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Chronik und Quellen
1943
August 1943

August 1943

An der Ostfront brachte der August, nachdem die Rote Armee am 3. des Monats zu einer neuen Offensive gegen den Nordflügel der deutschen Heeresgruppe Süd angetreten war, eine praktisch ununterbrochene Folge deutscher Niederlagen. Schon am 5. August wurden die Städte Orel und Belgorod erobert, zwei Tage später erzielten die sowjetischen Truppen tiefe Einbrüche in die deutschen Linien bei Wjasma und Smolensk. Am 9. August musste das deutsche Oberkommando die Front bis 15 km vor Charkow zurücknehmen, das dann, nachdem die Wehrmacht die Stadt am 14. März des Jahres zurückerobert hatte, am 23. August endgültig von der Roten Armee eingenommen wurde. Auch im Mittelabschnitt der Ostfront begann am 26. August eine neue sowjetische Offensive gegen die 2. deutsche Armee. Doch trotz dieser überaus bedrohlichen Entwicklung beharrte Hitler am 27. gegenüber Generalfeldmarschall Erich von Manstein in völliger Verkennung der Lage darauf, die deutschen Verbände überall Widerstand leisten zu lassen, „bis der Feind von der Nutzlosigkeit seiner Angriffe überzeugt“ sei. Immerhin gab er am 31. dann seine Einwilligung zur schrittweisen Räumung des Donezgebiets.

Am 17. August wurde der Rückzug der deutschen und italienischen Truppen aus Sizilien abgeschlossen. Damit war die alliierte Landung auf der Insel vom 10. Juli zu einem erfolgreichen Abschluss gebracht worden.

Auch der August brachte eine große Zahl schwerer Luftangriffe auf deutsche Städte und Regionen. In der Nacht zum 10. August wurden Mannheim und Ludwigshafen angegriffen, eine Nacht später Nürnberg. Wiederum einen Tag später flog die US-amerikanische Luftwaffe Angriffe gegen Bonn, Bochum, Gelsenkirchen und Duisburg, am 17. des Monats wurden Regensburg und Schweinfurt zu Zielen, tags darauf die wissenschaftlichen Versuchsanstalten des deutschen Heeres in Peenemünde. In der Nacht zum 23. August wurde Leverkusen bombardiert, 24 Stunden später Berlin. Bei einem schweren Angriff kamen in der Nacht zum 28. August in Nürnberg mehr als 3.000 Menschen ums Leben. Die letzte Luftattacke des Monats galt dann am 31. August Mönchengladbach an.

Am 1. August forderte Joseph Goebbels als Gauleiter und Reichsverteidigungskommissar die Berliner Bevölkerung angesichts der dauernden Luftangriffe per Wurfsendung dazu auf, die Stadt möglichst zu verlassen und sich in luftsichere Gebiete zu begeben. Die Berliner hingegen reagierten aufgeregt und ungehalten, hatte die NS-Propaganda alliierte Großangriffe auf die Reichshauptstadt doch stets als eher unwahrscheinlich dargestellt. Die sonntägliche Wurfsendung befeuerte Befürchtungen, dass Berlin aufgegeben werden solle, und dass dies den Anfang vom Ende darstellen würde. Aber auch in anderen deutschen Großstädten wurden immer umfangreichere Evakuierungen angeordnet. So wurden die Münchner Volksschulen am 15. August in umliegende Landkreise verlegt und alte oder gebrechliche Menschen evakuiert.

Zugleich versuchte das NS-Regime die in den Städten Zurückbleibenden zur aktiven Brandbekämpfung zu motivieren. Am 7. August erließ Goebbels zwölf Luftschutzgebote, in denen es unter anderem verharmlosend hieß: „Brandbomben sind Menschenwerk, daran denke, wenn Du sie bekämpfst! Ein tapferes Herz, entschlossener Sinn und kaltes Blut sind stärker als der Terror unserer Feinde.“

Im Rahmen der Neuordnung der Arbeitsverwaltung wurden am 1. August Gauarbeitsämter für die einzelnen Reichsverteidigungsbezirke eingerichtet. Damit wurde die deutsche Wirtschaft im Zuge des „Totalen Krieges“ noch weiter zentralisiert. Außerdem wurde am 24. August die Reichsregierung umgebildet, wobei Heinrich Himmler, bis dahin unter anderem bereits Reichsführer SS und Chef der Polizei als Nachfolger von Wilhelm Frick nun auch noch zum Innenminister ernannt wurde, während Frick als „Reichsprotektor“ für Böhmen und Mähren nach Prag wechselte.

Im Reichsgebiet urteilte der Justizapparat ganz im NS-Sinn weiterhin mit harter Hand. Am 9. August wurde in Berlin ein Wehrdienstverweigerer hingerichtet, der am 6. Juli in Linz zum Tode verurteilt worden war, weil er aus religiösen Gründen jeglichen Kriegsdienst abgelehnt hatte. Außerdem wurde das Vorgehen gegen „Wehrkraftzersetzung“ deutlich verschärft. So wurde am 23. August in Rostock ein Mann zum Tode verurteilt, weil er nach Behauptung von Zeugen in der Straßenbahn den Rücktritt Hitlers gefordert hatte. Selbst harmlos erscheinende Verhaltensweise wurden hart sanktioniert, so beispielsweise am 3. August, als das Reichsarbeitsgericht in einem Revisionsurteil bestätigte, dass wegen einer Spendenablehnung - im vorliegenden Fall für das Winterhilfswerk - eine fristlose Entlassung eines Beschäftigten rechtens sei, weil er damit eine „asoziale und staatsfeindliche Gesinnung“ an den Tag lege.

Trotz solcher allseits drohenden Gefahren legte die Belegschaft der Krupp‘schen Kleineisenfabrik in Duisburg-Rheinhausen am 16. August für rund eine Stunde ihre Arbeit nieder, um gegen eine Verschärfung des Akkords zu protestieren.

Die deutsche Presselandschaft wurde weiterhin ausgedünnt. Am 31. August erschien die letzte Ausgabe der traditionsreichen „Frankfurter Zeitung“. Damit musste das letzte noch nicht in Gänze „gleichgeschaltete“ Presseorgan auf Anweisung Hitlers sein Erscheinen einstellen.

Am 19. August wandten sich die katholischen Bischöfe in einem Hirtenbrief gegen die Tötung unschuldigen Lebens. Hintergrund waren unter anderem die als Folge von Zerstörungen durch Bombenangriffe erfolgten Verlegungen von Patienten aus Pflege-, Heil- und Anstalten in „Euthanasie“-Einrichtungen, um so Raum für Krankenhäuser und Lazarette zu schaffen. Zu beobachten waren solche Entwicklungen etwa nach den schweren Angriffen auf Essen im März 1943 oder im August in Hamburg, dass nach mehreren Bombardements zwischen dem 25. Juli und dem 3. August weitgehend zerstört worden war.

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