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Chronik und Quellen
1941
November 1941

November 1941

Das Oberkommando der Wehrmacht machte der deutschen Bevölkerung Hoffnung und meldete am 11. November zunächst ein weiteres Vordringen deutscher Truppenverbände gegen die sowjetischen Städte Sewastopol und Kertsch auf der Halbinsel Krim. Vier Tage später wurde dann bekanntgegeben, dass nach dem Abklingen der Schlammperiode und dem ersten Frost die zweite Phase des Angriffs auf Moskau folgen würde.

Kertsch wurde tatsächlich eingenommen, wodurch die Wehrmacht ab dem 16. November die gesamte Krimhalbinsel mit Ausnahme der Festung Sewastopol besetzt hielt. Anders stellte sich allerdings die Lage um Rostow dar. Dort hatte die Rote Armee am 17. November zunächst zu einer Gegenoffensive angesetzt und deutsche Panzereinheiten zurückgedrängt. Die schlugen jedoch zurück, erreichten bereits zwei Tage später ihrerseits Rostow, das dann bis zum 21. November wieder ganz in deutscher Hand war. Aber schon am 29. November eroberten die Sowjets die Stadt erneut zurück. Weiter nördlich besetzten deutsche Truppen am 23. November die nordwestlich von Moskau gelegene Stadt Klein und erreichten am 27. das Gebiet um Krasnogorsk nordwestlich der russischen Metropole.

Der ständige Wechsel zermürbte die ohnehin erschöpften deutschen Verbände noch stärker. Marsch- und Kampfpausen konnten kaum mehr zur Erholung genutzt werden, sondern dienten fast ausschließlich der Instandsetzung der Waffen und dem „Organisieren“ von Zusatzverpflegung. Die Kampfmoral ließ unter solchen Umständen deutlich nach, und die Zahl von Befehlsverweigerungen nahm deutlich zu.

Auf dem nordafrikanischen Kriegsschauplatz eröffneten die Briten am 18. November eine Offensive, um das seit April von deutschen Truppen eingeschlossene Tobruk zu befreien.

Auch im Luftkrieg blieben die britischen Kräfte sehr aktiv. Die Royal Air Force bombardierte am 7. November Berlin, Mannheim, Köln und das Ruhrgebiet. Einen Tag später kam es in München und Augsburg zu panikartigen Reaktionen in der Bevölkerung, nachdem sich das durch alliierte Flugblätter gestreute Gerücht eines geplanten Großangriffes der Engländer verbreitet hatte. Auch in weiteren Großstädten schürten die verstärkten Angriffe eine allgemeine Angst. So griffen britische Bomber am 10. November Hamburg, Emden und Cuxhaven an; am 30. November folgte ein weiterer Angriff auf Hamburg.

An der Heimatfront machten sich immer neue Engpässe bemerkbar. So äußerten am 6. November Buchhändler die Befürchtung, dass sie Verbraucher bald nicht mehr ausreichend mit Büchern versorgen könnten. Als Gründe wurden drastische Reduktionen der Buchproduktion und ein wachsendes Interesse der Bevölkerung an Büchern angegeben. Am 22. November wurde die Bevölkerung aufgerufen, morgens zwischen 6 und 10 Uhr möglichst keine elektrischen Geräte zu verwenden, um so die Stromversorgung der Rüstungsindustrie und der Landwirtschaft sicherzustellen. Gerade angesichts des nahenden Winters wurden solche Einschränkungen als gravierend erlebt. Es fehlte mehr und mehr und überall an den einfachsten Dingen. Das Oberkommando der deutschen Wehrmacht sah sich genötigt, am 8. November im gesamten Reichsgebiet eine Flaschensammlung durchzuführen, um die Versorgung der Frontsoldaten mit Getränken sicherzustellen.

Die Öffentlichkeit – und hier insbesondere die deutsche Jugend - wurde im November durch zwei Todesfälle erschüttert und verunsichert. Der deutsche Generalluftzeugmeister Ernst Udet, erfolgreicher und entsprechen bekannter Jagdflieger des Ersten Weltkriegs, beging am 17. November Selbstmord, weil ihm von Hermann Göring Fehlentwicklungen bei der Ausrichtung der Luftwaffe angelastet wurden. Offiziell wurde hingegen verbreitet, Udet sei beim Test eines neuen Flugzeugtyps abgestürzt. Fünf Tage danach kam mit Luftwaffenoberst Werner Mölders ein weiterer Kriegsheld bei einem Flugzeugabsturz in der Nähe von Breslau ums Leben. Der 28-jährige Mölders, der sich auf dem Weg zur Beisetzung von Udet befand, hatte im Juli den 101. Abschuss erzielt und wurde in sämtlichen Medien als „Vorbild für die Jugend“ gefeiert.

