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Chronik und Quellen
1941
Januar 1941

Januar 1941

In einem Aufruf zum Jahreswechsel kündigte Adolf Hitler für 1941 die Vernichtung der deutschen Gegner an: „Das Jahr 1941 wird das deutsche Heer, die deutsche Marine und Luftwaffe in gewaltiger Verstärkung und in verbesserter Ausrüstung antreten sehen. Unter ihren Schlägen werden dann die letzten Phrasen der Kriegsverbrecher zusammenbrechen.“

Am 19. Januar trafen der italienische Ministerpräsident Mussolini und Hitler auf dem Berghof in Berchtesgaden zusammen, um über eine gemeinsame Kriegführung der Achsenmächte im Mittelmeerraum zu verhandeln. Hintergrund waren die italienischen Misserfolge, die die bis dahin geltende Aufteilung der Einflusssphären nördlich und südlich der Alpen wenig sinnvoll erscheinen ließen. Außerdem teilte Hitler seinem italienischen Partner mit, dass er deutsche Truppen nach Nordafrika entsenden werde, wo einige Tage darauf am 22. Januar britische Truppen Tobruk eroberten.

Nachdem Erich Raeder als Oberbefehlshaber der Kriegsmarine am 28. Januar vor Werftarbeitern in Bremen angekündigte hatte, dass die deutsche Flotte so ausgebaut werden solle, „wie es einer Weltmacht würdig ist“, versicherte Hitler selbst zwei Tage später im Rahmen einer Festveranstaltung im Berliner Sportpalast zum achten Jahrestag der NS-Machtübernahme, der Nationalsozialismus werde „die kommenden Jahrtausende der deutschen Geschichte bestimmen“. Hinsichtlich des aktuellen Kriegsgeschehens kündigte er eine Ausweitung des Luft- und U-Boot-Kriegs gegen Großbritannien und das Eingreifen der Wehrmacht auf dem Balkan an. Abschließend versuchte er Zuversicht zu verbreiten, indem er 1941 zum „Jahr einer großen Neuordnung Europas“ erklärte.

Die deutsche Luftwaffe hatte zuvor im Verlauf des Monats zahlreiche schwere Luftangriffe auf London und andere britische Großstädte geflogen. So wurden Cardiff (3.1.), Bristol (4.1.), London (5., 9. und 11.1.), Manchester (9.1.) Ziele der deutschen Bomber. Bei diesen Angriffen kamen mindestens 1.550 Menschen ums Leben, mehr als 2.000 wurden verletzt. Am 12. Januar griffen dann britische Bomberstaffeln ihrerseits Ziele in Süddeutschland an. Im weiteren Verlauf des Monats ließen die kriegerischen Aktivitäten im Luft- und Seekrieg zwischen beiden Staaten dann aber spürbar nach.

Entgegen aller offiziellen Bekundungen zum Beginn des Winters kämpfte man im gesamten Reichsgebiet im Januar mit Engpässen in der Kohleversorgung. So berichtete der Sicherheitsdienst der SS am 13. Januar über große Lücken in der Versorgung der Bevölkerung mit Hausbrandkohle.

Der Konflikt zwischen NS-Regime und katholischer Kirche spitzte sich zu: Am 13. Januar forderte Martin Bormann in einem Geheimerlass alle Gauleiter zum sogenannten „Klostersturm“ auf, in dessen Rahmen Klostergemeinschaften aufgehoben und enteignet, die Klöster und andere kirchliche Anstalten NS-Zwecken – etwa als Nationalpolitische Erziehungsanstalten oder Erholungsheime – zugeführt werden sollten. Damit fand die kirchenfeindliche Politik des NS-Regimes ihren vorläufigen Höhepunkt, der mit „kriegsbedingten Notwendigkeiten“ nur unzureichend begründet wurde. Die Proteste von Bischöfen und Kirchenvolk blieben in aller Regel ohne Erfolg.

