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Chronik und Quellen
1934

Das Jahr 1934

Das Jahr 1934 nutzte Hitler erfolgreich dazu, seine Macht zu festigen. Ein wichtiger Schritt war es dabei, die Konkurrenz in den eigenen Reihen auszuschalten, die ihm insbesondere durch die SA erwachsen war, die durch zahlreiche Neuaufnahmen zu einem Millionenheer geworden war. Beim sogenannten „Röhm-Putsch" entledigte sich Hitler am 30. Juni der SA-Führung um Stabschef Ernst Röhm, entmachtete damit die gesamte Organisation und entledigte sich des Großteils der parteiinternen Opposition. Dabei passte ins Bild des „Maßnahmenstaates“ und von Hitlers nunmehr fast unumschränkter Macht, dass das NS-Regime alle mit dem „Röhm-Putsch“ zusammenhängenden Aktionen im Nachhinein per Gesetz als rechtens erklärte.

Durch das „Gesetz zum Neuaufbau des Reiches“ wurden die Länderparlamente endgültig abgeschafft und deren Regierungen der Reichsregierung unterstellt. Damit war jeglicher Föderalismus beseitigt und das Deutsche Reich zum „Einheitsstaat“ geworden, in dem die NS-Regierung über unbeschränkte Vollmachten verfügte.

Der letzte Schritt zur Diktatur wurde dann mit der Ernennung Hitlers zum „Führer und Reichskanzler" unmittelbar nach dem Tod des greisen Reichpräsidenten von Hindenburg am 2. August 1934 vollzogen. Damit hatte Hitler die uneingeschränkte politische Macht gewonnen. Damit vereinigte Hitler die höchsten Staats-, Regierungs- und Parteiämter in seinen Händen – ein Führerstaat in Reinkultur war geboren. Als dann zudem Tage später die Reichswehr den Treueid auf Hitler leistete, ging auch die bewaffnete Macht in die Hände der Nationalsozialisten über. Diese Machtballung ließ er sich dann nachträglich per Volksabstimmung bestätigen und somit nach außen hin legitimieren.

Die Wirtschaftspolitik war auch 1934 vom Bemühen gekennzeichnet, mittels großer Arbeitsbeschaffungsprogramme die Arbeitslosigkeit zu bekämpfen. In diesem Sinne wurde im März die „Arbeitsschlacht“ proklamiert, in deren Rahmen unter anderem weiterhin Autobahnen und Straßen gebaut werden sollten. Auch die Automobilindustrie erfuhr massive Förderung, wobei diese Maßnahmen nicht nur die Konjunktur ankurbeln und den Arbeitsmarkt entlasten, sondern zugleich eine bessere Infrastruktur schaffen sollten, die perspektivisch militärstrategischen Überlegungen folgte.

Weitere Maßnahmen dienten der fortgeführten Bekämpfung des „Doppelverdienertums“ und der damit angestrebten Ausschaltung verheirateter Frauen aus dem Arbeitsmarkt sowie die Verpflichtung von Schulabgängern zum Arbeitsdienst, Landjahr oder Haushaltsjahr. Nach offiziellen Angaben gelang es auf diese Weise, die Arbeitslosenquote im Vergleich zum Vorjahr um 43,4 Prozent auf etwa 2,7 Millionen Menschen zu reduzieren.

Zugleich wurde den Unternehmern der der Fortbestand ihres Einflusses zugesagt: „Wer ein Unternehmen führt, muss die Verantwortung tragen“, erklärte Wirtschaftsminister Schmitt. Entsprechend wurden die Unternehmerrechte durch das am 20. Januar in Kraft tretende „Gesetz zur Neuordnung der nationalen Arbeit“ gestärkt, während jegliche Form von Mitbestimmung und damit zugleich die Betriebsräte völlig abgeschafft wurden.

Im gesellschaftlichen und kulturellen Leben erfuhr der Gleichschaltungsprozess 1934 einen weitgehenden Abschluss, d.h. es stand fortan weitgehend unter NS-Kontrolle. Es konnten keine Zeitung und kein Buch mehr mit kritischen Untertönen erscheinen, Theaterstücke und Filme bedurften der Genehmigung von NS-Seite, missliebige Künstler wurden mit Auftrittsverboten belegt und ihre Werke verboten.