 

Verdrängung und Vernichtung der jüdischen Bevölkerung

Nicht nur an Brutalität, sondern auch an Zynismus war das NS-Regime kaum zu überbieten und ersann immer neue Gesetze, Verordnungen und Erlasse, mit denen die schrumpfende jüdische Bevölkerung noch weiter gedemütigt werden konnte. Das geschah unter anderem mit Hilfe der 11. Verordnung zum Reichsbürgergesetz vom 25. November 1941. Diesem Gesetz zufolge verloren nun alle deutschen Jüdinnen und Juden, die - in euphemistischem Juristendeutsch - ihren „Aufenthalt“ anderswo genommen hatten, ihre Staatsbürgerschaft - gleichgültig, ob der „Umzug“ in Form von Auswanderung, Flucht oder infolge ihrer Deportation geschehen war. Die zynische Formulierung lautete: „Der gewöhnliche Aufenthalt im Ausland ist dann gegeben, wenn sich ein Jude im Ausland unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er dort nicht nur vorübergehend verweilt“, wobei unter „Ausland“ auch das unter deutscher Verwaltung stehende Generalgouvernement gezählt wurde. Aufgrund der Verordnung fiel nicht nur das Vermögen der so kollektiv Ausgebürgerten an den Staat, sondern sie schuf bis zu 240.000 neue Staatenlose, die - rechtlich vogelfrei - im nächsten Schritt in Vernichtungslager transportiert und massenhaft ermordet wurden. Damit stand die Ausbürgerung am Anfang des Vernichtungsprozesses.

Aber auch im Kleinen entfalteten die NS-Repräsentanten immer wieder neue Boshaftigkeiten, die das ohnehin kaum mehr erträgliche Leben der (noch) in Deutschland Zurückbleibenden noch weiter beeinträchtigte. So wurden sie 13. November 1941 per Verfügung dazu verpflichtet, sämtliche elektrischen Geräte, Schreibmaschinen, Fahrräder, Kameras und Ferngläser abzuliefern. Amnnächsten Tag wurde ihnen der freie Verkauf von Büchern und damit v.a. die Veräußerung von jüdischen Privatbibliotheken untersagt. Diese wie jede weitere neue restriktive Bestimmung schuf zugleich neue Anlässe für Hausdurchsuchungen und Verhaftungen - und sei es auch nur wegen des Besitzes von geschenkten, für die jüdische Bevölkerung aber verbotenen Lebensmitteln.

Dominierendes Thema blieben aber die Deportationen, die sich nach ihrem Beginn Mitte Oktober 1941 wie eine Art unbesiegbaren Schreckgespensts auftürmten. Den davon Betroffenen wurde laut eines „Schnellbriefs“ des Reichsministeriums der Finanzen auch ihr komplettes Hab und Gut genommen. Ihr Vermögen wurde nämlich bis auf 100 RM und 50 kg Gepäck zugunsten des Reichs eingezogen.

Zwischen dem 8. und 28. November 1941 wurden 7.000 Juden aus Hamburg, Bremen, Düsseldorf, Frankfurt, Berlin, Brünn und Wien nach Minsk in Weißrussland deportiert, wo die SS am 7. November 7.000 und am 20. November weitere 5.000 Bewohner des dortigen Gettos ermordete, um Platz für die aus dem Deutschen Reich und dem Protektorat erwarteten Verschleppten zu schaffen..

Vom 17. bis zum 25. November 1941 fuhren fünf Züge aus Berlin, München, Frankfurt a.M., Wien und Breslau mit insgesamt etwa 5.000 Juden nach Kaunas, wohin sie die Gestapo vom ursprünglichen Zielort Riga kurzfristig umgeleitet hatte. Die Insassen wurden jedoch nicht im örtlichen Getto untergebracht, sondern sämtliche 4.934 Ankömmlinge am 25. und 29. November vom Einsatzkommando 3 der Sicherheitspolizei und des SD Juden im außerhalb der Stadt gelegenen Fort IX erschossen.

