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Chronik und Quellen
1942
Juni 1942

Aufforderung der Bezirksstelle Rheinland der Reichsvereinigung der Juden zur Deportation

Bezirksstelle Rheinland
der Reichsvereinigung
der Juden in Deutschland

Herrn, Frau, Frl., Familie
(... Person/en ...)

Im Auftrag der Geheimen Staatspolizei, Staatspolizeistelle Köln, teilen wir Ihnen mit, daß Sie sich für einen Abwanderungstransport, der am 15. d.Mts. abgeht, ab 13.6.1942 zur Verfügung zu halten haben.

Ort und Zeit der Gestellung wird Ihnen noch durch den zuständigen Herrn Landrat bekanntgegeben werden.

Von folgenden Richtlinien und Vorschriften ersuchen wir Sie, Kenntnis zu nehmen und sie im eigenen Interesse strikte zu befolgen:

1. Die anhängende/n Vermögenserklärung/en ist/sind für jede Person, auch für jedes Kind ohne Rücksicht darauf, ob Vermögen vorhanden ist oder nicht, sorgfältig auszufüllen und unterschrieben

bis.........................

bei uns eintreffend zur Absendung zu bringen. Den Vermögenserklärungen sind Sparkassenbücher, Hypothekenbriefe sowie alle Wertpapiere beizufügen. (Die aus dem Stadt- und Landkreis Bonn zur Abwanderung kommenden Juden erhalten die Vermögenserklärungen durch die örtlich zuständige Behörde und haben sie nach deren Weisung                wieder abzugeben.)

Die Absendung der Vermögenserklärungen, die an uns einzureichen sind, muß spätestens am ………....... vormittags erfolgen, damit die Unterlagen rechtzeitig bei uns eintreffen. Wir selbst müssen sie noch am ....................... der Geheimen Staatspolizei, Staatspolizeistelle Köln, einreichen.

Nicht in die Vermögenserklärung werden diejenigen Sachen aufgenommen, die zum Transport mitgenommen werden. Ebenso wird an dem verfügbaren Vermögen, das nach dem Stand vom 1. März 1942 einzusetzen ist, gleich der Betrag in Abzug gebracht, den der Abwandernde der Reichsvereinigung der Juden zu spenden gedenkt (siehe Ziffer 5).

2. An Gepäck dürfen mitgenommen werden:

1 Koffer oder Rucksack und 1 Bettsack in der Größe von cirka 70 cm Breite und 40 cm Höhe. Der Bettsack soll enthalten Betten und Bettwäsche. Der Koffer soll enthalten:   Kleider, Wäsche und die persönlichen Gebrauchsgegenstände. Jedes Gepäckstück muß deutlich sichtbar mit dem Namen versehen sein. 1 Eßbesteck und 1 Eßnapf sind unbedingt mitzunehmen.

3. Jeder Transportteilnehmer hat RM 50,-- zum Gestellungsort mitzubringen. Wer diese RM 50,-- nicht besitzt oder nur teilweise den Betrag aufbringen kann, hat sich beim Vertrauensmann zu melden, der den fehlenden Betrag telegraphisch oder telefonisch bei uns anfordert. Es wird jedoch erwartet, daß diejenigen Glaubensgenossen, die besser situiert sind, den verarmten Glaubensgenossen die Beträge zur Verfügung stellen. Eine Mitnahme von Geld ist strengstens verboten.

Wertsachen jeder Art, Gold, Silber, Platin, mit Ausnahme der Eheringe sind zum Gestellungsort mitzubringen und in einem Briefumschlag verpackt zur Abgabe bereitzuhalten. Ebenso sind die nicht verbrauchten Lebensmittelmarken und Wohnungsschlüssel in einem Briefumschlag mitzubringen. Die Briefumschläge haben die ausführliche Adresse des Abwandernden zu tragen.

4. Die gemeldeten Schreibmaschinen, Fahrräder, Ferngläser usw. sind bei dem zuständigen Büro oder an den Vertrauensmann abzugeben. Jeder Gegenstand ist mit genauer Adresse des Abgebenden zu versehen.

5. Sie finden ferner anhängend einen Antrag auf Freigabe an den Herrn Oberfinanzpräsidenten Köln sowie den Entwurf eines Briefes an Ihre kontoführende Bank. Diese Formulare sind zu verwenden bei der Spende, die die Reichsvereinigung der Juden anläßlich Ihrer Abwanderung von Ihnen erwartet. Es liegt eine generelle Genehmigung der Aufsichtsbehörde vor, daß mindestens 25   % des flüssigen Vermögens an die Bezirksstelle Rheinland der Reichsvereinigung der Juden in Deutschland, Köln, Rubensstr. 33 auf deren Sonderkonto „W" bei der Commerzbank Köln gespendet werden dürfen. Die Spenden sind also der Höhe nach nicht begrenzt. Wer ein Sperrkonto besitzt, muß das blaue Formular und den anhängenden Auftrag an die Bank ausfüllen und mit der Vermögenserklärung an uns einsenden. Wer kein Sperrkonto besitzt, braucht nur das Schreiben an die Bank auszufüllen. Die erforderlichen Genehmigungen durch die Geheime Staatspolizei und die Devisenstelle werden von uns eingeholt. Es ist in dem Auftrag an die Bank zu vermerken, ob es sich um ein Sparkassenbuch handelt. Die Nummer des Sparkassenbuches ist dann mit anzugeben.

6. Lebensmittel sind nur für die Dauer von 3 Tagen, also Marschverpflegung, mitzunehmen. Ein Vorgriff auf die Lebensmittelkarten ist unter keinen Umständen gestattet .

Wir erwarten von jedem Transportteilnehmer, daß er sich an die vorgenannten Richtlinien genauestens hält.

Es ist zwecklos, Rückstellungsanträge bei der Behörde einzureichen, da sie nicht berücksichtigt werden können.

Nichtgestellung zum festgesetzten Termin hat staatspolizeiliche Maßnahmen zur Folge.

7. Fehlende Kleidungsstücke können gegebenenfalls telegraphisch bei uns angefordert werden; soweit die Kleiderkammer dazu in der Lage ist, werden wir helfen (zurückbleibende Kleidungsstücke, Spinnstoffe und Schuhe können an die Kleiderkammer der Reichsvereinigung der Juden abgeführt werden. In diesem Fall sind sie nicht in die Vermögensaufstellung einzusetzen.)

Wir haben die Vertrauensleute angewiesen, den Transportteilnehmern nach jeder Richtung behilflich zu sein und sie zu unterstützen, wie auch wir unsererseits alles tun werden, was in unseren Kräften steht, um zu helfen.

Bezirksstelle Rheinland der Reichsvereinigung der Juden in Deutschland

Köln, den 6. Juni 1942
Ernst Israel Peiser
Rubensstr. 33 P/He

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