Martin Niemöller

Martin Niemöller, später einer der bekanntesten Köpfe des kirchlichen Widerstandes, wurde am 14. Januar 1892 im westfälischen Lippstadt als Sohn eines lutherischen Pfarrers geboren. Nach dem Abitur 1910 in Elberfeld entschied er sich für die Offizierslaufbahn bei der Kaiserlichen Marine und stieg im Ersten Weltkrieg zum als Held gefeierten U-Boot-Kommandanten auf.

Doch nach Kriegsende beendete der nationalkonservativ denkende Niemöller seine militärische Karriere, weil er die neue demokratische Republik ablehnte. Anfang der 1920er Jahre kämpfte er als Freikorps-Kommandant gegen aufständische Arbeiter im Ruhrgebiet und wählte Adolf Hitlers NSDAP. 1919 hatte er eine landwirtschaftliche Lehre begonnen, wandte sich aber bald dem Studium der evangelischen Theologie in Münster zu und heiratete Else Bremer, mit der er im Laufe der folgenden Jahre sieben Kinder groß zog. Nach seiner Ordination 1924 wurde er Vereinsgeistlicher der westfälischen Inneren Mission und trat 1931 eine Pfarrstelle in Berlin-Dahlem an der soeben errichteten Jesus-Christus-Kirche an.

Als die Nationalsozialisten Anfang 1933 ihre Gewaltherrschaft errichteten und mit der Etablierung der „Deutschen Christen“ Politik, Ideologie und Glaube vermischt werden sollten, rückte er von ihnen ab. Die Einführung eines „Arierparagraphen“ in der evangelischen Kirche, wonach diese Christen jüdischer Herkunft aus allen Ämtern entfernen sollte, veranlasste ihn im September 1933 zur Gründung des Pfarrernotbundes. Dem schlossen sich zum Zeichen des Protests gegen diese Ausgrenzung und zur Unterstützung der Betroffenen, aber auch gegen die nationalsozialistischen Verfälschungen der biblischen Lehre reichsweit ein Drittel der Pfarrer an.

Aus diesem Pfarrernotbund und anderen Gruppen entstand auf der 1. Barmer Bekenntnissynode vom 29. bis zum 31. Mai 1934 die Bekennende Kirche. Niemöller wurde eine der Leitfiguren im sogenannten Kirchenkampf zwischen Bekennender Kirche und Deutschen Christen, verlor bald seine Ämter und erhielt Redeverbot, predigte dennoch weiter.

Schon im Januar 1934 hatte er bei einem Empfang der deutschen Kirchenführer in der Reichskanzlei eine offene Auseinandersetzung mit Adolf Hitler. 1935 wurde er mit mehreren hundert Pfarrern vorübergehend verhaftet, kam aber bald wieder frei, nur um 1937 wieder festgenommen und ins Konzentrationslager Sachsenhausen gebracht zu werden. Von dort wurde Martin Niemöller 1941 nach Dachau verlegt, wo er aber als „Sonderhäftling“ überlebte bis zur Befreiung durch amerikanische Truppen 1945.

Nach dem Kriegsende wirkte er am Stuttgarter Schuldbekenntnis mit, in dem eine Mitschuld der evangelischen Kirche am Nationalsozialismus eingestanden wurde, und übernahm in den folgenden Jahrzehnten viele exponierte Ämter, u.a. als Mitglied des Rates der "Evangelischen Kirchen in Deutschland" (EKD), als Präsident des Kirchlichen Außenamtes, als Kirchenpräsident der evangelischen Landeskirche in Hessen und Nassau und als Präsident des Ökumenischen Rates der Kirchen und des Weltkirchenrats.

Seine ganze Kraft widmete er der Arbeit für den Frieden und die Verständigung unter den Völkern, wirkte polarisierend in seinem engagierten Kampf gegen Wiederbewaffnung und atomare Aufrüstung, wurde selbst auch oft scharf kritisiert und andererseits vielfach mit Ehrungen ausgezeichnet. Schon zu Beginn des Kalten Krieges unternahm er Vortragsreisen in die USA, später nach Norwegen, Dänemark und in viele Ostblockstaaten. 1958 nahm er in London am ersten Ostermarsch der Friedensbewegung teil, die er bis zu seinem Tod aktiv unterstützte, u.a. als Mitinitiator des Komitees für Frieden, Abrüstung und Zusammenarbeit und des Krefelder Appells. Martin Niemöller starb am 6. März 1984 in Wiesbaden. Aus seinem geistigen Nachlass bleibt unter anderem folgende eindrückliche Lebenserfahrung in Gedichtform:

„Als die Nazis die Kommunisten holten,
habe ich geschwiegen,
ich war ja kein Kommunist.

Als sie die Sozialdemokraten einsperrten,
habe ich geschwiegen,
ich war ja kein Sozialdemokrat.

Als sie die Gewerkschafter holten,
habe ich geschwiegen,
ich war ja kein Gewerkschafter.

Als sie mich holten,
gab es keinen mehr,
der protestieren konnte.“