Die Gestapo Aachen berichtet
Die Gestapo Aachen berichtete über den Monat April 1935:
„Im Berichtsmonat konnte man weiterhin beobachten, dass sich auch im hiesigen Gesamtbezirk eine starke judenfeindliche Stimmung bemerkbar machte, die sich vor allem durch Beschmieren der jüdischen Geschäfte mit Karikaturen und Aufschriften äusserte.“
„Die jüdischen Organisationen gewinnen in letzter Zeit ihre frühere Autorität zurück. Von der angebrachten Zurückhaltung ist ihr Verhalten oft recht weit entfernt. Vor allem ist es der Zentralverein deutscher Staatsbürger jüdischen Glaubens, der sich in der letzten Zeit durch Eingaben zum Träger oft völlig unangebrachter Beschwerden seiner Mitglieder macht. In einem Falle z.B. beschwerte sich ein Jude in einem Orte meines Bezirks, dass in der letzten Zeit das „bekannte Hetzlied gegen die Juden“ wieder auffallend viel gesungen würde. Der Verein nahm diese Beschwerde auf und wurde in diesem Sinne bei der hiesigen Staatspolizeistelle vorstellig. Dies Verhalten ist bezeichnend für die Frechheit, die heute die Juden schon wieder an den Tag legen. Wer hätte vor zwei Jahren für möglich gehalten, dass die Juden heute wagen würden bei staatlichen Stellen zu beanstanden, dass von nationalsozialistischen Formationen ein Lied gesungen wird, das in jedem Kampfliederbuch enthalten ist! Offensichtlich sind diese Juden der Auffassung, dass die augenblickliche politische und wirtschaftliche Lage ein durchgreifendes Vorgehen gegen sie nicht gestattet.
Andererseits hielt sich die wieder in verstärktem Masse einsetzende antisemitische Propaganda von erheblichen Ausschreitungen fast vollkommen frei, wenn auch zahlreiche Aufschriften auf den Fenstern jüdischer Firmen die Stimmung des Volkes zum Ausdruck bringen. So fand gerade in vergangenen Tagen eine demonstrative Kundgebung gegen einen Juden statt, der mit einem deutschen Mädchen verkehrt hatte und ihr bei der Abtreibung behilflich gewesen war. Dem Vater dieses Juden wurden die Fensterscheiben seines Schlächtergeschäfts zertrümmert, und er musste zu seiner eigenen Sicherheit einen Tag in Schutzhaft genommen werden. Befremden muss indes die Feststellung erregen, dass dieses jüdische Metzgergeschäft nach diesem Zwischenfall einen regeren Kundenzulauf zu verzeichnen hatte als vorher. Tatsächlich benutzten manche Elemente diese Gelegenheit, um durch Kauf bei diesem jüdischen Schlächter, von dem die Parteipresse abgeraten hatte, ihre Abneigung und Nichtachtung gegenüber der Bewegung als Träger des Staates kundzutun.
Der Reichsverband der nichtarischen Christen tritt neuerdings auch mit Versammlungen hervor, in denen über den Wert der Rassenfrage gesprochen wird, während die Westmark-Vereinigung BNE BRITH, die dem westdeutschen Logenverband in Köln angeschlossen ist, versucht, das jüdische Logenleben wieder aufleben zu lassen. Ebenso hält auch die zionistische Richtung verhältnismässig rege Versammlungen ab.
Jedenfalls versuchen die Juden mit aller Macht, ihr Terrain hartnäckig zu behaupten. Zugute kommt ihnen dabei die Grenznähe, die auch in Zukunft der antisemitischen Propaganda gewisse Schranken setzt.“