Vereinigung für Deutschland mit dem Thema: „Palästina von heute – Probleme des Aufbaues“.

In Remscheid fand

5. eine Mitgliederversammlung der Ortsgruppe der zionistischen Vereinigung für Deutschland statt. Der Redner, ein Jugendlicher aus Düsseldorf (Pape), wies die jüdische Jugend auf die Notwendigkeit hin, sich dem Handwerker- und Arbeiterberuf zuzuwenden. Das jüdische Volk müsse neu geschichtet werden, nur dann könne in Palästina künftig ein lebensfähiges jüdisches Volk entstehen.

Die jüdischen Sport- und Jugendvereine betätigen sich nach wie vor äusserst rege. Bei der Postüberwachungsstelle in Duisburg wurde am 17. Juli ein Brief angehalten, der in Köln abgesandt und an einen Alfred Selig, Duisburg, Bechemstrasse 4, gerichtet war. Auf dem Umschlag befand sich ein Stempelaufdruck „Schwarzes Fähnlein – Jungenschaft Gau Westmark“. Der Brief enthielt 15 Karteikarten und einen Zettel mit der Aufschrift : „Karten sofort bis spätestens 25.7. genau ausfüllen und schicken! Sei bereit! Erwarte sofort Bericht vom Führertag“. Nach den Ermittlungen handelt es sich um die jüdische Jugendvereinigung „Schwarzes Fähnlein“. Die Duisburger Ortsgruppe ist 10 Mitglieder stark. Leiter ist der vorbenannte Selig. Die Gauleitung befindet sich in Köln und wird geleitet von Gerd Braun, Köln, Lützowstrasse 39. Die Karten sind von ihm abgesandt worden und sollen zur Aufstellung einer Bundeskartei dienen. Der Ruf: „Sei bereit“ ist der Gruss des Bundes. Im Juni ds. Js. hat eine Führertagung des Bundes in Wuppertal-Elberfeld stattgefunden. Die Vereinigung besteht angeblich mit Genehmigung der Reichsjugendführung und soll keine politischen Ziele verfolgen.

Erwähnenswert ist noch die Festnahme des jüdischen Kaufmanns Max Herz in Mönchengladbach, der die Äusserung getan hat: „Die Rede Hitlers am 13. Juli ist die Verteidigungsrede eines Angeklagten gewesen.“ Haftbefehl gegen ihn ist vom Amtsgericht erlassen.“

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