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Chronik und Quellen
1935
Oktober 1935

Die Gestapo Aachen berichtet

Die Gestapo Aachen berichtete über den Monat Oktober 1935:

„Innerhalb der Partei sind Misstände bedeutsamer Art nicht zutage getreten. Leider sind indes auch im Berichtsmonat, und zwar in erhöhtem Umfange, Ausschreitungen gegen Juden zu verzeichnen gewesen. Diese waren teilweise recht unerfreulicher Natur, werden von der Bevölkerung stark missbilligt und stets ohne weiteres der Partei in die Schuhe geschoben. Im übrigen erwartet man mit Spannung das Erscheinen der Durchführungsbestimmungen zu den Nürnberger Gesetzen und sieht darin, dass sie bisher ausgeblieben sind, einen Beweis für die Schwierigkeit, diese Materie abschliessend gesetzlich zu regeln.“

„Innerhalb der jüdischen Organisationen sind in diesem Monat besondere Vorfälle nicht zu verzeichnen. Es fanden lediglich zwei musikalische Veranstaltungen des „Jüdischen Kulturbundes Rhein-Ruhr“ statt, die zu Beanstandungen keinen Anlass gaben. Die übrigen jüdischen Verbände beschränkten sich auf ihre normalen Veranstaltungen, wobei diejenigen sportlichen Charakters gegenüber dem Sommer zugenommen haben.

Bemerkenswerterweise haben sich in letzter Zeit einzelne Juden stärker bemerkbar gemacht. So wurde der jüdische Viehhändler Max Kaufmann aus Sinzenich, Krs. Euskirchen, wegen Verdachts des Verbrechens gegen § 176 festgenommen und dem zuständigen Amtsgericht vorgeführt.

Dieser Jude hat seit Ende 1933 bis Sommer 1935 wiederholt mit einem 16 Jahre alten Mädchen den Geschlechtsverkehr in der Wohnung, im Pferdestall oder im Torbogen des elterlichen Hauses, in einer Feldscheune und an einem Weg im Freien ausgeübt. Als er das Mädel zum ersten Mal geschlechtlich gebrauchte, war sie noch keine 15 Jahre alt. Kaufmann war in der fraglichen Gegend bekannt dafür, dass er darauf ausging, Christenmädchen geschlechtlich zu gebrauchen. Er gab in seiner Vernehmung selbst an, dass er noch nie mit jüdischen Mädchen geschlechtlich verkehrt habe und dass es sein innerer Drang gewesen sei, Geschlechtsverkehr mit arischen Mädchen auszuüben. In diesem Zusammenhang konnten noch mehrere Fälle nachgewiesen werden, in denen er arische Mädchen missbrauchte. (Siehe Tagesbericht Nr. 10 v. 11.10.1935 ).

In einem anderen Falle wurde der Jude Max Salomon, geboren zu Aachen und wohnhaft in Brüssel, wegen Rassenschande festgenommen und dem zuständigen Amtsgericht vorgeführt, weil er bei einer Revision eines Aachener Hotels mit einem arischen Mädchen in fast unbekleidetem Zustande angetroffen wurde und den Geschlechtsverkehr mit diesem Mädchen zugab. (Tagesmeldung vom 23.10.35 Nr. 20)

Ein jüdischer Metzger musste im verflossenen Berichtsmonat deshalb in Schutzhaft genommen werden, weil er das kaufende Publikum über seine Preisforderungen durch ein falsches Preisverzeichnis zu täuschen versuchte und hierdurch die Bevölkerung berechtigterweise erregt hatte. (Tagesmeldung Nr. 15 v. 17.10.35)

Mit welcher Dreistigkeit und Frechheit manche Juden neuerdings wieder sich bemerkbar machen, ging aus einer Eingabe von Angestellten einer jüdischen Firma aus dem Kreis Erkelenz hervor, indem diese christlichen Angestellten das Ansinnen stellten, von einem Boykott des jüdischen Geschäfts, in dem sie tätig sind, abzusehen und behördlicherseits dafür Sorge tragen zu wollen, dass ihnen somit ihre Stellen erhalten blieben.

Wenn auch die Einsender dieses Schreibens in ihrer Vernehmung angaben, nicht von dem jüdischen Geschäftsinhaber dazu aufgefordert worden zu sein, so besteht doch kaum ein Zweifel darüber, dass er der Urheber der Eingabe gewesen ist.

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass wohl kurz nach Verkündung der Nürnberger Gesetze den Juden etwas der Atem weggeblieben ist, sie sich scheinbar inzwischen aber schon wieder von dem Schreck erholt haben und in echt jüdischer Weise versuchen, sich wieder Geltung zu verschaffen.

Auf der anderen Seite sind auch die Einzelaktionen gegen Juden im verflossenen Berichtsmonat nicht ganz ausgeblieben. So wurde in Geilenkirchen ein Schaufenster des jüdischen Kaufhauses Wilhelm Gottschalk & Sohn eingeschlagen. Ermittlungen nach den Tätern blieben erfolglos. Weit schwerwiegender war der Vorfall, der sich im Haus des jüdischen Getreidehändlers Adolf Strauhs in Erkelenz zutrug. Dort wurde die Tür zu den Büroräumen aufgebrochen, die Einrichtungsgegenstände herausgeschleppt und auf einen Eisenbahnwaggon der gegenüberliegenden Güterabfertigung geworfen. U.a. wurden eine Patentwage zertrümmert und der Telefonapparat abgerissen, die Geschäftspapiere aus den Fächern und Schränken entfernt und umhergeworfen. Die Täter konnten noch nicht gestellt werden. Es steht jedoch zu hoffen, dass der Befund am Tatort zu einem greifbaren Ergebnis führen wird. Insbesondere sind verschiedene Fingerabdrücke, die nur von den Tätern stammen können, vorgefunden und gesichert worden. Es wurden ferner am Tatort zahlreiche Blutspuren festgestellt, aus denen zu schliessen ist, dass sich einer der Täter ziemlich schwer verletzt hat. Auf dem Fussboden des Tatortes fand sich ferner unter dem durchgewühlten Büromaterial ein Uniformknopf, der darauf hindeutet, dass die Täter in den Reihen der SA. zu suchen sind.

Auch von anderen Orten gingen Meldungen ein, denen zufolge an jüdischen Wohnungen durch Steinwürfe Türen beschädigt und Fensterscheiben zertrümmert wurden.

Derartige Vorkommnisse, zumal wenn sie sich in der Nähe der holländischen bezw. belgischen Grenze ereignen, sind leider geeignet, einer ausländischen Greuelpropaganda unerwünschtes Material zu liefern.“

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