 

Verdrängung und Vernichtung der jüdischen Bevölkerung

Im Januar 1941 einigten sich die zuständigen Reichsministerien nach längeren Diskussionen schließlich darüber, Juden im „Altreich“ offiziell in ein Zwangsarbeitsverhältnis zu zwingen. Die bereits vorbereitete Verordnung zur Legalisierung des von den Arbeitsämtern längst praktizierten Verfahrens wurde aus technischen Gründen allerdings nicht erlassen, die neuen Richtlinien dann aber Anfang März in der Tagespresse verbreitet.

Der Sicherheitsdienst der SS berichtete im Januar über die Reaktionen auf den im Vormonat neu angelaufenen antisemitischen Propagandafilm „Der ewige Jude“: Der Film sei aufgrund der ausführlichen Vorankündigungen in Presse und Rundfunk „von der Bevölkerung mit großer Spannung erwartet“ und von Besuchern immer wieder hervorgehoben worden, der Film habe den hochgespannten Erwartungen durchaus entsprochen. Er habe auf viele „aufklärender, überzeugender und einprägsamer gewirkt“ als viele der im Umlauf befindlichen antijüdische Schriften. In München, so hieß es, sei während des Films im Kinosaal „geradezu befreit und begeistert“ applaudiert worden, als jene Passage von Hitlers Rede am 30. Januar 1939 eingeblendet worden sei, in der er voraussagte habe, „daß ein neuer Krieg nur das Ende und die Vernichtung des Judentums zur Folge haben könne“.

Am 30. Januar erneuerte der „Führer“ im Rahmen seiner Rede zum Jahrestag der NS-Machtübernahme im Berliner Sportpalast mit ausdrücklichem Hinweis auf seine genau zwei Jahre zuvor gehaltene Rede diese Drohung, dass „das gesamte Judentum seine Rolle in Europa ausgespielt“ habe. „Die kommenden Monate und Jahre werden erweisen, daß ich auch hier richtig gesehen habe. Schon jetzt ergreift unsere Rassenerkenntnis Volk um Volk und ich hoffe, daß auch diejenigen Völker, die heute noch in Feindschaft gegen uns stehen, eines Tages ihren größeren inneren Feind erkennen werden und daß sie dann doch noch in eine Front mit uns eintreten werden: Der Front gegen die internationale jüdische Ausbeutung und Völkerverderbung!“

Anfang Januar 1941 hielt sich Dr. Otto Ambros als Vorstandsmitglied des IG-Farben-Konzerns in Kattowitz in Oberschlesien auf, um dort einen Standort für ein neues Chemiewerk zu finden, wo große Mengen des kriegswichtigen synthetischen Kautschuks „Buna“ produziert werden sollen. Er entschied sich schließlich für die Gegend um Auschwitz, vor allem auch deshalb, weil es dort bereits ein Konzentrationslager gab, aus dem das Unternehmen einen großen Teil des Arbeitskräftebedarfs zu decken gedachte.

Zugleich drängt das Reichssicherheitshauptamt weiterhin mit Macht darauf, die polnische und jüdische Bevölkerung aus den eingegliederten Ostgebieten - also den ehemals polnischen Westgebiete, vor allem dem „Wartheland“ und Ostoberschlesien - möglichst schnell in das Generalgouvernement „umzusiedeln“. Am 8. Januar fand in Berlin eine Besprechung über diesen sogenannten „3. Nahplan“ statt, in der auch festgehalten wurde, dass im Gegenzug rund 400.000 „Volksdeutsche“ aus Osteuropa in den frei werdenden Gebieten erwartet würden.

Direkt zum Jahresbeginn gab es eine neuerliche Deportation aus dem „großdeutschen“ Reichsgebiet: Am 15. Januar erfolgte ein „Judentransport“ mit 1.034 Menschen aus Wien in den Distrikt Lublin. Diese und folgende Deportationen der Wiener Juden waren von Hitler Anfang Dezember 1940 angeordnet worden.

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