Verantwortlich für die für „kulturelle Betreuung“ der Deutschen war nun die NS-Gemeinschaft „Kraft durch Freude“ (KdF), die auch für zuvor kaum vorstellbare Formen von Urlaub für die arbeitende Masse zuständig zeichnete: Im Frühjahr wurden erste Fahrten der KdF-Flotte veranstaltet, und im Laufe des Jahres verreisten nach offiziellen Angaben allein 2,17 Millionen Arbeiter mit KdF, 80.000 von ihnen auf Dampfern nach Norwegen und Großbritannien. Eine siebentägige Urlaubsfahrt von Berlin ins Riesengebirge bot die Organisation einschließlich Verpflegung für 28 RM pro Person an. Hinzu kamen reichsweit 66.700 kulturelle KdF-Veranstaltungen. Allein In Berlin besuchen 500.000 Arbeiter für 0,70 RM eine Theateraufführung, gar 700.000 ein Konzert.

Auch auf anderen Gebieten scheint die Bevölkerung bestimmte Angebote des NS-Regimes gern angenommen zu haben. Jedenfalls erhöhte sich die Geburtenrate im Jahresverlauf um 23,4 Prozent auf 1.198.350 und Eheschließungen nahmen 1934 um 15,9 Prozent auf mehr als 740.000 zu. Auch die Zahl an Kraftfahrzeugen legte in diesem Jahr mit 20,6 Prozent bei PKWs und sogar 27,4 Prozent bei LKWs deutlich zu. – Alles in allem: Es ging offenbar „aufwärts“.

In den Reihen der beiden großen Kirchen formierte sich hingegen zunehmender Widerstand gegen das NS-Regime. So konstituierte sich Ende Mai in Wuppertal-Barmen die „Bekennende Kirche“, die sich offen gegen staatliche Repressionen zur Wehr setzte, denen sich Pfarrer und Gläubige ausgesetzt sahen.

Verdrängung und Vernichtung der jüdischen Bevölkerung

Der Rassismus blieb ein dauerhafter und zentraler Bestandteil der NS-Ideologie. Er richtete sich auch 1934 vor allem gegen die jüdische Bevölkerung und nahm teilweise und mit lokalen bzw. regionalen Schwerpunkten einen erheblichen Umfang an. Vor diesem Hintergrund sah sich Innenminister Frick, als er am 15. Februar vor dem diplomatischen Korps über die „Rassegesetzgebung des Dritten Reichs“ sprach, veranlasst, angesichts dieser zahlreichen antisemitischen Aktionen und Sanktionen zu betonen, dass sich diese keinesfalls gegen die jüdische Bevölkerung als Gesamtheit richten würden. Das deutsche Volk, so betonte er stattdessen, habe lediglich den Wunsch, wieder Herr im eigenen Hause zu sein, ohne hierbei wahllos das Judentum treffen zu wollen. Es sollten lediglich dessen „Auswüchse“ beseitigt werden. Dieser offensichtliche Versuch, das durch die antisemitische Welle im Reichsgebiet aufgeschreckte Ausland zu beruhigen, zeigte zumindest indirekt, dass die Ausgrenzung und Verfolgung der jüdischen Bevölkerung weiterhin auf hohen Touren lief.

Dabei verlagerte sich die Initiative zur Verfolgung von Jüdinnen und Juden von Ende 1933 an bis zum Jahresende 1934 immer stärker auf lokale Instanzen. Während einige Städte in der zweiten Jahreshälfte 1933 ihre antijüdischen Bestimmungen aber wieder aufhoben, fällten in anderen Gemeinden Kommunalbeamte weiterhin oder erstmals willkürliche Entscheidungen gegen jüdische Einwohner und deren Organisationen. Dabei fiel auf, dass immer mehr Gastwirte, Hoteliers und Geschäftsleute Jüdinnen und Juden den Zutritt zu ihren Räumen untersagten.

Trotz solcher Vorzeichen ging die Zahl jüdischer Emigranten im Jahr 1934 von 37.000 im Vorjahr auf 23 000 zurück.

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