Ab dem 27. November fuhren die Deportationszüge dann tatsächlich Richtung Riga, wo vor deren Ankunft SS-Männer, deutsche Polizisten und lettische Hilfspolizisten am 30. November sowie am 8. und 9. Dezember 1941 insgesamt 26.000 lettische Juden ermordeten. So wurde das „große Getto“ völlig ausgelöscht, während im „kleinen Getto“ etwa 4.000 arbeitsfähige jüdische Männer sowie einige hundert Frauen zunächst verschont blieben. Den Auftrag hierzu hatte Himmler mit Blick auf die zu erwartenden Deportationen Mitte November erteilt, während er die Erschießung der nach Riga Deportierten vorerst explizit verboten hatte. Allerdings traf seine entsprechende Anordnung erst am Mittag des 30. November ein, nachdem am Morgen bereits 1.053 Berliner Jüdinnen und Juden unmittelbar nach ihrer Ankunft ermordet worden waren.

Weil von den gleich nach ihrer Ankunft erschossenen Deportierten keine Nachrichten in ihren Heimatstädten und -regionen eintrafen, reagierten die zurückgebliebenen Angehörigen und Freunde mit großer Sorge. Schon bald kursierten Gerüchte über Massenerschießungen, die meist auf Berichten von Tätern basierten. Die für die Deportationen Verantwortlichen bemühten sich hingegen weiterhin, die Fiktion eines Arbeitseinsatzes „im Osten“ aufrechtzuerhalten, und forderten die zur Deportation Aufgerufenen scheinheilig auf, Öfen, Nähmaschinen und anderes Arbeitsgerät mitzunehmen.

Ende November, als Reinhard Heydrich erstmals zur - kurz darauf verschobenen - Wannsee-Konferenz einlud, schien dem NS-Regime dann der Zeitpunkt gekommen, um die Deportationen aus ganz Europa einheitlich zu koordinieren und die „Endlösung“ zu kühl, pragmatisch und ohne jeden Funken von Menschlichkeit organisieren.

4. November 1941: Emma und Ludwig Heilbronner aus Düsseldorf an Freunde

4. November 1941: Schnellbrief des Reichsministers der Finanzen

4. November 1941: Auswanderung von Juden

4. November 1941: Ankunft in Litzmannstadt

5. November 1941: Konzentrationslager werden „judenfrei“

5. November 1941: Verschiebung des Deportationstermins

5. November 1941: Cläre von Mettenheim an ihre Tochter Hildegart

Anfang November 1941: Schwierigkeiten bei der Emigration

Anfang November 1941: Auswanderung von Juden

7. November 1941: Weitere Richtlinien zur Kennzeichnungspflicht

7. November 1941: Steuer auf Grundstücke der Reichsvereinigung

8. November 1941: Auswanderung von Juden

8. November 1941: Deportation aus Hamburg

8. November 1941: Auswanderungsstopp für Juden

10. November 1941: Zählung der jüdischen Bevölkerung

11. November 1941: Kennzeichnungszwang

11. November 1941: Bericht aus Bremen

12. November 1941: Generalkonsul von Weiss berichtet aus Köln

13. November 1941: "Erfahrungsbericht" eines Hauptmanns der Schutzpolizei über Deportationen nach Litzmannstadt

13. November 1941: Mitteilung der Synagogen-Gemeinde Köln über über Deportation nach Minsk

14. November 1941: Bericht von Chaim Baram aus Minsk

16. November 1941: Rede von Joseph Goebbels

17. November 1941: Mitteilung der Synagogen-Gemeinde Köln über Erfassung von Schreibmaschinen etc.

18. November 1941: Bericht von Karl Loewenstein aus Minsk

21. November 1941: Beschlagnahme und Einziehung von Vermögen

21. November 1941: Generalkonsul von Weiss berichtet aus Köln

22. November 1941: Bericht eines Schutzpolizisten aus Düsseldorf

24. November 1941: Fürsorgerichtsätze

24. November 1941: „Meldungen aus dem Reich“

25. November 1941: Bericht aus Magdeburg

25. November 1941: Elfte Verordnung zum Reichsbürgergesetz

27. November 1941: Bericht aus Forchheim

28. November 1941: Instandsetzung von Juden geräumter Wohnungen

28. November 1941: Statistische Erhebung zu Kriegsauszeichnungen

28. November 1941: Tagebucheintrag von Viktor Klemperer

28. November 1941: Bericht aus Essen

29. November 1941: Chefs der Sicherheitspolizei an Auswärtiges Amt

30. November 1941: Bericht zum „Rigaer Blutsonntag“

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