Februar 1935
Unter dem Vorsitz von Hitlers Stellvertreter Rudolf Heß fand am 14. Februar in Berlin eine Tagung der 18 NSDAP-Reichsleiter statt. Sie, die an der Spitze von reichsweit mehr als 500.000 „politischen Leitern“ der Partei standen, sollten dafür Sorge tragen, „dass auf allen Gebieten des Lebens eine Führung vorhanden ist, die unbeirrbar zur nationalsozialistischen Lebensanschauung steht“. Die Tagung, an der in ihrer Funktion als Reichsleiter unter anderem auch Goebbels, Ley, Bormann und Rosenberg teilnahmen, sollte die Geschlossenheit der NSDAP öffentlich demonstrieren. Zugleich war das Kernthema des Treffens brisant, ging es doch um eine „Säuberung“ der Partei von unerwünschten Mitgliedern und um das Vorhaben, sie insgesamt auf einen politisch zuverlässigen „Kernbestand“ zu reduzieren. Wegen der Sensibilität des Themas wurde die Presse angewiesen, lediglich nichtssagende Berichte über das Treffen der führenden Parteirepräsentanten zu veröffentlichen.
Am 26. Februar kündigte Kanzler Hitler vor dem Kabinett den Ausbau der Luftwaffe als neben Heer und Marine dritter Waffengattung der Wehrmacht an. Mit diesem Vorhaben, das mit dem 1. März in Angriff genommen werden sollte, verstieß das NS-Regime massiv gegen die Bestimmungen des Versailler Vertrages.
Ebenfalls am 26. Februar wurde per Gesetz das Führen eines „Arbeitsbuchs“ verpflichtend. In diesem Dokument musste jeder abhängig Beschäftigte Art und Dauer seiner Tätigkeit akribisch nachweisen und bestätigen lassen. Ziel war eine gezielte „Lenkung des Arbeitsmarkts“, was faktisch zugleich dessen totale Überwachung ermöglichte. Ab dem 1. April 1935 durfte niemand mehr ohne Arbeitsbuch beschäftigt werden.
Dafür, dass jeder im Dienst der „Volksgemeinschaft“ seiner Arbeit nachkam, sollte künftig unter Anwendung von Zwangsmitteln Sorge getragen werden. In Süddeutschland wurden beispielsweise am 6. Februar mehrere Männer, die wegen „Trunksucht“ nicht mehr für den Unterhalt ihrer Familien aufkommen konnten, zum „Arbeitseinsatz“ ins KZ Dachau eingeliefert. Das Beispiel zeigt, wie rigoros die NS-Rassenideologie zunehmend auch in das tägliche Leben der Bevölkerung eingriff.
Die Stellung der Kirchen zum NS-Staat war und blieb steter Reibungspunkt. Am 4. Februar begannen Gestapo und Zollfahndung mit einer systematischen Durchsuchungsaktion in zahlreichen Klöstern. Unter dem Vorwurf angeblicher Devisenvergehen wurden hierbei auf zahlreiche Verhaftungen vorgenommen. Im Rahmen einer Predigt protestierte der Münchener Kardinal Michael von Faulhaber sechs Tage später massiv gegen den Versuch des NS-Regimes, eine Einheitsschule einzuführen und damit zugleich die konfessionsgebundenen Schulen abzuschaffen. Er begründete seinen Protest mit Bezug auf Artikel 23 des im Juli 1933 abgeschossenen Konkordats.
Auch Teile des deutschen Protestantismus meldeten sich zu Wort. Am 21. Februar richtete die Leitung der Bekennenden Kirche ein Schreiben an die evangelischen Gemeinden, in dem sie unter der Losung „Seid nüchtern und wachet!“ das von den Nationalsozialisten geförderte „Neuheidentum“ verurteilte. Ihre Kritik richtete sich dabei insbesondere gegen die von der NSDAP unterstützte „Deutsche Glaubensbewegung“ und den von ihr propagierten germanisch-heidnischen Götterglauben.