Verdrängung und Vernichtung der jüdischen Bevölkerung
Der Januar und damit das Jahr 1939 begann mit einer zwar bereits zuvor bekannten, aber natürlich dennoch äußerst schmerzlichen und diffamierenden Neuerung: Ab sofort mussten jüdische Männer und Frauen den zusätzlichen Vornamen „Israel“ bzw. „Sara“ führen, falls sie nicht bereits einen - vom Reichsminister des Innern als „jüdisch“ definierten Vornamen tragen.
Nicht weniger schmerzlich werden viele die Folgen einer Anweisung des Reichswirtschaftsministeriums an die kommunalen Pfandleihanstalten empfunden haben, mit der am 16. Januar die Abgabe von Schmuckgegenständen und anderen Wertgegenständen auf der Grundlage der Verordnung vom 3. Dezember 1938 geregelt wurde, mit der die jüdische Bevölkerung gezwungen wurde, Schmuck und andere Gegenstände aus Edelmetall weit unter Wert zu veräußern.
Mit der „8. Verordnung zum Reichsbürgergesetz“ war am 17. Januar auch das berufliche Ende für jüdische Zahnärzte, Apotheker und Tierärzte gekommen, deren Zulassungen zum Monatsende erloschen. Wie die jüdischen Ärzte durften nun auch die Zahnärzte - nun „Zahnbehandler“ genannt - ausschließlich jüdische Patienten behandeln.
Einen kleine, wenn auch nur sehr kurz währenden und keinesfalls nachhaltig wirkenden Lichtblick gab es für die im Rahmen der „Polen-Aktion“ Ende Oktober des Vorjahres Abgeschobenen. Ihnen wurde im Rahmen eines am 24. Januar zwischen der deutschen und der polnischen Regierung erzielten Übereinkommens erlaubt, zur Auflösung ihrer Geschäfte für kurze Zeit nach Deutschland zurückkehren, um hier schnellstmöglich ihre Betriebe abzuwickeln und ihr Vermögen flüssig zu machen, um danach den größten Teil an das Deutsche Reich abzuführen.
Am 24. Januar wurde die „Reichszentrale für jüdische Auswanderung“ eingerichtet, die Reinhard Heydrich als Chef der Sicherheitspolizei unterstellt wurde. Die Hauptaufgabe sollte darin bestehen, eine massive Auswanderung von Juden zu fördern. Am gleichen Tag wurde Heydrich von Hitler zudem damit beauftragt, „die Judenfrage in Form der Auswanderung oder Evakuierung einer den Zeitverhältnissen entsprechenden, möglichst günstigen Lösung zuzuführen“ – was immer konkret darunter zu verstehen war.
Andere wichtige NS-Protagonisten meldeten sich im Monatsverlauf mit antisemitischen Beiträgen zu Wort. So forderte der NS-Chefideologe Alfred Rosenberg die westlichen Demokratien am 15. Januar auf, den Juden ein Gebiet außerhalb Palästinas zuzuweisen, um dort „ein jüdisches Reservat einzurichten“. Im Berliner Sportpalast richtete der fränkische NS-Gauleiter und „Stürmer“-Herausgeber Julius Streicher am 25. Januar gemeinsam mit dem italienischen Staatsminister Roberto Farinacci heftige Angriffe gegen das Judentum und die angeblich judenfreundliche katholische Kirche. Den unrühmlichen Höhepunkt bedeutete in dieser Hinsicht die vielfach zitierte Rede, die Adolf Hitler am 30. Januar vor dem Reichstag hielt und in deren Rahmen der den Juden erstmals öffentlich ihre völlige Auslöschung androhte: „Ich will heute wieder ein Prophet sein: Wenn es dem internationalen Finanzjudentum in und außerhalb Europas gelingen sollte, die Völker noch einmal in einen Weltkrieg zu stürzen, dann wird das Ergebnis nicht die Bolschewisierung der Erde und damit der Sieg des Judentums sein, sondern die Vernichtung der jüdischen Rasse in Europa.“