Schnellbrief und Fernschreiben des Reichsführers-SS zur "Polenaktion"
Am 26. Oktober 1938 ordnet ein Schnellbrief des Reichsführers SS und Chefs der deutschen Polizei die sofortige Abschiebehaft polnischstämmiger Juden nach Polen an:
"Der Reichsführer-SS
und Chef der Deutschen Polizei
im Reichsministerium des Innern
S.V.7 2255/38-509-27
Berlin, den 26. Oktober 1938
Sofort !
Schnellbrief !
An
a) die ausserpreussischen Landesregierungen,
b) den Herrn Reichskommissar für das Saarland in Saarbrücken ,
c) die Herren Preussischen Regierungspräsidenten,
d) die Herren Polizeipräsidenten in Berlin (Abteilung II).
Nachrichtlich
den Herren Preussischen Oberpräsidenten,
dem Herrn Staatspräsidenten der Reichshauptstadt Berlin, den Staatspolizei(leit)stellen.
Betreff: Aufenthaltsverbot für Juden polnischer Staatsangehörigkeit.
Die polnische Regierung hat am 6. Oktober 1938 eine Verordnung erlassen, nach der alle Pässe der im Ausland lebenden polnischen Staatsangehörigen mit Wirkung vom 29. Oktober 1938 ab nicht mehr zum Grenzübertritt nach Polen berechtigen, wenn diese Pässe nicht einen Prüf¬vermerk enthalten. Diese Massnahme der polnischen Re-gierung würde unter Umständen bedeuten, dass die in Deutschland lebenden zahlreichen polnischen Juden dau¬ernd in Deutschland geduldet werden müssten.
Um einer solchen Auswirkung zu begegnen, ersuche ich, nach Benehmen mit dem Auswärtigen Amt, den Ausländerpolizeibehörden die Weisung zu geben, sofort im großen Umfange gegen Juden polnischer Staatsangehörigkeit Aufenthaltsverbote für das Reichsgebiet zu er-lassen und ihnen die Verbotsverfügung sofort zuzustellen. Die Aufenthaltsverbote sind mit Frist bis zum 29. Oktober 1938 auszusprechen; die Betroffenen sind darauf aufmerksam zu machen, dass sie bis zu diesem
Zeitpunkt das Reichsgebiet verlassen haben müssen.
Ich ersuche, alle Vorkehrungen zu treffen, dass diese Maßnahmen in einem möglichst großen Umfang durchgeführt werden können; gegf. sind andere Aufgaben zurückzustellen.
Über das Veranlasste ersuche ich, mir umgehend Bericht zu erstatten.
In Vertretung:
gez. Heydrich"
Einen Tag später verschickte Der reichsführer-SS außerdem folgendes Fernschreiben:
"
Fernschreiben aus Berlin NUE 237 033 v.27.10.38 1245 = = Kri t z = =
An
alle außerpreußischen Landesregierungen - Innenministerien - (mit Österreich), den Herrn Reichskommissar für das Saarland in Saarbrücken
die preußischen Regierungspräsidenten, den Polizeipräsidenten - Abt.II - Berlin,
nachrichtlich
den preussischen Oberpräsidenten,
dem Staatspräsidenten der Reichshauptstadt Berlin,
den Staatspolizei(leit)stellen.
Betreff : Aufenthaltsverbot für Juden polnischer Staatsangehörigkeit.
Im Anschluss an den Schnellbrief v. 26.10.38 S.V. 7 Nr. 2255/38 - 509 - 27.
Da die polnische Regierung bisher keine ausreichende Erklärung über die Nichtanwendung ihrer Verordnung über die Kontrolle der Auslandspässe vom 6. Oktober 1938 gegenüber den im Reich sich aufhaltenden polnischen Juden abgegeben hat, ersuche ich, unter Einsatz aller Kräfte der Sicherheits- und Ordnungspolizei und unter Zurückstellung anderer Aufgaben alle polnischen Juden, die im Besitz gültiger Pässe sind, sofort unter Aushändigung formularmäßiger Aufenthaltsverbote für das Reichsgebiet in Abschiebungshaft zu nehmen und unverzüglich nach der polnischen Grenze in Sammeltransporten abzuschieben. Die Sammeltransporte sind so durchzuführen, dass die Überstellung über die polnische Grenze noch vor Ablauf des 29. Oktober 1938 erfolgen kann. Es muss erreicht werden, dass eine möglichst große Zahl polnischer Juden, namentlich der männlichen Erwachsenen, rechtzeitig vor dem genannten Zeitpunkt über die Grenze nach Polen geschafft wird. Die Ankunft der Transporte ist den zuständigen Staatspolizeistellen an der polnischen Grenze vorher anzuzeigen.
Der RF-SSuChdDTPoliRmdI. - S.V. 7
Nr. 2255/38 - 509 – 27
I. A. gez. Dr. Best"