Die Gestapo Aachen berichtet
Die Gestapo Aachen berichtete über den Monat Januar 1935:
„Auch im verflossenen Berichtsmonat entwickelten die Juden der verschiedenen Richtungen eine starke Vereinstätigkeit, in der bei den Assimilanten immer wieder die Forderung erhoben wird, als Gleichberechtigte am Aufbau Deutschlands teilnehmen zu dürfen. So fand am 31.1.35 eine Versammlung des Reichsbundes jüdischer Frontsoldaten in Aachen statt, an der etwa 80 Personen teilnahmen. U.a. sprach der Redner davon, daß man in der Gegenwart zwei Seelen unterscheide, nämlich die deutsche und die jüdische. Die Juden, die vor 150 Jahren nach Deutschland kamen, seien gute Deutsche geworden, da in ihnen die deutsche Seele die stärkere geworden sei, so daß in ihr das Heimat- und Vaterlandsgefühl wachgerufen worden sei. Die jüdischen Soldaten hätten während des Kriegs ihre Pflicht erfüllt und würden sie auch heute wieder für Deutschland erfüllen. Nachdem noch die Ergebnisse des nationalsozialistischen Regimes, hierunter besonders die Gesetze, die zur Vereinheitlichung des Reiches führten, gewürdigt worden waren, stellte der Redner abschließend fest, daß die Juden ein Recht auf deutschen Lebensraum und Vaterland hätten, da 12000 gefallene jüdische Frontsoldaten Blutzeugen hierfür seien.
Von Seiten der christlichen Pferdehändler des hiesigen Bezirks wird lebhaft Klage darüber geführt, daß die Erlaubnis zur Pferdeeinfuhr so gut wie ausschließlich an Juden erteilt wird. Sie stehen auf dem Standpunkt, daß hier eine Änderung unbedingt notwendig ist und devisenrechtliche Bestimmungen, bei denen die Einfuhr in früheren Jahren ausschlaggebend ist, nicht allein entscheidend sein dürfen. Die Tatsache, daß heute noch die Pferdeeinfuhr fast ausschließlich durch jüdische Händler getätigt wird, hat allerdings auch in den ausländischen Nachbarbezirken erhebliches Aufsehen erregt.
Der wirtschaftliche Boykott gegen jüdische Geschäfte, insbesondere durch Ankleben der vom Verlag des „Stürmer“ vertriebenen Klebezettel, dauert nach wie vor an. Dabei ergeben sich insbesondere Schwierigkeiten immer wieder aus der Tatsache, daß die Boykott-Massnahmen von den parteiamtlichen Stellen gefördert werden, während von Seiten der Behörden auf Grund der gegebenen Bestimmungen gegen sie eingeschritten werden muß.“