Alfred Rosenberg

Der antisemitische Publizist und NS-Politiker Alfred Rosenberg (1893 – 1946) gilt vielen als der - gleich nach Adolf Hitler - wichtigste Ideologe des Nationalsozialismus und propagandistischer Wegbereiter der Judenverfolgung.

Alfred Ernst Rosenberg (Альфред Вольдемарович Розенберг) wurde am 12.1.1893 in der damals russischen Stadt Reval (dem heutigen Tallinn in Estland) als Sohn eines lettischen Kaufmanns und einer estnischen Mutter mit hugenottischem Vorfahren geboren. Als Student der Ingenieurwissenschaften und Architektur erlebte er 1917 in Moskau die Russische Revolution mit und floh, geprägt vom Weltbild der russischen Rechtsextremen und überzeugt von einer freimaurerisch-jüdischen Weltverschwörung, nach München.

Dort trat er der Thule-Gesellschaft, einem nationalistischen Geheimbund, bei und begegnete Adolf Hitler. 1920 wurde er Mitglied der soeben gegründeten NSDAP und entlud seinen Hass auf Juden in zahlreichen Hetzschriften. Er wurde 1923 Hauptschriftleiter der Parteizeitung „Völkischer Beobachter“ und nahm am 8./9. November desselben Jahres an Hitlers misslungenem Putschversuch mit dem Marsch auf die Feldherrenhalle teil. Anders als dieser wurde Rosenberg nicht verurteilt, sondern fungierte für die Zeit von dessen Festungshaft als sein Stellvertreter und gründete eine Ersatzorganisation für die zeitweise verbotene NSDAP.

Im Jahr 1930 avancierte Rosenberg zum Reichstagsabgeordneten für den Wahlkreis Hessen-Darmstadt und veröffentlichte jenes Werk, das seinen zweifelhaften Ruhm als fanatischer Antisemit und Demagoge begründen sollte, den „Mythus des 20. Jahrhunderts“. Darin beschwor er eine neue „Religion des Blutes“, da seiner Ansicht nach das Christentum jüdischen Einflüssen unterworfen war. In einer verquasten Sprache breitete er auf vielen hundert Seiten seine politisch-religiösen Ideen aus. Im Mittelpunkt standen die Rasse mit einer kollektiven Rassenseele und die formende Kraft des Willens, der gelenkt von einem starken Führer an keine Moral gebunden war. Die Weltgeschichte war für Rosenberg ein ewiger Kampf zwischen den jüdisch-semitischen und nordisch-atlantischen Völkern, die arische Rasse die überlegene, einzig zu schöpferischen kulturellen Leistungen fähig und durch eine neue Art der Göttlichkeit ausgezeichnet (weshalb Jesus für ihn kein Jude sein konnte).

In Reaktion darauf setzte die katholische Kirche dieses Werk auf den „Index“ jener Bücher, die sie Katholiken zu lesen verbietet. Außerdem wurden in der „Abwehrstelle gegen antichristliche Propaganda“ des Erzbistums Köln unter der Leitung von Domvikar Josef Teusch „Studien zum Mythos des XX. Jahrhunderts“ erstellt, die sich damit wissenschaftlich auseinandersetzten. Sie zu veröffentlichen wagte der Kölner Kardinal Karl Joseph Schulte zunächst nicht, wohl aber der Münsteraner Bischof Clemens August Graf von Galen. Auch von evangelischen Theologen gab es zahlreiche Kritik und Widerlegungen dieser pseudowissenschaftlichen Ausführungen.

Aber auch innerhalb der NSDAP fand Rosenberg mit seinem Buch trotz Auflagen in Millionenhöhe nicht viel Anerkennung (Hitler kam es politisch ungelegen und er fand es schwer zu lesen) und innerhalb der Parteiführung wurde er trotz seiner Ämter nicht ganz ernst genommen.. Immerhin war er von der Machtübernahme 1933 bis zum Zusammenbruch 1945 Leiter des Außenpolitischen Amtes der NSDAP, außerdem ab 1934 "Beauftragter des Führers für die Überwachung der gesamten geistigen und weltanschaulichen Schulung und Erziehung der NSDAP".

Ab Kriegsbeginn 1939 betrieb Rosenberg für das "Institut zur Erforschung der Judenfrage" die Plünderung von jüdischen Bibliotheken und Archiven und bald auch die von Kunstschätzen aus besetzten Ländern im Osten: eisenbahnwaggonweise ließ er geraubtes Kulturgut abfahren. Nach dem deutschen Überfall auf die Sowjetunion wurde er "Reichsminister für die besetzten Ostgebiete" (Baltikum, Weißrussland und Ukraine) und hatte so die Macht, seine Propagandaparolen mit der Ghettoisierung und millionenfachen Ermordung von Juden in die Tat umzusetzen.

In Nürnberg wurde Alfred Rosenberg vom Internationalen Militär-Tribunal als einer der 24 Hauptkriegsverbrecher in allen vier Anklagepunkten für schuldig befunden und am 16.10.1946 hingerichtet.