November 1935: Die Gestapo Köln berichtet für den Regierungsbezirk Köln
"Die Juden sehen immer mehr ein, dass für sie in Deutschland kein Raum mehr vorhanden ist, so dass die Zahl der Auswanderer in letzter Zeit gestiegen ist. Viele jüdische Geschäfte stehen zum Verkauf. Von einem ausgewanderten Juden wurde bei einer Briefzensur ein Brief aus Tel-Aviv angehalten, in dem die dortigen Verhältnisse nicht als rosig geschildert werden. Viele Entbehrungen und harte Arbeiten seien durchzumachen, um sich eine Existenz zu gründen. Trotzdem fordert der Briefschreiber seine Angehörigen auf, die Auswanderung aus Deutschland sobald wie möglich zu vollziehen, weil für die Juden in Deutschland die Existenzmöglichkeit immer mehr schwindet. In dem Brief erwähnt er u.a. folgendes:
„Ferner möchte ich Euch bitten, mir mal genaue Angaben über Preise folgender Waren zu machen:
1. Seidensamt, 2. Wollsamt, 3. Kammgarn, 4. Wollgarn.
Schickt mir evtl. einige Muster mit Preisen. Es handelt sich um solche Ware, die u.a. zum Eigentransfer zugelassen ist. Ihr könntet also die Ware dort kaufen, nach hier schicken und hier verkaufen. Ich möchte aber erst einmal einen Vergleich zwischen den Preisen herstellen. Leider kommen andere Waren Eurer Branche nicht in Frage.“
Nachdem die Juden von der städtischen Wohlfahrtsfürsorge und Stellenvermittlung sowie vom Winterhilfswerk des deutschen Reiches ausgesondert worden sind, hat sich eine intensive Sammeltätigkeit unter den Juden bemerkbar gemacht. Bei jüdischen Veranstaltungen, die von gut gestellten Juden besucht wurden, konnte man beobachten, dass vorwiegend 1, 2 und 5-Markstücke in die Sammelbüchsen der jüdischen Winterhilfe geworfen wurden. Des weiteren wird trotz der Krise in Palästina durch das Jüdische Palästinawerk e.V. Berlin (Palästina Grundfonds) eine verstärkte Sammelaktion durchgeführt. Aus einer hier abgefangenen Liste geht hervor, dass für das Palästinawerk z.Zt. Summen von 1000 bis 1500 RM von Einzelpersonen gezeichnet wurden. Diese Gelder sollen dem Ankauf von Grund und Boden in Palästina dienen. Angeblich geschieht dies auf Grund des zustande gekommenen Transfers zwischen Palästina und dem Deutschen Reich. Auch tragen sich diejenigen Juden mit Auswanderungsabsichten, die für ein Verbleiben in Deutschland waren. Diese Juden sind aber strikte Gegner der Ansiedlung in Palästina. -
Die jüdischen Viehhändler suchen in letzter Zeit vielfach Ortschaften, in denen sie vollkommen unbekannt sind, auf und kaufen das zum Verkauf stehende Vieh zu erhöhten Preisen auf, um es dann anschliessend auf den Märkten und in Schlachthöfen abzusetzen. Es erweckt den Anschein, dass sie die erhöhten Preise nur deshalb zahlen, um die arischen Viehhändler auszuschalten. Wenn die jüdischen Viehhändler vielfach von den Landwirten abgewiesen werden, so verstehen sie es dennoch im Hinblick auf die Überbietung der Höchstpreise, Geschäfte abzuschliessen. Dieses Verhalten der Juden hat in den Kreisen der Metzgermeister eine beachtliche Beunruhigung hervorgerufen, da letztere nicht in der Lage sind, die erhöhten Preise ohne Gefährdung der Existenz zu zahlen. So hatte z.B. ein Metzger für ein schlachtreifes Rind RM 220.- geboten, ein Preis, der als angemessen bezeichnet wurde. Ein von auswärts erscheinender Händler bot dem Landwirt für dasselbe Tier einen Kaufpreis von 270.- RM, für den das Rind abgegeben wurde. Die Metzger sind sogar teilweise gezwungen, Vieh bei den jüdischen Händlern zu kaufen, wenn sie ihren Bedarf decken wollen.
Die jüdischen Viehhändler verstehen es auch heute noch, ihre Geschäfte zu erhalten, was auf die Abhängigkeit einzelner Bauern zurückzuführen sein dürfte. In der Vergangenheit sind viele Bauern infolge wirtschaftlicher Schwierigkeiten Juden in die Hände gefallen, die diese geschäftlichen Verbindungen heute noch ausnutzen.
Im Berichtsmonat kamen 11 Juden wegen krimineller Vergehen, vorwiegend wegen Betrugs und Untreue, zur Anzeige. Ein Jude ist wegen nachgewiesenen Verbrechens gegen das Gesetz zum Schutze des deutschen Blutes und der deutschen Ehre vom 15.9.35 festgenommen worden.